Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Moscheekomplexe liegenden Grundschulen. Ebenso leicht erreichbar wie zu übersehen ist die Knabenschule der Bâyezîd-Stiftung am Rande des Türbengartens der Moschee, nicht weit von einem der Haupteingängedes Überdachten Basars (Kapalı Çarşı). Es ist ein verhältnismäßig großer Bau, unter dessen zwei Kuppeln sich ein offener Unterrichtsraum für den Sommer und eine beheizbare Klasse befinden. Die Stiftungsurkunde sah die «Unterrichtung von 30 Knäblein» vor. Später wurde der Bau für die Bibliothek des Hakkı Tarik Us (1889–1956) genutzt, eine wertvolle Sammlung mit hochseltenen osmanischen Periodika, die man inzwischen online nutzen kann.
In den von Mimâr Sinân gebauten Moscheekomplexen in Istanbul sind öfters
Mektebs
einbezogen. Sie haben sich alle erhalten und sollen hier wenigstens aufgezählt werden; Hasekî Hürrem (1539/40), Sultân Süleymân I. (1552–3), Şehzâde Mehmed (1543–1548), Sokullu Mehmed Pascha (1568) und Vâlide Sultan in Toptaşı/Üsküdar (vor 1579). Auch spätere Sultane haben Grundschulen gestiftet. Wenn man den Hof der Aya Sofya betritt und sich sofort nach links wendet, stößt man auf die Schule Mahmûds I. (1742). Bei der Sultan Ahmed-Moschee ist eine der jüngsten «klassischen»
Mektebs
.
Ein kennzeichnendes Beispiel für die von Paschas gestifteten
Mektebs
ist die des 1702 verstorbenen Staatsmanns Amucazâde Hüseyin Pascha (seine Ufervilla am Bosporus ist übrigens das älteste erhaltene Beispiel dieser Wohnform). Sie ist in seiner «Külliye» in Sarraçhâne in zwei Kuppelräumen (6,40 × 6,40 m) des Obergeschosses untergebracht. Sie hatten einen separaten Eingang neben dem Tor zum Innenhof, der von den L-förmig angelegten Zellen der Medrese und der Türbe des Paschas gebildet wird. Die Anlage hatte in den Brandkatastrophen und Erdbeben des 18. und 19. Jahrhunderts erheblich gelitten. Nach ihrer Restaurierung dient sie als Museum für Inschriften und als Depot der Stiftungsverwaltung.
Im 18. Jahrhundert entstanden verhältnismäßig viele neue
Mektebs
, nicht zuletzt wegen der häufigen Flächenbrände, ausnahmslos in Stein. Gegenüber der Provinzverwaltung (
Valilik
), d.h. der einstigen Hohen Pforte, und unterhalb des iranischen Generalkonsulats befindet sich die Schule eines Yûsuf Agâh Efendi (also nicht Ağa! wie eine Tafel am Gebäude schreibt). Er hatte in der Finanzverwaltung Karriere gemacht und ist in die osmanische Geschichte als Gesandter in London eingegangen. Als er die Schule stiftete, war er Aufseher des Marinearsenals. Der Bau datiert angeblich 1771–1773. Wegen seines vorspringenden Obergeschosses und dem typischen «Igelfries» bildet er zwischen den schauderhaften Neubauten der Ankara Caddesi eine wehmütige Reminiszenz. Im Untergeschoss, das heute vom Erziehungsministerium als Bücherlager genutzt wird, soll sich ein
Muvakkithâne
befunden haben.
Am Atatürk Bulvarı liegt die sogenannte Şebsafa Kadın Camii in der Umgebung eines aus mehreren Betonterrassen angelegten Geschäftszentrums aus den siebziger Jahren. Die Moschee und ihre Nebenbauten wurden teilweise bei der Anlage des Boulevards nach Osten versetzt. Die Stifterin der Moschee, Şebisafâ Sultân (gest. 1805), war die sechste Frau Abdülhamîds I. Das Schulgebäude mit einem einfachen Wölbdach ist leicht zu erkennen, wenn man den Atatürk Bulvarı nach Unkapanı zur Brücke hinunterfährt. Auch diese Schule hat ihre Unterrichtsräume im Obergeschoss, was durch die heutige Lage nicht mehr unmittelbar einleuchtet. In der Stiftungsurkunde wird unter anderem festgelegt:
Ein Kalligraph mit schöner Schrift (!) soll täglich 25
Akçe
erhalten, ein (weiterer) Schreibmeister
(meşk hocası
, d. i. eine Art Repetitor), der zweimal in der Woche verpflichtet ist, fünfzehn
Akçe …
Die in dieser illustren Schule eingeschriebenen Knaben und Mädchen erhalten (jährlich) einen Fes bzw. einen zugeschnittenen Rock, einen Leibgürtel, eine bis zum Knie reichende Unterhose sowie Schuhe … Als «Sandalengeld» bekommen sie 200
Para
, der Lehrer erhält zwanzig
Kuruş
«Sitzkissengeld».
Die Anfänge des staatlichen Schulwesens
Rüşdiyes
waren weiterführende Anstalten der ersten Sekundarstufe, die wie die neuen Grundschulen vom Typ
İbtidaî
seit 1839 unter staatlicher Aufsicht standen. Ihre Schüler erhielten Stipendien, wobei man erwartete, dass sie ihren Bildungsgang an höheren staatlichen Anstalten wie der Medizinschule oder der Kriegsakademie fortsetzten.
Der Verfasser einer
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