Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
Vom Netzwerk:
–auf die Wände und an die Decke –, und es war klar, dass sich diese Worte nicht an uns richten sollten.
    »Was ist mit den anderen?«, hakte Milky wieder nach. »Joker und Darling – die hast du nicht mehr gesehen?«
    »Spreche ich undeutlich?« Solo fuhr hoch und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Seine Augen funkelten und ich zuckte zusammen. Diese Wut passte so gar nicht zu ihm. Oder vielleicht doch? Plötzlich musste ich wieder an unsere Begegnung in der Kapelle denken – und an die Nacht im Meer. Das fiebrige Flackern in seinen Augen. Auch das war ein Teil von ihm gewesen.
    »Ich habe gesagt, ich war allein , als ich aufgewacht bin«, fuhr er Milky an. »Und es war ein verdammt mieses Erwachen, wenn ihr euch das vielleicht vorstellen könnt.« Er hustete und presste die Fäuste gegen die Schläfen, als ob ihn stärker denn je die Kopfschmerzen quälten.
    Einen langen Moment herrschte Schweigen, dann stand Solo auf. »Meine Berimbau«, sagte er und wandte sich zur Tür. »Meine Berimbau ist in der Höhle geblieben.« Aus seiner Stimme war jegliche Aggressivität verschwunden und hatte einer Erschöpfung Platz gemacht, die fast noch schlimmer für mich war. »Ich geh sie holen. Und dann geh ich die anderen suchen. Kommt ihr mit?«
    Wir gingen mit ihm – natürlich taten wir das.
    Fünf Windlichter standen noch im Regal des Haupthauses, Milky nahm zwei, wir anderen jeder eins. Elfe weinte während des ganzen Weges und vor der Höhle hatte sie sich in ein wildes Schluchzen hineingesteigert. Milky bot an, mit ihr vor dem Eingang zu warten, aber Elfe wollte mit und diesmal begleitete uns auch Mephisto. Hechelnd lief er uns durch die Düsternis des Tunnels voraus. Ich war ganz still und mein Atem ging flach, in leisen, schnellen Stößen jagte er durch meine Brust. Ich weiß im Nachhinein selbst nicht, warum ich – ja, warum eigentlich wir alle – schon da solche Angst hatte. Wir wurden überwacht, was konnte uns passieren? Vielleicht hatten sich Joker und Darling irgendwo versteckt und knutschten oder trieben sonst etwas und vielleicht hatte auch einer von ihnen den anderen am Handgelenk gefasst und zum Versteck gezogen und lungerte jetzt auf der Insel herum, um diesem verfluchten Spiel von Tempelhoff eine neue Spannung zu geben. Das konnte doch sein, diese Vorstellung ergab durchaus einen Sinn – vor allem Joker hätte man ein solches Verhalten zutrauen können. Und vielleicht war es ja auch so, dachte ich verzweifelt – ja, sicher: So musste es sein. Trotzdem hörte dieses innere Beben nicht auf, im Gegenteil, es verstärkte sich von Minute zu Minute und ich fühlte, dass es den anderen genauso erging.
    Keuchend gelangten wir in die Mitte der Höhle.
    Alphas Ghettoblaster war ebenfalls zurückgeblieben, er stand noch in der Mitte des Steinkreises. Die Scherben am Boden waren von Jokers Shisha und daneben rollte sich das Mundstück wie eine Schlange am Boden zusammen. Ein Stück weiter lag die Magnumflasche, der Deckel war offen und davor hatte sich eine kleine Lache gebildet. Noch immer schwebte ein Hauch von Alkohol in der Luft und ich merkte, wie die Übelkeit in mir aufstieg. Elfe war ganz still und hielt sich dicht an Milkys Seite, der im Schatten des Windlichtes leichenblass aussah.
    Von Darling und Joker war nichts zu sehen. Solo ging zur hinteren Höhlenwand, wo er seine Berimbau zurückgelassen hatte. Von einem der Stalaktiten tropfte Wasser herab, mit einem hellen Platschen landete es in dem Wassertümpel. Elfe stöhnte auf. »Ich will hier raus«, drängte sie.
    Wir wollten gerade umkehren, als der Schein meines Windlichtes auf eine Vertiefung in der Felswand fiel.
    Es war eine Nische, die zwei, vielleicht drei Meter in die steinerne Wand hineinführte, und als ich mein Windlicht ins Innere hielt, sah ich am Boden einen dunklen, nassen Fleck, neben dem etwas Helles schimmerte. Das helle Ding war ein Stück Stoff, kaum größer als ein Taschentuch. Aber es war kein Taschentuch. Es war ein Fetzen, ein seidiger cremefarbener Stofffetzen. Noch bevor ich ihn in die Hand nahm, erkannte ich, dass er zu Darlings Kleid gehörte.
    Und der nasse Fleck am Boden war kein Wasser, sondern Blut.

Sechzehn
    »WIR DÜRFEN uns nicht verrückt machen!«
    Alpha kniff die Augen zusammen und rieb sich mit einer fast gewaltsamen Handbewegung die Stirn. In der anderen Hand hielt er den cremefarbenen Stoff von Darlings Kleid. Der Wind zog und zerrte daran, als wollten höhere Mächte den Stoff an sich

Weitere Kostenlose Bücher