Isis
konfrontieren, um ihm vor Zeugen jeden Rückzug abzuschneiden. Schließlich jedoch entschied er sich für ein anderes Vorgehen. Selenes Mann war leicht aufbrausend und konnte ziemlich halsstarrig sein.
Fühlte er sich zu sehr in die Enge getrieben, trat er womöglich um sich wie ein verwundetes Tier.
Deshalb kam Basa erst in die Werkstatt, als die Sonne schon tief stand. Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen. Nezem war der Einzige, den er zu dieser Stunde noch bei der Arbeit fand.
Der Bildhauer feilte gebückt an einer Standfigur Schepenupets aus Alabaster, einem halb durchscheinenden Stein, der weiche Details ermöglichte. Der Kopf war schmeichelhaft und realistisch zugleich, gab die unverkennbar kuschitischen Gesichtszüge ebenso wieder wie jenen kritischen Ausdruck, der typisch für die Gottesgemahlin war. Bei der Fülle der Gestalt jedoch hatte Nezem einiges weggelassen.
»Eine beeindruckende Frau! Genauso dürfte sie vor einigen Jahren ausgesehen haben«, sagte Basa anerkennend. »Als der Koch noch nicht der wichtigste Mann an ihrem Hof war. Sie muss einmal sehr schön gewesen sein. Das behaupten alle, die sie von früher kennen.«
»Sie ist immer noch schön. Ich habe Schepenupet geschaffen, wie ich sie sehe«, entgegnete Nezem. »Auf ihr Wesen kommt es mir an, nicht auf jedes Deben Fett.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und hinterließ dabei nur weitere Spuren hellen Staubs. »Was willst du?«
»Meine Frau ist tot«, sagte Basa bedächtig. »Und es wird Zeit, ihr Haus für die Ewigkeit zu bestellen. Deshalb bin ich hier.«
»Aber das ist Jahre her! Ist Sarit denn nicht längst begraben?«
»Natürlich ist sie das. Aber noch nicht an dem Ort, der ihrer würdig wäre.« Basa senkte seine Stimme. »Bestimmte finanzielle Engpässe mussten erst überwunden werden. Nun ist es mir gelungen, das richtige Grab für sie zu finden — und zu erwerben.«
»Was kann ich dabei tun?«
»Es soll ihr künftig an nichts fehlen«, sagte Basa. »Ich wünsche mir, dass die Götter meine Frau im Totenreich begleiten und beschützen. Als Statuen, verstehst du? Deshalb bin ich hier, um dich zu bitten, einige davon für mich anzufertigen.«
»Ganz und gar ausgeschlossen!« Nezem ließ sein Schleifwerkzeug sinken. »Siehst du denn nicht, was hier los ist? Re stirbt bald, und meine Familie wartet auf mich, ich aber stehe noch immer zwischen halb Fertigem. Schepenupets Appetit ist unstillbar, auch was Kunstwerke angeht. Hinter mir die Statue, auf die sie wartet, dann die Sphinx, die sie erst neulich bestellt hat ... Ich muss dich also abweisen. Such dir einen anderen Steinarbeiter. Was nicht weiter schwierig sein wird.
Die Stadt ist voll von ihnen. Und alle lauern auf neue, zahlungskräftige Kundschaft.«
»Für Sarit kommt nur der Allerbeste in Frage«, sagte Basa.
»Deshalb bin ich zu dir gekommen.«
»Meine Antwort lautet dennoch nein.« Nezem nahm ein weiches Tuch und begann damit den Rücken der Skulptur zu polieren. »Und noch eine Bitte: Komm künftig nicht mehr hierher! Die >Gottesgemahlin< schätzt es nicht, wenn ihre Handwerker auf diesem Terrain andere Kunden empfangen.
Sie kann äußerst empfindlich reagieren. Was ich tunlichst vermeiden möchte.«
Basa deutete ein Nicken an. »Ganz, wie du willst. Ich werde dich hier nie wieder stören«, sagte er, grüßte und ging.
Er ließ Zeit einige verstreichen und wartete so lange bis die nächsten Feiertage angebrochen waren und in ganz Waset die Arbeit ruhte. Dieses Mal lenkte er seine Schritte direkt zu Nezems’ Haus. Nicht ganz ungefährlich, wie er wusste, denn er ging das Risiko ein, ihn anzutreffen. Aber er hatte sich innerlich auf alle Eventualitäten eingestellt.
Isis war die Erste, die ihn sah.
Im Allgemeinen freute sie sich, wenn Besuch kam, aber jetzt musste sie plötzlich an Anus hässliche Flecken denken und an Khays merkwürdig schillernden Rücken, und ihre Begrüßung fiel entsprechend zurückhaltend aus.
»Wo ist dein Vater?«, sagte Basa. »Darf ich hereinkommen?«
Sie drückte sich zur Seite und ließ ihn vorbei.
»Im Tempel«, sagte sie. »Aber er wollte bald zurück sein. Ich kann ja Mama einstweilen holen.« Sie sprang schnell davon.
Die Einrichtung zeugte von neuem, gediegenem Wohlstand.
Basa sah mehrere schön verzierte Holztruhen mit Einlegearbeiten, kleine Schemel und säuberlich gemauerte Sitze. Auf einem Tisch aus Akazienstämmen standen tönerne Lämpchen. Im Nebenraum glaubte er schließlich zu entdecken, was er
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