Ist Gott ein Mathematiker
Atomuhren an Genauigkeit übertreffen, und (2) Pulsare sind so dicht, dass ihre Gravitationsfelder sehr stark sind und demzufolge messbare relativistische Erscheinungen zeigen. Diese Eigenschaften ermöglichen es den Astronomen, sehr präzise jene Veränderungen der Zeitspanne, in der das Licht der beiden Pulsare die Erde erreicht, zu messen, diedurch ihre Bewegung in ihrem gegenseitigen Schwerefeld bedingt sind.
Abbildung 60
Der jüngste Test war das Ergebnis von Präzisionszeitbeobachtungen über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren an einem Doppelpulsarsystem namens PSR J0737-3039A/B (die lange «Telefonnummer» bezeichnet die Himmelskoordinaten des Systems). Die beiden Pulsare in diesem System absolvieren einen vollständigen Umlauf in nur zwei Stunden und siebenunddreißig Minuten, und das Ganze spielt sich ungefähr zweitausend Lichtjahre von der Erde entfernt ab (ein Lichtjahr entspricht der Distanz, die Licht in einem Jahr im Vakuum zurücklegt, es sind dies ungefähr 9,5 Billionen Kilometer). Eine Gruppe von Astronomen unter Leitung von Michael Kramer vonder University of Manchester hat sich die nach der allgemeinen Relativitätstheorie zu erwartenden Korrekturen an den Newton’schen Vorhersagen vorgenommen. Die im Oktober 2006 publizierten Ergebnisse stimmten mit den Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie mit einer Ungenauigkeit von nur 0,05 Prozent überein!
Übrigens spielen sowohl die spezielle als auch die allgemeine Relativitätstheorie eine wichtige Rolle für das Globale Positionierungssystem (GPS), das uns hilft, unseren Standort auf der Erde zu bestimmen und zu Fuß, mit dem Auto oder per Flugzeug den Weg von einem Ort zum anderen zu finden. Das GPS bestimmt die gegenwärtige Position des Empfängers, indem es die Zeit misst, die ein entsprechendes Signal von verschiedenen Satelliten benötigt, um das Gerät zu erreichen, und diese dann per Triangulation zu den bekannten Positionen der Satelliten in Bezug setzt. Die spezielle Relativitätstheorie sagt voraus, dass eine Atomuhr an Bord der Satelliten aufgrund der Bewegung derselben langsamer ticken (Tag für Tag ein paar millionstel einer Sekunde verlieren) sollte als eine auf der Erde. Gleichzeitig sagt die allgemeine Relativitätstheorie voraus, dass die Satellitenuhr um ein paar zehntelmillionstel rascher gehen sollte als jene auf dem Erdboden, weil weit oberhalb der Erdoberfläche die durch die Erdmasse bedingte Krümmung der Raumzeit geringer ist. Ohne die notwendigen Korrekturen für diese beiden Effekte würden sich Fehler im Bereich von mehr als zehn Kilometern täglich addieren.
Die Gravitationstheorie ist nur eines von vielen Beispielen für die unbegreifliche Erklärungsmacht der Mathematik und ihre erstaunliche Genauigkeit bei der Formulierung von Naturgesetzen. In diesem wie in vielen anderen Fällen ist das, was wir aus den Gleichungen herausbekommen, weit mehr als das, was wir ursprünglich hineingesteckt haben. Die bislang bewiesene Genauigkeit sowohl der Newton’schen als auch der Einstein’schen Theorien übertrifft die Genauigkeit der Beobachtungen, die diese Theorien zu erklären suchen, um ein Vielfaches.
Das vielleicht beste Beispiel für die verblüffende Genauigkeit, die eine mathematische Theorie erreichen kann, ist die sogenannte
Quantenelektrodynamik
(QED), eine Theorie, die alle Phänomene von elektrisch geladenen Teilchen und Licht beschreibt. Im Jahr 2006bestimmte eine Gruppe Physiker an der Harvard University das Magnetmoment des Elektrons (ein Maß dafür, wie stark das Elektron mit einem Magnetfeld wechselwirkt) auf acht Teile von einer Milliarde genau. Das ist für sich genommen bereits eine unglaubliche experimentelle Leistung. Wenn Sie aber nun noch die Tatsache hinzunehmen, dass die jüngsten theoretischen Berechnungen auf der Grundlage der Quantenelektrodynamik eine ähnliche Genauigkeit erreichen und beide Ergebnisse übereinstimmen, wird die Präzision nahezu unglaublich. Angesichts des stetig wachsenden Erfolgs der Quantenelektrodynamik erklärte einer ihrer Mitbegründer, der Physiker Freeman Dyson: «Ich kann nur staunen, wie genau die Natur nach der Melodie tanzt, die wir da vor siebenundfünfzig Jahren so sorglos aufs Papier gekritzelt haben, und darüber, dass die Experimentatoren und Theoretiker ihren Tanz auf einen Teil pro Milliarde genau messen und berechnen können.»
Doch Genauigkeit ist nicht der einzige Ruhm, den mathematische Theorien für sich beanspruchen können –
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