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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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und gab die Sicht frei auf Konrad von Laurin, der den Toten offensichtlich in die Höhe gestemmt hatte, und Isenhart.
    Die beiden sprangen in die Kammer, auch sie mit Dolchen bewaffnet. Colin wich Warmunds Leichnam aus, der der Länge nach auf den Steinboden krachte und dabei einen Schemel unter sich begrub, was Konrad die Chance eröffnete, sich ungehindert auf denMörder seines Vaters zu stürzen. Colin, der seinem Herrn zu Hilfe eilen wollte, wurde von Isenhart der Weg versperrt.
    Dieser hatte in Toledo die Melone und die Orangen erstanden und war mit ihnen und zwei Dolchen nach Einbruch der Nacht zur Puente zurückgekehrt. Konrad hievte die Früchte über zwei zusammengeknotete Leinentücher in die Kammer. Nachdem er sein Nachtlager präpariert hatte, seilte er sich zu Isenhart hinab. Denn wie sie richtig vermuteten, lagen Wilbrands Männer schon auf der Lauer und ließen den Eingang zur Kammer nicht mehr aus den Augen.
    Eng an die Mauer gepresst schlichen die beiden an der Festung entlang. Einmal verharrten sie eine Weile, weil einer von Babas Gefolgsmännern direkt über ihnen auf dem Wachgang patrouillierte. Als sie sicher waren, nicht mehr gehört oder gesehen zu werden, setzten sie ihren Weg fort.
    Während Isenhart die Pferde zum Fluss geführt und in Toledo alle Vorkehrungen für ihre Flucht oder auch für einen Unterschlupf getroffen hatte, in dem die Versorgung von Wunden oder im Zweifelsfall auch eine kleine Amputation vorgenommen werden konnte, war Konrad durch die Puente gestreift, um ihnen den nächtlichen Zugang zur Festung zu sichern.
    In Sichtweite des Basars des Wissens knüpfte Konrad eine Leine aus Rosshaar um einen Torbogen, legte das Seil aus, bedeckte es mit Sand, führte es durch Efeuranken hindurch und warf es über die Brüstung hinab. Das rötlich braune Pferdehaar war in Farbe und Struktur kaum von der Festungsmauer zu unterscheiden.
    »Geradezu perfekt«, wie Konrad Isenhart berichtete. So perfekt, dass sie mehrmals daran vorbeiliefen, bis Konrad das Seil endlich wiederfand.
    Auf diese Weise waren sie unbemerkt über die Schutzmauern und in die Puente gelangt.
    Und nun fand Isenhart sich Colin gegenüber, der ihn angriff. Isenhart stand zu eng an der Wand, ein Ausweichen war unmöglich, er konnte die Attacke nur mit dem Dolch abwehren, bevor der Mann mit ihm zusammenstieß und ihn mit seinem Schwung zu Boden riss.
    »Ich bin unbewaffnet!«, rief Wilbrand aus, der zurückgewichenwar, um die Konfrontation mit dem Sohn Sigimunds noch ein wenig zu verzögern.
    Aber Konrad ging überhaupt nicht darauf ein, er war gekommen, um zu töten – da war es einerlei, wie gut, schlecht oder gar nicht bewaffnet der Abt ihm begegnete.
    »Mörder!«, brüllte Wilbrand aus Leibeskräften, als Konrad ihn erreichte und die Klinge zur Kehle des Mannes vorschnellen ließ, der seinen Vater und seine Mutter auf dem Gewissen hatte.
    Für einen Mann seines Alters verfügte Wilbrand über ausgezeichnete Reflexe, eine minimale Drehung der Schulterachse, und Konrads Stich zerschnitt nicht Muskeln, Sehnen und die Halsschlagader, sondern lediglich iberische Luft.
    Aber Wilbrands rechte Hand beschrieb dafür eine halbkreisförmige Bewegung. Konrad sah sie noch aus den Augenwinkeln, da drang ihm schon die Eisenspitze in den Rücken, rutschte am Schulterblatt ab und riss ihm die Haut der Länge nach auf. Der Abt hatte die ganze Zeit sein Messer hinter dem Rücken versteckt, wie Konrad jäh bewusst wurde.
    Überlass dich niemals dem Zorn.
    Ja, das ist es, schoss es Konrad durch den Kopf. Die wohlgemeinten Worte seines Vaters hatte er wohl verstanden, denn der Zorn führte zu unüberlegten Handlungen, doch jetzt fühlte er die Bedeutung der Worte am eigenen Leib. Es war, als hätte die väterliche Mahnung sich in Form einer Dolchspitze schmerzhaft in Erinnerung gebracht.
    Die Nähe zu seinem Vater in diesem Augenblick war so unverhofft und von tröstender Wärme, dass er nicht anders konnte, als zu lächeln. Dieses friedfertige Lächeln des Sohnes von Sigimund von Laurin wiederum irritierte den Abt, zumal nicht jener Frieden Einkehr in Konrads Herzen hielt, den der Tod mit sich brachte, wie der Abt schon unzählige Male beobachtet hatte, sondern es war, als hätte der Dolchstoß in den Rücken des jungen Mannes diese Seligkeit hervorgerufen.
    Für einen Augenblick stand die Zeit zwischen ihnen still.
    Sie sahen, wie Isenhart und Colin sich am Boden wälzten, miteinander um einen Dolch ringend, sie hörten Bewegung auf

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