Ist Gott ein Mathematiker
für Gottes ordnende Hand: «Das Licht der Fixsterne ist von
derselben Natur
[Kursivierung von mir] wie das der Sonne, und alle Systeme senden einander ihr Licht zu. Ferner sieht man, dass derjenige, welcher diese Welt eingerichtet hat, die Fixsterne in ungeheure Entfernungen von einander gestellt hat, damit diese Kugeln nicht, vermöge ihrer Schwerkraft, auf einander fallen.»
In seiner
Optik
erklärte Newton deutlich, er glaube nicht, dass die Gesetze der Natur allein hinreichten, die Existenz des Universums zu erklären – Gott sei der Schöpfer und Erhalter all der Atome, die die kosmische Materie ausmachten: «Mit Hilfe dieser Prinzipien scheinen nun alle materiellen Dinge aus den erwähnten harten und festen Theilchen zusammengesetzt und bei der Schöpfung nach dem Plane eines intelligenten Wesens verschiedentlich angeordnet zu sein; denn ihm, der sie schuf, ziemte es auch, sie zu ordnen. Und wenn er dies gethan hat, so ist es unphilosophisch, nach einem anderen Ursprunge der Welt zu suchen oder zu behaupten, sie sei durch die bloßen Naturgesetze aus einem Chaos entstanden, wenn sie auch, einmal gebildet, nach diesem Gesetze lange Zeit fortbestehen kann.» Mit anderen Worten: Für Newton war Gott (neben anderen Dingen) Mathematiker, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern im wahrsten Sinne des Wortes – der Schöpfergott hatte eine physikalische Welt entstehen lassen, die mathematischen Gesetzen gehorchte.
Dem weit stärker als Newton philosophisch orientierten Descartes war es immer ein ungeheures Anliegen gewesen, die ExistenzGottes zu beweisen. Für ihn führte die Straße von der Gewissheit betreffs der eigenen Existenz («Ich denke, also bin ich») hin zu unserer Fähigkeit, ein so komplexes Gebilde wie das der objektiven Wissenschaft zu weben, geradewegs über den Beweis der Unanfechtbarkeit der Existenz eines vollkommenen Gottes. Dieser Gott, so sein Argument, ist der Urquell aller Wahrheit und der einzige Garant der Verlässlichkeit menschlicher Beweisführung. Dieses verdächtig nach einem Zirkelschluss aussehende Argument (das tatsächlich manchmal als kartesischer Zirkel bezeichnet wird) wurde schon zu Descartes’ Lebzeiten kritisiert, vor allem von dem französischen Philosophen, Theologen und Mathematiker Antoine Arnauld (1612–1694). Arnauld stellte eine Frage, die in ihrer Einfachheit bestechend ist: Wenn wir Gottes Existenz beweisen müssen, um die Gültigkeit des menschlichen Denkprozesses zu garantieren, wie können wir dann diesem Beweis trauen, da er doch selbst ein Produkt des menschlichen Geistes ist? Zwar unternahm Descartes ein paar verzweifelte Versuche, der Zirkellogik seiner Argumentation zu entkommen, doch viele der Philosophen, die ihm dabei folgten, fanden seine Bemühungen nicht besonders überzeugend. Descartes’ «zusätzlicher Beweis» für die Existenz Gottes war nicht minder fragwürdig. Er fällt unter die philosophische Kategorie
ontologischer Gottesbeweis.
Der Philosoph und Theologe Anselm von Canterbury (1033–1109) hat im Jahr 1078 diese Art von Beweisführung als Erster formuliert. Das logische Konstrukt liest sich ungefähr folgendermaßen: Per definitionem ist Gott so vollkommen, dass er das höchste vorstellbare Wesen («das, worüber nichts Größeres gedacht werden kann») ist. Existierte Gott nicht, wäre es möglich, sich ein noch höheres Wesen zu denken – eines, das mit allen Vollkommenheiten Gottes ausgestattet ist und neben diesem existiert. Das aber widerspräche der Definition Gottes als höchstem denkbaren Wesen – also muss Gott existieren. Mit den Worten Descartes’: «Sieht man aber genauer zu, so zeigt sich klar, dass die Existenz Gottes ebensowenig von seinem Wesen trennbar ist wie vom Wesen des Dreiecks die Größe seiner Winkelsumme, die zwei rechte beträgt, oder von der Vorstellung des Berges die Vorstellung eines Tals.»
Diese Sorte von logischem Manöver überzeugt viele Philosophen nicht, und sie halten dem entgegen, dass, um etwas zu beweisen,was in der physikalischen Welt von Einfluss ist, namentlich etwas so Großes wie Gott, Logik allein nicht hinreiche.
Befremdlicherweise hat man ausgerechnet Descartes beschuldigt, dem Atheismus Vorschub zu leisten, und 1667 wurden seine Bücher auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt. Ein einigermaßen bizarrer Schritt im Lichte des Umstands, dass Descartes stets auf der Existenz Gottes als höchstem Garanten der Wahrheit bestanden hat.
Die rein philosophischen Fragen einmal
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