Isenhart
Gestalten, die ihre Augen auf sie gerichtet hatten, und lediglich Sophia war ihr bekannt. Was sie nicht daran hinderte, ihr Lächeln auch den beiden anderen zu schenken, bevor sie die Eier in Sicherheit brachte.
Isenhart warf Sophia einen Blick zu.
»Henrick und sie werden heiraten«, fügte Sophia hinzu.
Natürlich war es Leibeigenen verboten, ihre Waren auf eigene Rechnung auf dem Markt feilzubieten. Aber so, wie es Henrick bereits in Grüningen als Abgesandter Sigimunds von Laurin getan hatte, führte er sein Angebot in Spira unter dem Namen Walthers von Ascisberg. Was ihn zwar nicht zu dessen Leibeigenen machte, ihn aber den üblichen Zehnten seines Gewinns kostete, den er dafür an den Juden abzuführen hatte, den eigentlichen Herrn Heiligsters.
Auf diese Weise machten sie beide ihr Geschäft.
Links von einem Seiler und rechts von einem Mann aus dem niederen Adel flankiert, der Waisen als Arbeitskräfte oder für das körperliche Vergnügen verkaufte, konnte Henrick sich über die Nachfrage nach Hühnereiern nicht beschweren. Lediglich die hinkende Frau von gegenüber war ihm ein Dorn im Auge gewesen. Nur fünfzehn Fuß von ihm entfernt veräußerte sie an ihrem Stand dasselbe Produkt. Günstiger, versteht sich, was den Dorn zu einem Stachel wachsen ließ.
»Eines von den Hühnern da, was veranschlagst du dafür?«, hatte ein Mann mit Lederwams und keckem Hut, der ihm bis in die Stirn reichte, gefragt.
Der Mann deutete auf die beiden Cochins im Käfig, die Henrick an Markttagen stets mit sich führte. Das Weibsvolk zierte sich mit Haarspangen, Ketten, Armreifen und Ringen – nun, er schmückte seinen Marktstand mit den beiden Cochins.
Deren unübersehbare Pracht wollte sich allerdings kaum einem Betrachter erschließen.
»Sie sind unverkäuflich, mein Herr«, ließ Henrick den Mann daher wissen, den die Zurückweisung kurz stutzen ließ.
»So? Warum?«
»Es sind Cochins, sie stammen aus dem fernen China und sind zu kostbar, um verspeist zu werden.«
Henrick hoffte, dass damit alles gesagt war.
»Ich biete dir zwanzig Pfennige für das dickere Huhn.«
Das war eine Unsumme. Möglicherweise wusste der Mann, was er da von sich gab, möglicherweise war er auch schlicht ein Simpel.
»Sie sind unverkäuflich «, wiederholte Henrick und dehnte das letzte Wort dabei in seine einzelnen Silben, um die Klarheit seiner Aussage nicht zu trüben.
»Zwanzig Pfennige sind für einen Mann deines Schlages ein Vermögen«, ereiferte sich der Mann. Ursel von gegenüber hob den Kopf, das eine Auge unter dem strähnigen Haar richtete sich auf Henrick, ihren Konkurrenten, der sich nun straffte. Er versteifte dabei selbst den Hals, was ihm eine etwas alberne, aber auch feierliche Anmutung verlieh, ein Anblick, der sie erheiterte.
Ursel trat vor ihren Stand. »Seht Ihr denn nicht, wie dicht sie gefiedert sind?«
Beide, der adlige Kretin wie Henrick, richteten ihren Blick auf Ursel, die lächelte. Ihr blindes Auge war immerzu feucht, in regelmäßigem Abstand bildete sich ein Tropfen, der hinab zum Kinn glitt und – überwand er die Kohäsionskräfte seines Elements – ins Nichts aufbrach, um zu zerschellen.
»Wer seid Ihr?«, herrschte der Adlige sie an.
»Ursel«, antwortete sie, »Ursel vom kleinen Bachlauf. Tochter von Thomas dem Händler.«
Diese Beinamen sagten den Männern nichts.
Ursel vom kleinen Bachlauf trat dicht an die Cochins heran, die in einer Mischung aus Neugier und Fluchtreflex verharrten und sie betrachteten. Die Köpfe hin und her wippend, immer auf der Suche nach der räumlichen Dimension.
»Seht nur das dichte Gefieder, das herabreicht bis zu den Krallen!« Ursels Entzückung war echt.
Der Adlige sah von Ursel, der wieder eine Träne vom Kinn fiel,zu Henrick, dessen Aufmerksamkeit dieser seltsamen Frau galt, die nun sogar den Versuch unternahm, mittels unrhythmischer Schnalzlaute mit den Hühnern zu kommunizieren. Er war wie weggetreten.
Dann hob Ursel den Kopf, ihre Blicke trafen sich, und es war beschlossen. Kein Wort fiel, der Adlige suchte, von beiden unbeachtet, das Weite, während Henrick ihrer beider Hühner auf den Karren lud, den er im Anschluss gen Heiligster zog.
Ursel widersprach nicht, sie fügte sich in eine neue Zukunft, die sie in Heiligster finden sollte.
Schon in der ersten Nacht fielen sie übereinander her, wälzten sich in dem piksenden Stroh, das auf Rücken, Beinen und Knien unzählige juckende Zeugnisse ihrer Lust hinterließ. Dabei drang Henrick stets von
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