Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
Vom Netzwerk:
führte Brid ein gutes Leben. Bruno schützte sie, die Männer machten ihr Komplimente, und sie holte sich auf den Feldern bei Frost oder sengender Hitze keinen krummen Rücken.
    Vom Dom her schlug es halb zwei in der Nacht. Konrad nahm auf dem Strohlager Platz, auf dem Brid vor wenigen Minuten noch dem Fährmann die Wünsche erfüllt hatte, die ihm von seiner Frau verweigert wurden, a tergo, wie die Gelehrten sagten, die des Lateins mächtig waren.
    Viele Male hatte sie mit Konrad hier gelegen, die Nacht verbracht und manchmal nur den halben Preis verlangt. Dann nämlich, wenn er sie im Schlaf in den Armen hielt, wenn die Geborgenheit, die er vermittelte, ihre Seele berührte. Er war ein gut gebauter Kerl, das Frauenhaus hatte er gewiss nicht nötig, und nicht zu Unrecht bildete sie sich etwas darauf ein, ihn bei seinen Besuchen meist in ihrer Kammer vorzufinden.
    Großzügig übersah sie dabei, dass Konrad eine ehrbare Frau, die er befleckte, umgehend hätte heiraten müssen. Insbesondere, wenn er sie dabei schwängerte.
    Heute Nacht war er allerdings von einer Ernsthaftigkeit, die sie noch nie bei ihm erlebt hatte. »Das sind Henning von der Braake und Isenhart«, stellte er seine Begleiter vor.
    Hennings Augen verfingen kurz an ihren Rundungen, das war Brid gewohnt. Der Blick des anderen, schmächtigen aber galt ihren Augen, er musterte sie ohne jede Wollust, nur mit Interesse. Sie hatte Angst vor ihm.
    »Wer will zuerst?«, flüchtete sie sich auf gewohntes Terrain.
    »Wir sind hier, weil wir dich etwas fragen wollen, nicht zum Vergnügen«, wandte Isenhart sich an sie. Er kam näher, seine Augen erschienen ihr dunkel.
    Sie warf Konrad einen fragenden Blick zu, aber der nickte lediglich. Brid richtete ihre Augen erneut auf den, den Konrad ihr als»Isenhart« vorgestellt hatte. Seinen Blick konnte sie nicht halten, sie meinte, einen kalten Luftzug zu spüren.
    »Es geht um den Mord an deiner Schwester Ketlin«, fuhr Isenhart fort, »wir glauben, dass dieser Mann wieder getötet hat. Und es erneut tun wird. Wieder und wieder. Bis wir ihn stellen. Aber dazu müssen wir wissen, ob es jemand war, den Ketlin gekannt hat – oder du?«
    Brids Augen wanderten zu Konrad, der die Maserung der Holzdielen studierte und schwieg. Darum also waren sie hier. Und deshalb war ihr der Schmächtige unheimlich gewesen. In den Gesichtern der Männer, die hierherkamen, las sie für gewöhnlich wie in einem Buch – davon abgesehen, dass sie des Lesens natürlich nicht mächtig war. Sie las die Lust und die Gier in ihren Augen, mit der sie zu spielen verstand. Brid beherrschte es, ihr Begehren mit Gesten und Blicken anzustacheln, bis sie bereit waren, absurd hohe Preise für recht überschaubare Gegenleistungen zu zahlen. Sie steuerte die Männer ganz nach ihrem Willen, überließ sie der Illusion zu entscheiden und war in Wirklichkeit diejenige, die die Entscheidungen fällte.
    Nicht so bei diesem jungen Kerl vor ihr. Natürlich war er anfällig für weibliche Reize, denn er war ein Mann. Aber er war anders. Er schob es beiseite, er streifte das Körperliche von sich, ließ sich nicht beirren noch ablenken, sondern war einem Ziel verpflichtet.
    »Aberak von Annweiler«, ergriff Henning das Wort, »kennst du ihn?«
    »Es ist wichtig für uns«, fügte Konrad hinzu.
    »Nein«, sagte Brid.
    »Denk nach!«, befahl Konrad. Er saß zwar auf dem Strohlager, aber jede seiner Sehnen war gespannt, in seinen Augen lag keine Zuneigung, wie sie es sonst von ihm gewohnt war.
    Nein, wollte sie sagen, nein, ich kenne ihn nicht, Aberak von Annweiler – diesen Namen habe ich nie gehört.
    Aber Isenhart hob die Hand. Seine dunklen Augen ruhten in den ihren. »Nimm dir Zeit«, sagte er mit einer Stimme, die Geborgenheit versprach, »nimm dir Zeit. Du bist die einzige Spur, die wir haben. Wir sind hier, um den Tod an Konrads und deiner Schwester zu sühnen.«
    Brid war überrascht: »Du hattest eine Schwester?«
    »Zwei. Hör ihm zu. «
    Unwillkürlich sah sie Isenhart wieder an. Etwas an ihm zog sie an, etwas, was weit über dem Geschlechtlichen lag; sie fürchtete, sich zu verlieren, wenn sie zu lange in seine Augen schaute – und etwas stieß sie ab. Etwas, was sie schwerlich benennen konnte.
    Sie hatten Ketlin, die sich geweigert hatte, im Frauenhaus zu arbeiten, weil diese Männer, die hierherkamen, stark rochen und unsagbar schwer waren, dass es einem die Luft raubte, wenn sie auf einem lagen, in einem Verhau unten am Fluss gefunden. Mit Blut

Weitere Kostenlose Bücher