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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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schwer, als nähme ich seine Geduld über die Maßen in Anspruch. »Ich sagte Josh, du hättest vorbeigeschaut, um die Jungs auszuspionieren. Um zu sehen, was wir so treiben, um deine weibliche Neugier zu befriedigen und all das. Aber Josh meinte, das sei nicht dein Ding.«
    Ich stemmte die Arme kampfeslustig in die Hüften. »Wie kommt ihr darauf, dass Rumspionieren typisch weiblich ist?«
    »Das weiß doch jeder«, meinte Josh. »Alle Mädels würden sich gern unsichtbar machen, um dann rumzuschnüffeln und fremde Geheimnisse zu ergründen.«
    Ich warf ihm einen giftigen Blick zu und suchte krampfhaft nach einem schlagenden Argument, um diese völlig unbewiesene Behauptung aus den Angeln zu heben. Bei Sätzen wie Das weiß doch jeder pflegte ich sofort meine Stacheln auszufahren. »Und welche magischen Kräfte sind bei den Jungs in?«
    »Jungs haben eine Schwäche für das Fliegen.« Er grinste breit. »Ehrlich. Dazu gibt es wissenschaftliche Studien.«
    Wollten die Kerle deshalb Vampire werden? Weil es ihnen die Macht verlieh, durch die Lüfte zu schweben?
    Eines musste man Josh lassen. Er war nett, und selbst heikle Themen ging er so an, dass die Unterhaltung keine Sekunde ins Stocken geriet. Ich zuckte mit den Achseln und beschloss, seinen Köder zu schlucken. »Stimmt schon. Die meisten Mädels lieben Klatsch. Aber ich? Vergiss es. Fremde Geheimnisse sind mir so was von schnuppe. Ich will nur meinen nächsten Fitness-Test bestehen. Mit anderen Worten, ich möchte eher fliegen lernen als unsichtbar sein.«
    Yas zog spielerisch an meinem Zopf. »Na ja, vielleicht wäre das eine Hilfe bei deinen Klimmzügen. Wann findet dieser Test denn statt?«
    Meine Laune sank in den Keller. »Bald. Und ich könnte weiß Gott jede Hilfe gebrauchen.«
    »Ihr übt im Untergriff, stimmt’s?« Josh hatte aufgehorcht und begann mir Tipps zu geben. »Dann solltest du es mal mit negativen Klimmzügen versuchen. Du beginnst mit dem Kinn über der Stange und lässt dich langsam in die Tiefe, um ein Gefühl für das Absenken zu kriegen.«
    Yas schüttelte den Kopf. »Achtung, hier spricht der Profi! Mann, ich könnte dir täglich in den Arsch treten.«
    »Du und wer noch?« Josh spannte seine Muskelpakete an und schaute sich spielerisch um.
    »Herrje, Jungs bleiben Jungs, Vampire oder nicht.« Ich ging mit langen Schritten auf mein Wohnheim zu, doch die beiden holten mich mühelos ein.
    »Und Mädels sind viel vernünftiger?«
    Ich sah Josh an und bemerkte, dass er hastig seinen Blick von meinen schwach ausgeprägten weiblichen Attributen löste. Mistkerl! Ich zog die Stirn in Falten, aber er lachte nur mit übermütig blitzenden Augen.
    »Hey«, begann Yasuo, dem das Minidrama an seiner Seite entgangen war. »Ich kapiere ohnehin nicht, wozu wir weibliche Schutzengel brauchen. Als Vampire, meine ich.« Er fletschte dramatisch die Zähne und spreizte seine nicht vorhandenen Klauen.
    Er blödelte nur so herum, aber sein Einwurf machte mich nachdenklich. Welche Schwäche hatten Vampire, dass sie Wächterinnen benötigten, die Klimmzüge machen, mit Starthilfe-Kabeln umgehen und schwimmen konnten?
    Letzteres wirkte wie ein Kübel kaltes Wasser auf den Kopf und erinnerte mich an Dinge, die ich gern verdrängt hätte. Nachdenklich balancierte ich auf den Randsteinen des Fußwegs.
    »Und weiche keinen Fingerbreit vom rechten Pfade ab«, deklamierte Yasuo mit dumpfer Stimme und versetzte mir einen kleinen Schubs.
    Ich fing mich ab, bevor ich ins Gras stolperte. Meine gute Laune war irgendwie verflogen, und ich warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Mach keinen Quatsch! Heute ist ein Mädchen gestorben. In der Schwimmhalle.«
    »Krass. Hat sie am falschen Beckenrand Kopfsprung geübt?«
    Es war ein dämlicher Witz. Selbst Josh schien das zu merken, denn seine Miene verdüsterte sich, und er sagte: »Du hast schon bessere Sprüche abgelassen, Alter.«
    Seine Reaktion weckte in mir den Verdacht, dass er vielleicht nicht ganz die Dumpfbacke war, für die ich ihn anfangs gehalten hatte.
    »Yeah«, stimmte ich ihm nach einem kurzen Zögern zu. »Das ist eine schlimme Geschichte, Yas.«
    »Schon kapiert, Drew. So schlimm wie ein Herzinfarkt. Aber wenn du nicht lernst, solche Dinge mit Humor zu nehmen, dann bist du hier geliefert.«
    Ich fuhr fort, ohne auf Yasuos Gemeinplätze zu achten: »Letzte Woche stürzte ein Mädchen aus den Kletterseilen und blieb mit Genickbruch liegen. Ich weiß, dass sie den nicht überlebt hat – stimmt’s, Doc

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