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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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wieder zu ihm zurückkam, dann schraubte er den Behälter der Wasserpfeife auf, füllte ihn mit der durchsichtigen Flüssigkeit aus der Magnumflasche, stopfte den Tabakkopf am oberen Ende des Aufsatzes mit Wasserpfeifentabak und deckte ihn mit einem Metallsieb ab. Seine Bewegungen waren ruhig, fast andachtsvoll, als vollziehe er ein heiliges Ritual. Niemand sprach.
    Elfe setzte sich neben Milky, sie lehnte sich an seine Schulter und er legte den Armumsie. Joker entzündete ein Stück Wasserpfeifenkohle auf dem Höhlenboden und legte den glühenden Brocken oben auf das Sieb. Dann saugte er bedächtig an dem Mundstück. Die Flüssigkeit in dem Behälter schlug Blasen und mit einem blubbernden Geräusch stieg der Rauch empor. Seine Schatten stiegen zur Decke, wobei sie Muster und Kreise formten, bis sie sich im flackernden Schein der Windlichter auflösten. Bei ihrem Anblick kam mir das Höhlengleichnis von Platon in den Sinn.
    Wir Menschen verbringen unser ganzes Leben wie in einer Höhle und alles, was wir darin als wahrhaftig empfinden, sind tatsächlich nur die Schatten der Wirklichkeit, das wollte Platon mit seinem Gleichnis ausdrücken. Um ans Licht und damit in die Wirklichkeit zu gelangen, müssen wir den sicheren Schutz der Höhle verlassen und die blendende Helligkeit über der Erde wird uns zunächst nur Angst und Schmerzen einjagen.
    Aber wir waren nicht aus der Höhle heraus, sondern in sie hineingestiegen, und verstießen gerade geschlossen gegen die Regeln, die Tempelhoff für uns aufgestellt hatte.
    Joker inhalierte den mit Alkohol vollgesogenen Rauch mit einem tiefen, lang gezogenen Aaaaah , das von den Höhlenwänden widerhallte. Einen Moment lang war Stille, als ob wir alle gemeinsam den Atem anhielten und warteten, ob etwas geschah. Aber es geschah nichts. Joker grinste wieder, reichte die Shisha an Milky weiter und so ging sie im Kreis; von Milky zu Elfe, von Elfe zu Alpha, von Alpha zu Darling, von Darling zu Solo, von Solo zu mir.
    Der Alkohol stieg mir auf direktem Weg ins Blut und ich weiß noch, dass ich an die Kameras dachte und über die Vorstellung lachte, dass sie auch hier in der Höhle installiert sein würden. Sogar hier, an diesem urzeitlichen Ort würde Tempelhoff uns sehen und natürlich würde er wissen, dass die durchsichtige Flüssigkeit in Jokers Flasche alles andere als Heilwasser war. Aber ihm würde auch klar sein, dass er sich seinen eigenen Film kaputt machte, wenn er jetzt eingriffe, und das würde er nicht zulassen. Er würde uns gewähren lassen – und gespannt sein, was folgte.
    Was folgte.
    Wir rückten enger zusammen, alle saßen wir jetzt auf den runden Felsbrocken am Boden der Höhle. Die Shisha wanderte noch drei Mal durch die Runde.
    Die Windlichter waren im Kreis vor unseren Füßen aufgestellt. Die Schatten an den Wänden verformten sich zu immer neuen Gestalten, in denen wir Drachen, Monster und urzeitliche Ungeheuer sahen, und wir hielten uns, unter immer lauterem Kichern, die Angst vom Leib. Auf seltsame Weise waren wir alle eins, wir alle sieben, so schien es mir jedenfalls.
    Alpha legte seine Hand auf Darlings Bein, sie lachte. Sie trug ein enges cremefarbenes Kleid mit hauchdünnen Spaghettiträgern. Am Ausschnitt, über dem linken Busen, war ein feiner Riss, ich weiß noch, dass es mir auffiel.
    Joker erzählte eine Geistergeschichte, wobei er Darling fixierte, als wollte er sie mit seinen Augen verschlingen. Elfe hielt sich lachend die Ohren zu und schmiegte sich noch dichter an Milky. Solos Blicke trafen meine, einmal, viele Male, es war, als ob die Luft zwischen uns elektrische Energie war. Wassertropfen fielen aus irgendeiner Ecke der Höhle zu Boden, es waren hallende Laute, die in meiner Brust vibrierten. Schauer jagten wie Stromstöße durch meinen Körper, in meiner Brust war alles heiß, ich fühlte mich leicht und schwer zugleich, als ob ein Teil von mir fliegen, ein anderer mich noch tiefer unter die Erde ziehen wollte. Der Alkohol wirkte – und wie er wirkte!
    Alpha hatte seinen Ghettoblaster dabei, und als er ihn irgendwann anstellte, ertönte ein Song von Faithless. Der Song hieß God is a DJ und Alpha hatte ihn zu einer Endlosschleife kopiert, sodass wir ihn immer wieder hörten – so laut, dass die elektronischen Bässe hundertfach von den Höhlenwänden auf uns zurückgeworfen wurden. Es war eine andere Stimmung als vor ein paar Nächten am Strand, eine ganz andere. Vielleicht lag es am Ort, der Dunkelheit, dem Eingeschlossensein in

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