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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Streckübungen, die sie zu Beginn jeder Kampfsportstunde machte. Sie hatte lange, sehnige Gliedmaßen und war auch sonst so dünn, dass man ihre Rippen und Wirbelknochen zählen konnte. Ihr langes schwarzes Haar hatte sie zu einem glänzenden Knoten hochgebunden. »So verhungert, wie die aussieht, könnte sie magersüchtig sein.«
    »Sie war mal Tänzerin«, sagte ich. »Klassisches Ballett.«
    Emma runzelte die Stirn. »Komisch.«
    »Wie kommt so eine hierher ?« Yasuo schüttelte sich. »Und was hat ihre Verwandlung in Skeletors Schwester bewirkt?«
    »Eine böse Drogenkarriere, wenn die Gerüchte stimmen. Mädchen zieht in die Großstadt, gerät an Speed … wie das weiterging, könnt ihr euch selbst ausmalen.«
    Yasuo verzog das Gesicht. »Shit.«
    »Lasst euch nicht täuschen.« Ich deutete auf meine Gegnerin, die gerade den Oberkörper nach vorn klappte und mit beiden Händen ihre Fußsohlen umfasste. »Das sind straff über ein Knochengerüst gespannte Muskeln.«
    Emma nickte. »Drew hat recht. Die ist brutal stark. Ich habe sie im Training beobachtet.«
    Der Gong ertönte. Ich war dran.
    Ich lockerte noch einmal die Schultern und atmete tief durch. Emma gab mir einen aufmunternden Klaps, als ich auf die Steinplatte zuging. »Wird schon schiefgehen!«
    Wir schwangen uns beide auf den Stein. Mias Blick verriet puren Hass. Sie holte dramatisch Luft, öffnete und schloss die Finger und nahm eine geschmeidige Karatehaltung ein.
    Großartig. Ausgebildet in klassischem Ballett und Kampfsport.
    Jede von uns durfte eine Waffe benutzen. Ich hatte mich für ein kleines Springmesser entschieden, das perfekt in meine schmale Hand passte. Einen Moment lang war ich versucht gewesen, die Shuriken einzusetzen, aber ich hatte einfach noch nicht genug praktische Erfahrung mit den Dingern.
    Entsetzen packte mich, als sich Mia bückte, um ihre Waffe aufzunehmen. Sie hatte die Kama gewählt.
    »Ist das dein Ernst?« Ich konnte ein nervöses Kichern nicht unterdrücken. Eine Kama war eigentlich eine Sichel, mit der alte Japaner Reis schnitten und junge Japaner in Hinterhöfen ihre Gegner niedermähten. »Oder willst du mich verarschen?«
    Sie bedachte mich mit einem Blick tiefster Verachtung. Wir warteten auf den zweiten Gongschlag, der den Kampfbeginn signalisierte, und Mia nutzte die Gelegenheit, um ihre Sichel mit den gleichen Ballettbewegungen über dem Kopf zu wirbeln, mit denen sie ihre Dehn- und Streckübungen untermalte. Dann kam sie mit federnden Schritten auf mich zu. »Es ist eine traditionelle Waffe, die nur anspruchsvolle Kampfsportler beherrschen.«
    Sie legte es schwer darauf an, mir zu imponieren. Aber mir ging ihr überspanntes Geflatter und Getue allmählich auf den Zeiger. »Mit dem albernen Ding kann jeder Bauer sein Gras mähen.«
    »Was verstehst du schon von Kampf kunst !« Sie hob die Sichel mit einer anmutigen Geste über den Kopf, ging mit einem Fuß auf Spitze und gab eine Art Kranich. Ihre Pose war elegant und leidenschaftlich. Sie krähte ihre Version eines Karate- Kiop , auch wenn das in meinen Ohren wie die Litanei eines kranken Mönchs klang.
    »Verschon mich mit dem Quatsch!« Ich kannte genug Mädchen, die von teuren Internaten geflogen waren, ihre Protzallüren aber niemals aufgegeben hatten. Lässig schob ich mein Messer in die Scheide.
    Ein Raunen ging durch die Menge. Es war zumindest ungewöhnlich, dass jemand bereits vor dem Kampf auf seine Waffe verzichtete.
    In dem Moment, da der Gong zum zweiten Mal ertönte, legte ich los. Anspruchsvolle Kampfsportler müssen nicht unbedingt gut sein – und umgekehrt. Sie müssen auch nicht einen Kopf größer als ihre Gegner sein.
    Ich ging in die Hocke und hechtete in Richtung ihrer Knie.
    Mia stieß einen spitzen Schrei aus. Die Kama flog ihr aus den Händen. Ich spürte, wie sich ihr Knie überdehnte, als sie zu Boden ging. Wir landeten mit einem Stöhnen.
    »Halt … still!« Ich klemmte ihre Beine ein. Sie begann zu kicken, und ich warf mich auf ihren Bauch. Sie war so irre dünn, dass ich das Gefühl hatte, sie könnte unter mir zersplittern. »Wo bleibt jetzt deine Grazie, Mia Ballerina?«
    Mein brutaler Angriff hatte sie voll aus dem Gleichgewicht gebracht. Obwohl ich meine verletzte Hand nicht zur Faust ballen konnte, gelang es mir, ein paar Magen- und Rippentreffer zu landen. Ihre Bauchdecke war hart und waschbrettflach, und trotz der Tape-Polsterung schmerzten meine Hände von den Hieben.
    »Den Kampf gewinnst du nicht.« Sie wand sich

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