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Isegrim

Isegrim

Titel: Isegrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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folgt mir ins Haus, die Tür fällt hinter ihm ins Schloss.
    Als ich mich umdrehe, mustert er mich von oben bis unten und dann bekommt er wieder diesen Blick eines liebestollen Katers. Da weiß ich, was er wirklich will. Nicht herumführen, sondern verführen. Er küsst mich. Ich rieche den vertrauten Geruch der Schafwolle in seinen Kleidern, seinem Haar.
    Kai schnappt meine Hand und zieht mich die Treppe hinauf. Kaum in meinem Zimmer, schließt er die Tür ab. »Für alle Fälle«, brummelt er und zaubert im gleichen Moment ein silbernes Kondompäckchen aus der Tasche. »Tadam.« Siegessicher funkeln seine Augen unter den Blättern hervor.
    Ich muss wieder kichern. Kais Blätterkrone ist alles andere als sexy, aber irgendwie finde ich das auch süß. Es ist Kai, denke ich. Dein Kai . Der witzige, zärtliche Kai, der zuhören kann und Sinn für Kirschblütenschnee hat. Der niemals nachtragend ist, der deine Macken erträgt und immer zu dir hält.
    Na gut, er interessiert sich nicht für Ödlandschrecken oder Raubwürger und Artenschutz ist ein Fremdwort für ihn. Aber hey, man kann schließlich nicht alles haben. Und der Sex? Übung macht den Meister, hat Tante Lotta gesagt. Mit wem soll ich in diesem Kaff schon üben, wenn nicht mit Kai?
    Kurz leuchtet das Bild von Olek vor meinem inneren Auge auf, dem Elf mit den Kieselaugen, der mein Herz so in Aufruhr versetzt hat. Aber einmal mehr scheint er ein Wesen aus einer anderen Welt zu sein. Nicht wirklich, nicht erreichbar.
    Kai nimmt seine Laubkrone vom Kopf und lässt sie auf den Boden fallen. Wieder küssen wir uns und er kommt ohne lange Umschweife zur Sache, während draußen der Wind immer heftiger an den Zweigen des Kirschbaumes zerrt. Als die Balkontür mit einem lauten Schlag gegen meinen Schreibtisch kracht, starren wir erschrocken nach draußen. Eine zweite Windböe weht abgerissene Blätter und kleine Zweige durch die offene Tür ins Zimmer. Nur unwillig löst Kai sich von mir, tappt zur Tür und schließt sie.
    Küssend schiebt er mich zum Bett, wo er mich mit sanftem Druck erst zum Sitzen und dann zum Liegen bringt. Alles, was er tut, kommt mir vor wie einstudiert. Er mimt den großen Verführer, aber ich spüre die Unsicherheit, die hinter seinem forschen Vorgehen lauert. Keine Ahnung, warum, aber ich lasse ihn um jeden Zentimeter Haut kämpfen.
    Schließlich bin ich nackt, und als Kai sich aufsetzt, um seine Jeans auszuziehen, schlüpfe ich schnell unter meine Decke.
    Alles im grünen Bereich, sagt mein Kopf. Es ist schließlich nicht dein erstes Mal. Meine Hände streichen fahrig über seinen Rücken. Kais Körper ist mir vertraut und trotzdem fühlt sich das Ganze nicht richtig an. Etwas fehlt. Es wird niemals richtig sein. Ich komme mir unehrlich vor, als sei mit ihm zu schlafen eine wortlose Lüge.
    Warum spürt er es nicht?, denke ich. Verdammt. Ich sollte in diesem Moment nicht denken, aber ich kann nichts dagegen tun. Warum merkt er nicht, dass ich mit meinen Gedanken ganz woanders bin?
    Weil er dich liebt, Jola. Weil er nicht denkt.
    Plötzlich fliegt etwas mit lautem Krachen gegen die Scheibe der Balkontür. Unsere Körper fahren auseinander, wir sitzen mit aufgerissenen Augen im Bett und lauschen. Vielleicht war das Paul – er hasst es genauso wie ich, wenn die Tür verschlossen ist, und dann springt er manchmal dagegen. Aber nichts rührt sich auf dem Balkon und der Schlag, der war zu hart für einen weichen Katzenkörper.
    Kai schlüpft in seine Shorts und öffnet die Tür – mein tapferer Ritter. Ich folge ihm, in meine Decke gewickelt.
    Â»Nur ein abgebrochener Ast«, sagt er. »Der Wind wird ihn heruntergerissen haben.«
    Ich schaue nach draußen auf den Kirschbaum. Der Wind hat nachgelassen, die Blätter bewegen sich kaum noch. Es hat angefangen, leise zu regnen.
    Kai versetzt dem Ast einen Fußtritt und kommt ins Zimmer zurück.
    Â»Ich habe einen Schatten gesehen!«, sage ich hastig.
    Â»Du spinnst, Jola.« Kai lacht. Es ist diese Art Lachen, die er ausstößt, wenn er unsicher ist. Kai weiß, dass ich mich nicht vor Schatten fürchte. »Du willst doch bloß kneifen.«
    Der ungeschminkte Vorwurf in seinem Blick setzt mir zu, ich komme mir schäbig vor. Doch ich will nicht mit ihm ins Bett zurückkriechen. Jetzt nicht mehr. Dieser Ast ist ein Zeichen. Es

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