Isenhart
Al-Hariqs und Sydals von Friedberg gewesen. Wer dagegen verstieß, wurde ohne Ansehen von Alter, Glaube oder Stand getötet.
Baba öffnete die Tür zu der Kammer, in der sich Konrad von Laurin befand. Seine Augen machten die Form eines menschlichen Körpers unter der Decke aus grober Wolle aus. Baba trat näher. Aber dort, wo aus einem Hals ein Kopf hätte münden müssen, lag eine Melone. Baba riss die Wolle weg. Einige der Orangen, die auf dem Lager angehäuft worden waren, rollten gegen seine Bastschuhe.
Wilbrand von Mulenbrunnen hatte selbstverständlich keinen einzigen Gedanken an einen Zweikampf mit dem jungen Laurin vergeudet. Dessen Vater Sigimund war ganz nach seinem Geschmack gewesen. Aufrecht, ohne Furcht und das Herz auf der Zunge, was ihn berechenbar gemacht hatte. Leider hatte Sigimund von Laurin über so lukrative Ländereien geherrscht, dass an ein Miteinander nicht zu denken gewesen war. Und wer konnte schon wissen, ob der Vater den Sohn nicht doch den einen oder anderen Kniff gelehrt hatte, der ihm in einem Duell zu dem entscheidenden Hieb befähigte? Der Abt hatte zu viele lebensgefährliche Situationen gemeistert, um sich nun ohne jede Notwendigkeit einem Risiko auszusetzen.
Von Mulenbrunnen logierte auf der anderen Seite des Gästehauses, in jenem Teil, wo die Kammern größer angelegt worden waren, um den Gästen samt ihrem Gefolge ausreichend Platz zu gewähren. Der Abt hatte zwei seiner Männer ausgesandt, von denen er später – sollten sie entdeckt oder gar getötet werden – stets behaupten konnte, sie hätten ohne seine Weisung gehandelt. Warmund, in Mulenbrunnen der Befehlshaber seiner Leibwache, hatte er vor einer Biegung zu seiner eigenen Kammer postiert. Wilbrand bezweifelte zwar, dass Konrad auf den Gedanken verfallen mochte, einem Angriff auf ihn zuvorzukommen, aber der junge Laurin befand sich in höchst interessanter Begleitung.
Einiges war Wilbrand zugetragen worden im Laufe all der Jahre. Tot sollte Isenhart gewesen sein, zweimal gestorben, wie einige aus dem Gesinde, aber auch Zisterzienser tuschelten, um dann eiligst das Kreuz in die Luft zu zeichnen.
Aus der Distanz hatte Wilbrand das Aufwachsen des Jungen verfolgt. Sigimund von Laurin war nicht gefährlich, weil er seinen Worten stets prompt Taten folgen ließ, sondern weil er Walther von Ascisberg bei sich wusste. Dessen Weitsicht, Intellekt und Scharfsinn waren dem Haus Laurin stets treue Begleiter gewesen.
Ähnlich verhielt es sich mit Konrad von Laurin und Isenhart. Konrad mochte mit seiner ungestümen und furchtlosen Art sicher in der Lage sein, einiges an Schaden anzurichten, bevor man ihm Einhalt gebieten konnte. Mit Isenhart an seiner Seite wurde aus ihm aber ein ernsthaftes Risiko. Zum Beispiel könnte Isenhart denStreit, den er angeblich mit Konrad gehabt hatte, als Teil einer List genutzt haben, deren Ziel es war, dem Abt zuvorzukommen und ihn zu meucheln.
Daher wachte Warmund draußen.
Eine Öllampe spendete das einzige Licht in der geräumigen Kammer. Wilbrand selbst saß auf seinem Lager, das sich direkt neben einer Maueröffnung befand. Von hier aus hatte er freien Blick in den Sternenhimmel – und zum Eingang. Wilbrand hatte dem vierten Mann, der ihn bis nach Toledo begleitet hatte, Colin, befohlen, sein Lager direkt vor der Tür aufzuschlagen. Sollte er gegen die Weisung des Abtes trotzdem vom Schlaf übermannt werden, würde er beim Eindringen eines Fremden vom Stoß der Tür geweckt werden. Aber auch für diesen Fall war Wilbrand von Mulenbrunnen gewappnet. Zwar hatten sie dem Hüter der Puente bei der Ankunft ihre Waffen übergeben, doch führte jeder von ihnen noch einen Dolch im Schutz des Unterschenkelpanzers mit sich.
Der eiserne Ring wurde von außen einmal sehr leise gegen das Holz geschlagen. Colin, der nicht eingeschlafen war, schaute zu seinem Herrn. Der Abt löste sich von der Maueröffnung und blieb in der Mitte des Raumes stehen. Er nickte Colin zu, der die Tür ein wenig öffnete. Im dämmrigen Licht der Lampe erkannte er Warmunds Gesicht.
»Was ist passiert?«, fragte Colin, auch Wilbrand von Mulenbrunnen trat nun näher.
»Sie sind tot«, antwortete Warmund, sodass Colin die Tür ganz öffnete, und noch während er das tat, während er einen Schritt zur Seite vollführte, um ihm Einlass zu gewähren, wurde ihm bewusst, dass man ihn getäuscht hatte, denn Warmunds Lippen hatten sich bei seiner Antwort überhaupt nicht bewegt.
Warmunds Leichnam kippte plötzlich nach vorne
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