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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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heftig vom Handgelenk, dass die bunten Dinger in alle Himmelsrichtungen schossen. Dann hielt sie Milky das Handgelenk hin, ihre nasse Hand zur Faust geballt. »Da!«, schrie sie ihn an. »Da, nimm mich. Ich bin die Nächste. Führ mich ins Versteck, dann werde ich vielleicht dort abgeholt. Komm schon, komm und bring mich von hier weg!«
    Milky schüttelte kraftlos mit dem Kopf. Die Luft wurde immer kälter und der Himmel dunkler. Plötzlich musste ich an Joker denken, an das, was ich beim Tanzen in der Höhle gesehen hatte. Wie er sich Darling genähert und sie an der Schulter herumgerissen hatte.
    »Und wenn es Joker war?«, flüsterte ich. »Und wenn Joker Darling etwas … «
    Solo legte seine Hand auf meinen Arm. Dann stand er auf und Mephisto tat es ihm gleich. Schwanzwedelnd stand der schwarze Labrador neben ihm, der Wind fuhr durch sein Fell, die Zunge hing ihm zum Maul heraus.
    »Wir werden überwacht, Leute«, sagte Solo in einem seltsam bestimmten Ton. »Wenn irgendetwas aus dem Ruder laufen sollte, dann würde mein … dann würde Tempelhoff eingreifen. Okay?« Er fixierte mich. »Lasst uns zurückgehen.« Seine Stimme klang ruhig. »Kommt. Wir gehen zum Haus und du zeigst uns das Versteck, Milky. Okay?«
    »Okay.« Milky erhob sich wie mit letzter Kraft. Wir kletterten über die Felsen zurück, und gerade als wir an dem Höhleneingang vorbeigehen wollten, pfiff Alpha plötzlich durch die Zähne.
    »Der zweite Gang«, sagte er. »Erinnert ihr euch? Als wir gestern in die Höhle kamen, da gab es doch diesen zweiten Gang. Dort haben wir noch nicht nachgesehen.«
    Zögernd musterten wir einander. Die Dunkelheit näherte sich mit Riesenschritten, aber unser Drang, die Ungewissheit zu besiegen, war größer als unsere Angst. Sogar Elfe nickte.
    Wieder lief Mephisto voran, und als wir nach der Abzweigung in den zweiten Gang eintauchten, rauschte das Blut in meinen Ohren. Meine nassen Sachen klebten an meinem Körper, aber jetzt war mir heiß und ich rang die ganze Zeit nach Luft. Der Gang war relativ hoch und so breit, dass wir zu dritt nebeneinanderher laufen konnten. Solo hatte irgendwann nach meiner Hand gegriffen, eine Geste, die mir plötzlich völlig selbstverständlich vorkam. Die Zweifel über sein rätselhaftes Verhalten, die mich bis vor Kurzem noch so geplagt hatten, waren verschwunden. Solos Hand zu halten, ihm endlich nah zu sein, war das Einzige, was jetzt einen Sinn ergab – in all diesem Chaos. Aber genießen konnte ich es nicht. Ich war halb verrückt vor Angst.
    Milky und Elfe liefen dicht hinter uns. Dem immer näher kommenden Rauschen des Meeres nach zu urteilen, schien der Gang zurück ans Ufer zu führen. Er neigte sich aufwärts, wesentlich steiler als der Gang, den wir zur großen Höhle genommen hatten, und irgendwann fiel rechts vor uns ein diffuser Lichtstrahl auf den Felsenboden. Ich konnte das Meer riechen, ein kühler, salziger Geruch, und dann spürte ich den Wind auf meiner Haut.
    In dem Gang klaffte ein Spalt. Wie ein großes V sah er aus. Ein V? Plötzlich fiel mir ein, dass ich diesen Spalt schon einmal gesehen hatte – an dem Tag, als Moon ihre Schildkröte begraben hatte. Ich hatte von dem kleinen Friedhof bei der Kapelle zu ihm hinaufgestarrt.
    »Die Bucht«, murmelte Solo, der sich vor das V gestellt hatte und sich mit den Händen an der Felswand festhielt. Hinter ihm hockte Mephisto und lugte durch die Beine seines Herren ebenfalls nach draußen. »Von hier aus sieht man auch die Bucht mit den Felsen.« Solo drehte den Kopf zu uns. »Wollt ihr mal?«
    Milky schüttelte entsetzt den Kopf und wich einen Schritt zurück. »Ich hab Höhenangst, Mann. Pass auf, dass du da nicht runterfliegst!«
    »Ich will«, sagte Alpha und zog an meinem Arm, aber ich war schon neben Solo getreten und beugte mich durch den Spalt nach draußen. Solo hielt mich fest an den Schultern und hinter mir hörte ich Mephistos Hecheln. Der Wind blies mir den Regen ins Gesicht und ich sog gierig die salzige Luft ein, während ich auf die Felsküste hinabschaute. Gut vier Meter unter uns lag sie und die sichelförmige, von den schroffen Felsen umrahmte Bucht war jetzt vollständig von der Flut überspült. Auch die Kapelle konnte man von hier aus erkennen und die Begegnung mit Solo schoss mir wieder durch den Kopf. Es kam mir vor, als wäre es eine Ewigkeit her. Solos Hände umschlossen meine Schultern noch fester und ich fragte mich, ob er dasselbe dachte wie ich. Ein Vogel krächzte, ein einzelner

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