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Isegrim

Isegrim

Titel: Isegrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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der Sex, stimmt’s? Es klappt nicht wie du es dir vorgestellt hast.«
    Â»Ich will nicht«, sage ich bestimmt. »Nicht: Es klappt nicht. Ich will nicht. Ich habe mich in einen anderen verliebt.« So nun ist es endlich raus.
    Â»Okay«, sagt Lotta. »Dann muss ich umdenken.«
    Ihr verblüfftes Gesicht und ihre Worte bringen mich zum Lächeln.
    Â»Ist es ein Junge aus dem Dorf?«, fragt sie, winkt jedoch sofort ab. »Nein, natürlich keiner aus dem Dorf.«
    Â»Richtig.«
    Â»Und Kai weiß nichts davon.«
    Kopfschütteln.
    Â»Erzähl mir von deinem Märchenprinzen.«
    Wieder muss ich lächeln. »Er ist schüchtern.«
    Â»Das ist alles?«
    Â»Er hat wunderschöne Augen.«
    Meine Tante seufzt. »Wie alt ist er?«
    Â»Ich glaube, ein bisschen älter als ich.«
    Sichtlich erleichtert atmet Lotta auf. »Bin ich froh, dass es kein alter Knacker ist.«
    Â»Ich weiß noch nicht viel von ihm«, gebe ich zu, »aber ich kann mein Herz nicht kontrollieren. Es macht, was es will. Ich liebe ihn und ich vertraue ihm.«
    Â»Nun, du hast gute Instinkte, Jola. Ich bin sicher, dieser Junge hat dein Vertrauen verdient. Folge dem Ruf deines Herzens, hat meine Mutter immer gesagt. Klingt ein bisschen nach Kitschfilm, ich weiß. Doch wenn du immer nur auf deinen Verstand hörst, wirst du nie das Außergewöhnliche erleben. Nur …«, ihre Augen blicken jetzt sehr ernst, »es wird dabei nicht ausbleiben, dass du Verletzungen erleidest. Und dass du andere verletzten wirst. Sei dir darüber im Klaren.«
    Ich schlucke einen dicken Kloß hinunter, der sich in meinem Hals gebildet hat.
    Â»Da ist noch etwas«, murmele ich.
    Â»Immer raus damit.«
    Â»Lisa, ein Mädchen aus Eulenbach, ist seit dem Open Air verschwunden.«
    Â»Ja, ich habe davon gehört. Aber sie ist doch schon siebzehn – oder stimmt das nicht?«
    Â»Doch, schon. Nur, sie sieht nicht wie siebzehn aus. Sie ist klein und blond wie Alina es war.« Noch ehe Lotta etwas sagen kann, gebe ich zu, dass ich sie und Thomas belauscht habe. »Glaubst du wirklich, dass Sievers unschuldig war? Die alte Neumeister hat auch so etwas gesagt.«
    Tante Lotta macht ein ernstes Gesicht. »Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass Sievers kein schlechter Mensch war. Andererseits ist seit seinem Freitod nichts mehr passiert. Aber nun ist wieder ein Mädchen verschwunden und du sagst, sie sieht aus wie Alina.«
    Nachdenklich schaut sie mich an. »Vielleicht gibt es eine harmlose Erklärung für Lisas Verschwinden. Trotzdem bitte ich dich, vorsichtig zu sein. Vielleicht solltest du den Wald vorerst meiden.«
    Ich springe auf. »Das kann ich nicht, Tante Lotta. Außerdem: Alina ist aus dem Dorf verschwunden und nicht im Wald.«
    Ich schnappe meine Schultasche und verabschiede mich.
    Als ich abends auf meinem Balkon im Schaukelstuhl sitze, zieht Grillduft aus dem Garten der Merbachs herüber, zusammen mit Musik und Gelächter. Ich erinnere mich, dass Alinas Vater Anfang Juni Geburtstag hat. Das Leben geht weiter, die Vergangenheit ist nur ein Teil davon.
    Ich schicke den Ruf meines Herzens zu einer Höhle im Verbotenen Land und hoffe, dass er gehört wird.
    Den ganzen Dienstagvormittag in der Schule denke ich pausenlos an Olek. Am Nachmittag büffele ich für Bio. Ich hasse es, aber es muss sein. Es ist die Stimme der Vernunft und nicht der Ruf des Herzens. Sorry, Tante Lotta. Mittwoch nach der Prüfung halte ich es dann kaum noch aus. Wenn ich doch nur endlich zu Hause wäre. Schon dort, in der Höhle. Ich muss wissen, ob Olek noch da ist. Ich muss wissen, warum er vor einem Kuss davonläuft.
    Oh nein. Saskia, Tilman und Kai wollen das Ende der schriftlichen Prüfungen im »La Gondola« feiern. Ich kann jetzt nicht seelenruhig in einer Eisbar sitzen. Ich kann nicht.
    Â»Ach, komm schon, Jo«, versucht Saskia, mich umzustimmen, »ohne dich macht es keinen Spaß.«
    Â»Ich bin hundemüde und habe irre Kopfweh«, lüge ich und gebe mir alle Mühe, leidend auszusehen.
    Kai zuckt nur mit den Achseln. »Lass sie doch. Gehen wir eben ohne sie.«
    Im Dorfladen kaufe ich drei Bananen, Schokoriegel, eine Knackwurst, ein Baguette und eine Tüte Gummibären. Nach wie vor werde ich scheel angesehen von Leuten im Dorf, doch meine Augen weichen ihren Blicken aus. Ich lasse

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