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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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da es Giselbert gelegen kam und es mehr als schäbig war, die Hand zu entziehen. Er schüttelte den Kopf, als könne Sigimund ihn sehen, und kehrte um. So einfach konnte man ihn nicht kaufen! Außerdem war er immer noch Scharfrichter von Kaisers Gnaden, er genoss Immunität.
    Als Giselbert auf seinem Rückweg die Treppe erreichte, stieß erauf Gesinde. Männer, Frauen und Kinder, die ihre wenigen Habseligkeiten bei sich trugen. Bereit für die Flucht.
    »Ihr solltet euch schämen«, warf Giselbert ihnen mit jener Abscheu entgegen, die er sich selbst gegenüber empfand.
    Beim nächsten Stoß krachte der Querbalken aus seiner linken Verankerung. Sigimund von Laurin sah noch einmal hinauf zu seiner Frau Mechthild. Sie schaute ihn an, wie er dastand in der Plattenrüstung, die seinen Körper komplett bedeckte und lediglich das Gesicht aussparte.
    Dieser junge, drangvolle Mann mit den hellen Augen, die geglänzt hatten vor Tatendrang und Witz. Der um ihre Hand angehalten hatte, Jahre war das her, viele Jahre, acht Kinder waren ihrer Zuneigung entsprungen, zwei hatten überlebt.
    An seiner Seite war sie durch diese Jahre gegangen, hatte zu ihm aufgeblickt voll echter Ehrfurcht. Einzig seine Kompromisslosigkeit hatte sie als gefährlich empfunden und gleichzeitig bewundert. Jeder Mann mit so wenigen Ländereien hätte sich geduckt, nicht so Sigimund. Nichts und niemandem war er gewichen, und vielleicht besiegelte diese Haltung jetzt den Untergang des Hauses. Aber wenn es so war, dann hätte es auf jeden Fall so kommen müssen, und dann war es auch unausweichlich, beschloss Mechthild.
    Das Tor splitterte in der Mitte, es war so weit.
    Sie tauschten noch einen Blick, dann ließ ihr Mann das Visier herunterfahren.
    Das Tor maß gute zwanzig Fuß in der Breite und schwang nun auf. In einer Reihe von acht Mann marschierten die Brabanzonen in den Burghof, das Ende der Piken an die Oberschenkel gelehnt.
    »Jetzt, Henrick!«, brüllte Sigimund.
    Henrick und seine beiden Helfer stemmten sich mit aller Kraft gegen den Kessel und kippten den Inhalt in die Tiefe. Das siedende Öl flog durch die Winterluft und begrub die ersten beiden Reihen unter sich, die Soldritter brüllten unter Schmerzen auf, als das Öl ihnen die Haut unter den Kettenhemden verbrühte.
    Unbeeindruckt von den unsagbaren Qualen ihrer Kampfgefährten rückten die weiteren Linien vor. Eine Reihe von sechs Bauernschoss aus nächster Nähe eine Salve aus Armbrustbolzen in die dritte Linie.
    »Die Fackeln!«, rief der Burgherr und schleuderte die erste gegen die Eindringlinge.
    Die Umstehenden folgten seinem Beispiel, und das Öl entzündete sich sofort, es gab ein Geräusch, als zische die Luft, dann standen drei weitere Reihen Brabanzonen in Flammen. Lichterloh brennende Gestalten, die hilflos umhertappten und dabei schrille Schreie ausstießen, zu Boden stürzten und die unmöglichsten Verrenkungen vollführten – sie alle bildeten eine Feuerwand, die für die nachrückenden Einheiten undurchdringbar war.
    »Was macht ihr hier?«
    Männer und Frauen wichen den Blicken des jungen Herrn aus, der am Fuß der Treppe stand, die zu den Kammern seiner Mutter und Schwester führte. Draußen, vom Burghof, gellten die schrecklichsten Schreie herüber.
    In dem Augenblick hörten sie alle eine Art Scheppern und Klirren, das aus den Gemächern oberhalb stammte.
    Du gehst und schützt deine Mutter und deine Schwester.
    Konrad stürmte die Stufen hinauf. Kaum war er verschwunden, stieß Isenhart zu ihnen, verlangsamte bei dem Anblick der versammelten Menschen seine Schritte und musterte sie mit exakt jenem Gesichtsausdruck, den auch Konrad aufgesetzt hatte: den eines Verratenen.
    Ganz offensichtlich wollten sie sich durch den alten Ausgang davonstehlen.
    »Ihr dürft nicht gehen, wir brauchen jeden Mann!«
    »Wir wollen nicht sterben!«, rief ihm eine Frau zu, während sich zwei Männer an der Verriegelung zu schaffen machten. Isenhart wollte voranstürmen, wurde aber von mehreren Armen festgehalten und zurückgeworfen. Er prallte mit dem Rücken gegen die Mauer.
    An einer Gestalt blieb Isenharts Blick hängen. Es war die Gestalt seines Vaters, der ein paar Habseligkeiten in ein Tuch aus grobem Leinen gewickelt hatte.
    Isenhart ging auf ihn zu. »Vater, wir müssen unserem Herrn zur Seite stehen. Wir müssen ihm …«
    »Ich bin nicht dein Vater«, unterbrach Chlodio ihn zornig, »ich habe dich nur aufgezogen.«
    Die Tür schwang auf, man spürte es an dem kalten Lufthauch, der

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