Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
ansteigende Gelände ab.
„Ach, direkt unter uns“ , entgegnete Ellana und wischte sich die Tränen aus den Augen.
„ Und wo ist der Eingang?“
„Es gibt viele Eingänge“, antwortete das Niwi-Mädchen. „Das ist sicherer.“
Unvermittelt sprang sie auf .
„Mama!“, schrie sie und rannte auf einen mannshohen Felsbrocken zu.
Als Aaniya genauer hinblickte, entdeckte sie trotz der hereingebrochenen Dunkelheit mehrere erdfarbene Haarschöpfe, die hinter dem grauen Gestein hervorlugten.
„Mama, hier sind zwei Kleinmenschen! Wirklich! Sie haben mich vor den Groglas gerettet“, rief Ellana aufgeregt durch den nächtlichen Wald, dann verschwand das kleine Mädchen hinter dem Felsen.
Aaniya warf Goran einen belustigten Blick zu. Im nächsten Augenblick aber wuselte es vor ihren Augen. Zehn, zwanzig oder mehr Niwis kamen aus ihrem Versteck gehüpft und beäugten sie und Goran neugierig. Alle sahen irgendwie gleich aus. Großer Kopf, braune Locken. Sie schienen Rot zu lieben, denn alle hatten rote Hosen an. Die Hemden waren jedoch unterschiedlich: entweder weiß, gelb oder grün.
Jetzt trat eines dieser kindhaften Wesen, die Aaniya und Goran allesamt nur bis zur Hüfte reichten, vor sie hin. Er trug einen kleinen Bart am Kinn. Mit einer glockenähnlichen Stimme, die Aaniya ein wenig an ihren kleinen Bruder Ben erinnerte, sagte der Niwi-Mann: „Willkommen, willkommen, ihr lieben Kleinmenschen. Unser Dank ist unermesslich. Ihr habt meine Tochter gerettet. Nie werden wir euch das vergessen. Ihr müsst mit uns feiern. Ich heiße übrigens Tedolin.“
„Ähm, vielen Dank , Tedolin“, murmelte Aaniya, während sie verdutzt die Niwis betrachtete, die soeben begannen, um sie herum zu tanzen.
„Vielleicht wäre es besser, wenn ihr etwas leiser wärt“, meinte Goran zu Tedolin.
„Ja, ja. Ihr habt recht. Kommt mit in unsere Höhle“, entgegnete Ellanas Vater, nahm Aaniya und Goran an den Händen, zog sie hinüber zu dem großen Felsgestein und hinein in einen von außen klein anmutenden Spalt. Doch als Aaniya, Goran und Tedolin ein paar Schritte in absoluter Finsternis vorwärts gemacht hatten, weitete sich der Spalt zu einem sogar für Kleinmenschen recht passablen Gang. Aaniya erspähte in der Ferne einen flackernden Lichtschein, der bis zu ihnen vordrang. Staunend musterte sie die glatten Erdwände um sich herum und auch die vielen, vielen Wurzeln, die von der Decke herab auf den ausgetretenen Boden hingen. Die Luft, die sie einatmete, war feucht und kalt.
Tedolin geleitete Aaniya und Goran weiter in den Berg hinein. Hinter ihnen folgten die anderen Niwis, die fröhlich vor sich hin sangen und ab und zu ausgelassene Jauchzer ausstießen. Bald schon steckten in weiten Abständen hell leuchtende Fackeln in den Höhlenwänden. Ihre Flammen wehten in einem leichten Zugwind und knisterten munter vor sich hin. Nach wohl zehn Minuten änderte sich die Richtung des Ganges, der jetzt nicht mehr durch steinige Erde, sondern durch grauen Fels führte. Die Fackeln waren nun mit eisernen Halterungen an den Wänden angebracht.
Wieder vergingen zehn Minuten, da plötzlich standen Aaniya und Goran am Rand einer riesigen, unterirdischen Halle. Wie verzaubert ließ Aaniya ihren Blick umher schweifen. Unzählige edelsteinverzierte Säulen trugen die gewölbte, hohe Decke und polierte, bunte Steinscheiben bildeten mosaikartig aneinander gelegt einen prächtigen Fußboden. An den von großen Kerzen beleuchteten Wänden führten an die hundert Gänge anscheinend noch tiefer in den Berg hinein.
„Hier wohnen wir. Das Volk der Niwis “, sagte Tedolin stolz. „Die Öffnungen, die ihr da rings um die Halle der Gemeinschaft im Felsen eingearbeitet seht, führen zu unseren Schlafräumen.“
Als Tedolin Aaniya und Goran weiter in die Mitte der Halle führte, bemerkte Aaniya die vielen Tische und Bänke im hinteren Abschnitt. Es sah danach aus, als wäre vor kurzem hier gefeiert worden. Halbvolle Teller und Becher standen überall herum.
„Wir haben die Hochzeitsfeier meiner Tochter Ibina unterbrochen, weil Ellana verschwunden war“, erklärte Tedolin. „Doch jetzt können wir das Fest zum Glück fortsetzen.“ Er trat zu einer riesigen, goldglänzenden Schale, die im Zentrum des Raumes auf einem Podest aus reinem Bergkristall thronte, und verpasste ihr mit einem Holzklöppel einen leichten Schlag. Der Gong, der nun ertönte, schien anzuwachsen und anzuwachsen. Die gesamte Halle war von dem kräftigen, aber doch angenehmen
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