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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Ascisberg ins Unrecht.
    Gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach Heiligster, das Henning bisher nur aus Isenharts Erzählungen kannte.
    »Ich beneide dich, Isenhart«, stellte Henning unvermittelt fest, als sie die Blicke nach Osten gewandt der aufgehenden Sonne entgegenritten. Isenhart, der das für einen Scherz hielt, sah hinüber zu Henning von der Braake. Aber über dessen Mund zog kein Lächeln, in seinen Augen lag keine Belustigung.
    »Ich wünschte, ich hätte einen Lehrmeister wie Walther von Ascisberg gehabt.«
    »Du warst bei den Franken, in Britannien, im Heiligen Land.«
    »Ich war noch ein Kind.«
    »Trotzdem, darum beneide ich dich.«
    Henning konnte nicht benennen, ob Isenhart dies aus Überzeugung von sich gab oder als Trost. Nichtsdestotrotz hob es seine Stimmung. Was Walther Isenhart gelehrt hatte, konnte dieser nun ihm vermitteln. Und das, was er aus Jaffa, Paris und London mitgenommen hatte, stand nun Isenhart offen.
    Bei diesem Gedanken wurde Henning warm ums Herz. Bis Aberak von Annweiler sich wieder in seine Überlegungen drängte, einem Fremdkörper gleich, der ihn ungefragt behelligte. »Was ist mit von Annweiler?«
    Isenhart deutete ein Achselzucken an. »Ich denke, dieses erste Scharmützel hat er für sich entschieden.«
    »Wir haben nichts, dem wir nachgehen können.«
    »Nichts«, bestätigte Isenhart.
    Sie schwiegen für einige Augenblicke.
    »Also lassen wir ihn ruhen?«, fragte Henning.
    Isenhart nickte. Es gab nichts, was sie tun konnten. Aberak von Annweiler war tot.
    Es sollte drei Monate dauern, bis Isenhart auf den entscheidenden Gedanken kam, der zu Aberaks wahrer Identität führte. Und das hing zusammen mit dem Traum vom Fliegen.
    Es war der Monat der Liebe, was im August kaum einer für möglich gehalten hätte, denn das wallende Blut war dem Frühjahr vorbehalten – eigentlich. Vielleicht hinkte Heiligster seiner Zeit einfach nur ein wenig hinterher, vielleicht auch nicht, letztlich war es ohnehin nicht von Belang. Und vielleicht – so dachte sich Isenhart – hielt die innige Zuneigung sich überhaupt an keine Jahreszeit.
    Als Henning und Isenhart die Trauerweide erreichten und der Sohn des Medicus das erste Mal seine Augen auf diese verschlafene Zuflucht richtete, landete Gweg auf Isenharts Schulter und nagte zärtlich an seinem Ohrläppchen.
    Henning war erschrocken. Sowohl über den Kolkraben als auch über Isenharts gelassene Reaktion auf dieses Untier.
    »Das ist Gweg«, erklärte Isenhart mit einem amüsierten Lächeln,denn natürlich war ihm der Gesichtsausdruck des frisch gewonnenen Freundes nicht verborgen geblieben.
    »Amen«, bestätigte Gweg.
    Henning von der Braake starrte den pechschwarzen Vogel ungläubig an. »Hat er … hat er das gesagt, was ich gerade gehört zu haben glaube?«
    Isenhart nickte: »Gweg hat ›Amen‹ gesagt.«
    Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, bemerkte er einen sanften Druck auf seiner rechten Schulter, der im Nu verschwand: Gweg hatte sich mit seinen feinen Krallen abgestoßen und flatterte in einen Baum. Er setzte sich neben einen anderen Kolkraben, dem er sanft mit dem Schnabel durch das Gefieder strich.
    Verwundert betrachtete Isenhart diesen neuen Raben, der den Blick unverwandt auf ihn zu richten schien. Die Pupillen waren schwarz und entzogen sich jeder Deutung.
    »Er ist sehr gelehrig«, erklärte Isenhart, »Gweg beherrscht mehr als dreißig Wörter.«
    Henning setzte eine beeindruckte Miene auf. »Und der andere?«, fragte er.
    »Kenne ich nicht. Aber ich halte jede Wette, es ist ein Weibchen.«
    Isenhart irrte nicht. »Unnaba?«, fragte er, um sicherzugehen, dass er sich nicht verhört hatte.
    »Unnaba«, bestätigte Sophia knapp, die sie mit ihren Pferden zum Stall begleitete.
    »Unnaba?«, fragte Isenhart, »was ist das für ein Name?«
    »Selbst Vater Hieronymus ist alleine drauf gekommen«, erwiderte sie. Das war Isenhart Ansporn genug.
    »Und Ihr seid?«, fragte Henning vorsichtig.
    Sophia richtete ihre grünen Augen auf ihn, es war, als nehme sie ihn jetzt erst wahr. »Sophia«, antwortete sie, »Sophia von Laurin.«
    Und während sie den Nachsatz aussprach, nahm sie unwillkürlich eine andere Haltung an. Ihr Rückgrat wurde steif, sie reckte ein wenig den Kopf, die Schritte wurden kürzer und graziler.
    »Henning von der Braake«, stellte Henning sich vor und deutete eine Verbeugung an.
    »Höchst erfreut«, erwiderte Sophia, die die Geste seiner Ehrerbietung mit einem Nicken quittierte. Obwohl ihr

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