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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Misstrauen in ihren goldbraunen Augen.
    Moons Bett war leer. Das Nebelhorn ertönte, ehe ich meine tropfnassen Kleider ausziehen konnte.

Dreizehn
    MOONS ERBE waren ihre Bilder. Sie hingen im Haupthaus an der Wand, in einer langen Reihe neben dem großen Glastisch. Zwölf Bilder waren es, mit Bleistift gezeichnet, und jedes von ihnen zeigte einen von uns. Die Ähnlichkeit war atemberaubend, obwohl es eher eine innere Ähnlichkeit war, als hätte Moon mit ihren Bildern gewisse Eigenschaften von uns nach außen gekehrt.
    Ganz links hing das Bild von Neander. Sein bulliger Oberkörper strotzte vor nicht gelebter Kraft, der Kopf war geduckt, die Augen sanft und liebevoll. Daneben war Pearl. Sie saß strickend an eine Palme gelehnt, ihr Körper wirkte wie verhaftet mit dem Strand, während ihr Blick etwas Fliehendes hatte. Ihr trauriges Lächeln war von einer unerfüllten Sehnsucht. Hinter einem Schleier aus Rauch und Nebel trat das Gesicht von Krys hervor. Es hatte die Form eines perfekt geschliffenen Diamanten, Kinn und Stirnpartie waren fein gezeichnet, die Wangenknochen breit und scharfkantig, die schmalen Lippen versiegelt. In ihren Armen lag ein weiches Bündel Fell –ihr Teddybär.
    Lung hatte sein Messer zwischen den Zähnen, sein schwarzer Zopf hing ihm über die Schultern und in seinen schräg stehenden Augen blitzte eine scharfe Intelligenz. An seinem Hals baumelte der Drachenanhänger und in meinem Inneren klangen die Worte nach, die er gestern zu mir gesagt hatte.
    Neben Lung hing ein Selbstporträt von Moon und erst jetzt wurde mir klar, dass die linken Bilder einer symbolhaften Serie folgten. Moon mit ihrer Glatze war das letzte der fünf Opfer und plötzlich, ich weiß auch nicht, warum, hatte ich das Gefühl, sie war freiwillig von uns gegangen. Ihre unterschiedlich farbigen Augen, das eine hell, das andere dunkel, sahen durch mich hindurch wie in eine andere Wirklichkeit. Ihr Gesicht kam mir vor wie das eines Babys und gleichzeitig wie das einer uralten Frau.
    Rechts neben ihr war Elfes Bild. Lesend lag sie in ihrem Bett, der leichte Stoff ihres Kleides schmiegte sich um ihre üppigen Rundungen, fast anbetungswürdig sah sie aus, wie ein Schönheitsideal aus längst vergangenen Zeiten.
    Daneben Joker, der Harlekin mit seinen spitzen Gesichtszügen. Die eine Augenbraue war hochgezogen bis zum Haaransatz, das Grinsen über dem winzigen Ziegenbart dämonisch, aber in seinen Mundwinkeln lag etwas, das ich lange anschauen musste, bis ich begriff, was es war. Was sich in seinen Mundwinkeln abzeichnete – was Moon ihm in seine Mundwinkel hineingezeichnet hatte –, war Verletzlichkeit.
    Als Nächster Milky, stupsnasig, sommersprossig, die Rastalocken verfilzt, in der Hand, wie eine Waffe, einen Kochlöffel schwenkend. In seinem Ausdruck schwang trotz des offenen Lachens etwas Heimtückisches mit.
    Es folgte Alpha mit dem zum Zerreißen gespannten Expander vor seiner Brust, einer tiefen Furche zwischen den Augenbrauen und einem harten Zug um den Mund.
    Ich kam als Nächste. Ich hielt auf meinem Porträt meine weiße Kerze in den Händen. Ihr flackerndes Licht spiegelte sich in meinen Pupillen. Mein Blick kam mir suchend und unruhig vor, meine Nasenflügel waren leicht gebläht, als ob sie zitterten, und meine leicht geöffneten Lippen strahlten eine so verstörende Sinnlichkeit aus, dass ich vor mir selbst erschrak.
    Solo spielte auf seiner Berimbau. Seine Augen waren geschlossen, der Kopf mit den schulterlangen schwarzen Haaren war in den Nacken gelegt, der Oberkörper, schmal und sehnig, war nackt. Zu seinen Füßen lag Mephisto.
    Ich spürte, wie mir beim Anblick seines Porträts brennende Röte in die Wangen schoss, gleichzeitig durchzuckte mich das Gefühl, dass auf diesem Bild etwas fehlte, ich konnte aber nicht ausmachen, was es war.
    Ganz rechts hing Darling. Sie lächelte. Ihr helles Haar fiel in weichen Wellen um ihr herzförmiges Gesicht. Mit ihren weit geöffneten Augen hatte sie auf diesem Bild etwas Engelhaftes, gleichzeitig funkelte ihr Blick derart eindringlich, dass ich unwillkürlich zurückzuckte.
    Es war Nachmittag – ein neuer Tag. Ich stand allein vor dieser seltsamen Menagerie an Bildern und fühlte mich unsagbar fremd in meinem Körper.
    In der gestrigen Nacht war Elfe aus unserem Schlafsaal geflohen. Ich war allein ins Bett gekrochen und bis Mittag im Bett liegen geblieben. Als ich aufstand, war niemand außer mir im Haupthaus.
    Ich war es nicht , wollte ich zu Elfe sagen, als ich sie

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