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Ist Gott ein Mathematiker

Ist Gott ein Mathematiker

Titel: Ist Gott ein Mathematiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Livio
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wieviel leichter diese als jene Krankheit …. den Menschen zugrunde richtet, um daraus eine Vermuthung über das Leben und Sterben künftiger Geschlechter abzuleiten?
    Nachdem er zu dem Schluss gekommen war, dass «[d]iese und ähnliche Dinge von ganz verborgenen Ursachen abhängen, welche überdies noch durch die unendliche Mannigfaltigkeit ihres Zusammenwirkens unsere Erkenntnis beständig täuschen», schlug auch er einen statistischen/wahrscheinlichkeitstheoretischen Ansatz vor:
    Aber ein anderer Weg steht uns hier offen, um das Gesuchte zu finden und das, was wir
a priori
nicht bestimmen können, wenigstens
a posteriori,
d.h. aus dem Erfolge, welcher bei ähnlichen Beispielen in zahlreichen Fällen beobachtet wurde, zu ermitteln. Dabei muss angenommen werden, dass jedes einzelne Ereignis in ebenso vielen Fällen eintreten oder nicht eintreten kann, als vorher bei einem gleichen Stande der Dinge beobachtet wurde, dass es eingetreten oder nicht eingetreten ist. Denn z.B. wenn man beobachtet hat, dass von 300 Menschen von dem Alter und der Constitution des Titius 200vor Ablauf von 10 Jahren gestorben sind, die übrigen aber länger gelebt haben, so kann man mit hinreichender Sicherheit folgern, dass es doppelt so viele Fälle giebt, in welchen auch Titius innerhalb des nächsten Decenniums der Natur den schuldigen Tribut leisten muss, als Fälle, in welchen er diesen Zeitpunkt überleben kann.
    Halley ließ seinen mathematischen Betrachtungen zur Mortalität eine interessante Anmerkung folgen, die sich durch eher philosophische Untertöne auszeichnet. Eine Passage daraus ist besonders anrührend:
    Neben den Verwendungen, die ich im Vorhergehenden erwähnt habe, ist es vielleicht nicht ganz und gar unannehmbar aus eben denselben Tafeln herauszulesen, wie ungerechtfertigt es ist, wenn wir über die kurze Dauer unseres Lebens murren und uns schlecht behandelt fühlen, so wir kein hohes Alter erreichen, wo doch aus diesen hervorgeht, dass die Hälfte derer, die da geboren werden, binnen siebzehn Jahren tot sind, 1238 wurden in dieser Zeitspanne zu 616. Statt also zu beklagen, was wir einen zu frühen Tod nennen, sollten wir uns mit Geduld und Unbekümmertheit jenem Verfall hingeben, der die notwendige Begleiterscheinung unserer vergänglichen Lebenssubstanzen und unserer zarten und zerbrechlichen Struktur und Beschaffenheit ist: Und es als Segen erachten, dass wir, vielleicht um viele Jahre, eine Lebensspanne hinter uns gelassen haben, die die Hälfte der gesamten Menschheit niemals erreichen durfte.
    Obschon die Situation in großen Teilen der modernen Welt sich gegenüber Halleys traurigen Statistiken deutlich verbessert hat, so gilt dies unglückseligerweise nicht für alle Länder. In Sambia wurde die Sterblichkeit für Kinder im Alter von fünf Jahren und darunter im Jahre 2006 auf herzzerreißende 182 von 1000 Lebendgeburten geschätzt. Die Lebenserwartung dort liegt bei erschütternden siebenunddreißig Jahren.
    Nun befassen sich Statistiken allerdings nicht immer und überall nur mit Tod und Sterben. Sie durchleuchten jeden Aspekt menschlichen Lebens, von rein physischen Merkmalen bis hin zu intellektuellen Leistungen. Einer der Ersten, die die Macht der Statistik für das Formulieren von «Gesetzen» auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften erkannten, war der belgische Universalgelehrte Lambert-Adolphe-Jacques Quetelet (1796–1874). Mehr als jeder andere zeichnet er fürdie Einführung des statistischen Begriffs vom «mittleren Menschen» verantwortlich, dem, was wir heute vielleicht als «Durchschnittsbürger» oder «Otto Normalverbraucher» bezeichnen würden.
Der mittlere Mensch
    Adolphe Quetelet wurde am 22. Februar 1796 in der alten belgischen Stadt Gent geboren. Sein Vater, ein städtischer Beamter, starb, als Adolphe sieben Jahre alt war. Solchermaßen gezwungen, sich früh im Leben seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen, begann Quetelet bereits im Alter von siebzehn Jahren, Mathematik zu unterrichten. Wenn er nicht als Lehrer im Einsatz war, schrieb er Gedichte, verfasste das Libretto für eine Oper, beteiligte sich an der Abfassung zweier Dramen und übersetzte einige literarische Werke. Dessen ungeachtet blieb sein Lieblingsthema die Mathematik, und er war der Erste, der die Universität Gent mit einem Abschluss als Doktor der Naturwissenschaften verließ. Im Jahr 1820 wurde Quetelet zum Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Brüssel gewählt, und binnen kurzem mauserte

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