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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Strom durch meine Adern floss, bis sie mich ganz ausfüllte und mich in diesen magischen, tranceähnlichen Zustand versetzte, in dem alles Denken aufhört. Erst als es um mich herum ganz still geworden war, wurde mir klar, dass alle mich ansahen. Auch Solo. Vor allem Solo.
    »Wow«, sagte Elfe in die Stille hinein. »Jetzt kann ich verstehen, warum Tempelhoff dich ausgewählt hat. Musstest du ihm einen Tanz für die Insel versprechen?«
    Ich setzte mich hastig und starrte in die züngelnden Flammen, mein Gesicht war ganz heiß geworden und mein Herz schlug furchtbar schnell.
    Milky war auch aufgestanden. Er hatte seine Congas geholt, und als jetzt die beiden Jungen zusammen spielten, begann Pearl zu singen. Plötzlich kam sie mir vor wie ein ganz anderer Mensch. Ihre sonst so ruhige, samtige Stimme war tief und voll wie die einer alten Negerin. Sie sang ein amerikanisches Gospellied und ich musste an Cristo denken, die riesige Jesusstatue, die nicht weit von uns auf dem großen Berg stand und ihre steinernen Arme über Rio ausbreitete. Es war ein wunderschöner Moment.
    Als ich die Augen öffnete, hatte Darling zu tanzen begonnen. Sie trug noch immer ihr rotes Bikinioberteil, dazu einen kurzen, weiten Rock. Joker pfiff und klatschte in die Hände, aber ich mochte gar nicht hinsehen. Ich hasse es, wenn Mädchen auf diese Weise tanzen. Darling konnte sich bewegen, aber es war nicht die Musik, die sie bewegte, ihr Tanz hatte nur ein einziges Ziel: die Blicke der anderen auf sich zu ziehen.
    Jetzt kam auch Alpha aus der Dunkelheit zurück, mit seinem Ghettoblaster. Pearls Gesang, Milkys Trommel und Solos Berimbau wurden jäh unterbrochen. Harte Technobässe schlugen mir ins Gesicht, und während Darling ihre Hüften immer wilder im Kreis drehte, stand Solo auf und ging. Ich folgte ihm, ich wollte einfach nur weg.
    Kurz vor dem Haupthaus drehte Solo sich zu mir um. Er streckte seine Hand nach mir aus, und als ich jäh zurückzuckte, hielt er erschrocken in der Bewegung inne. »Entschuldigung«, sagte er schnell. »Ich wollte nicht …« Er sah mir in die Augen. »Du bist aus Rio, nicht wahr?«, flüsterte er kaum hörbar. »Du bist Brasilianerin.«
    Ich wollte den Kopf schütteln, aber es gelang mir nicht. Ich nickte und schluckte, in meiner Kehle brannten die Tränen.
    Für einen Moment sah Solo so aus, als wollte er mich in den Arm nehmen, aber dann erschien Krys im Garten und Solo verschwand mit raschen Schritten im Haus.
    Unter der Dusche ließ ich meinen Tränen freien Lauf. Als ich die Leiter nach unten stieg, waren außer Krys auch Elfe und Moon ins Zimmer gekommen. Elfe hatte ihr Buch aufgeschlagen, sie las uns das Märchen von Sterntaler vor. Ich drehte das Schneckenhaus in meiner Hand. Krys hielt ihren Teddy im Arm und rauchte bei geöffnetem Fenster, Moon saß auf dem Fußboden vor ihrem Bett und malte. An der Stelle, wo Sterntaler ihr Hemd weggab, ertönte das Nebelhorn.
    Vom Strand kamen uns Darling, Alpha, Lung, Joker und Milky entgegengelaufen. Endlose Sekunden später kam Solo aus dem Schlafraum der Jungen. Mephisto war bei ihm.
    Wir standen alle um den Glastisch herum. Solos Blick flog über die Runde, und als er an mir hängen blieb, sah ich, wie er tief Luft holte. Ich schaute ihm direkt in die dunklen Augen und in diesem Moment wurde mir klar, dass man einen Menschen nicht kennen muss, um sich in ihn zu verlieben. Man muss nicht einmal mit ihm gesprochen haben. Seit diesem Augenblick weiß ich auch, dass Liebe schneller sein kann als unser Bewusstsein, das in meinem Fall nur stolpernd hinterherkam. Liebe ist etwas, auf das man keinen Einfluss hat, sondern etwas, das einen findet – ohne Grund, ohne Kommentar und ohne, dass man sich dagegen wehren kann. Vielleicht ist es mit der Liebe so wie mit der Musik, man kann sie nicht erklären, sie trifft einen wortlos – mitten ins Herz.
    Ich schlug die Augen nieder, mein Puls ging rasend schnell. Ich war so froh, dass Solo noch da war.
    Und ich war so traurig, dass Pearl fehlte.

Elf
    S ein Handy klingelte. Eine SMS, schon die dritte in den letzten fünf Minuten. Er öffnete den Mitteilungseingang, überflog die Zeilen und tippte genervt eine kurze Antwort. Dann sah er noch einmal auf seine Notizen zu Pearl, die jetzt im Boot saß, auf dem Weg zurück zum Festland. Nana Makhetha, so lautete ihr richtiger Name. Pearl nannte sie sonst nur ihr Freund, von dem in Heidelberg niemand wusste. Pearls Freund hieß Ulf. Er war 48 Jahre alt, Scheidungsanwalt und seit

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