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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Kocamustafapaşa gelegen.
    Da die neuen Herrscher bald keine Belagerung durch fremde Heere oder Flotten mehr zu befürchten hatten, waren sie nicht auf Zisternen angewiesen, sondern konnten sich unverzüglich an den Ausbau des alten Wasserleitungsnetzes machen, das aus den Quellen des thrakischen Vorlands gespeist wurde und zu dem aus dem 4. Jahrhundert stammenden Valens-Aquädukt führte. Das rasante Bevölkerungswachstum des 16. Jahrhunderts wäre ohne Süleymâns I. Verbesserungen der Wasserversorgung schwer vorstellbar. Das Wasser der von dem Baumeister Sinân geplanten Leitungen kam aus dem Einzugsgebiet der Kırkçeşme («Vierzig-Quellen»). Das System versorgte Istanbul mit maximal 17.413 m 3 Wasser am Tag, durch unzureichende Wartung ist seine Leistung auf etwa 12.000 m 3 abgesunken.
    Nach den süleymanischen Baumaßnahmen wurden im 18. Jahrhundert mehrere, sehenswerte Staubecken (
bent
) wie der Vâlide Bendi von 1797 im Norden der Stadt angelegt, die in dem Wasserverteiler (
taksîm
) oberhalb von Beyoğlu einmündeten. Die Moderne begann mit dem Bau der Druckwasserleitung, die den etwa 40 km von Istanbul entfernt liegenden Terkos-See anzapfte (1883). Bald wurde «Terkos» in der ganzenTürkei die Bezeichnung für «Fließendes Wasser, das aus der Wand kommt».
    Schematisch lässt sich das Wasserversorgungssystem der osmanischen Epoche in den folgenden fünf Abschnitten darstellen:

    Die Verteilung des Wassers erfolgte nach einem ausgeklügelten System, das auf die Bedürfnisse der Anwohner und der frommen Stiftungen Rücksicht nehmen musste. Nur große Paläste, wie der des Sokullu Mehmed Pascha, hatten fließendes Wasser in vielen Räumen bzw. den privaten Bädern.
    Die folgende Zusammenstellung zeigt, wie im Jahr 1584 ein Wasserstrang in unmittelbarer Nähe zum «Alten Serail», d.h. in der Gegend des heutigen Beyazit-Platzes, auf vier Abnehmer verteilt wurde. Die Wörter
masure
und
lüle
sind Maße für die Durchflussmenge. 1
masure
entsprach 4,5 l, 1
lüle
36 l in der Minute. Weiter unten kommt noch die Einheit
kamış
dazu (9 l/min). Von den genannten Gebäuden existiert das Bad Sultan Bâyezîd II. noch als eindrucksvolle Ruine neben dem Neubau der Universitätsbibliothek.
    [1] Regelmäßige Abgabe 1
masure
Wasser für das Palais des Ferhâd Pascha.
    [2] Gnädige Abgabe von 1
masure
an die Derwischerie des Hekîm Çelebi.
    [3] Zu den Bädern des seligen Sultan Bâyezîd – Gott möge das Grab seiner Majestät angenehm machen – wird im Winter, solange ausreichend Wasser vorhanden ist, eine
lüle
Wasser abgeführt. Im Sommer, wenn Wasser knapp ist, fließt nur eine ½ lüle.
    [4] Für ihre Hoheit Gevher Sultan (die Tochter Selîms II.) gibt es 1½
masures
.
Die Wasserversorgung des Topkapı Sarayı
    Die Wasserversorgung für die menschlichen, tierischen und pflanzlichen Bewohner des Topkapı Sarayı war seit Fâtihs Zeiten problematisch. Mit dem Umzug der Frauengemächer vom Alten zum Neuen Serail wurde die Frage immer dringender. Mustafâ Sâ’î, der «Ghostwriter» von Mimâr Sinâns Tatenbericht, erzählt unter der Überschrift «Darlegung des Baus eines Brunnens mit Wasserrad für den Garten des Padischahs» zunächst von einem innerstädtischen Ausflug Sultan Süleymân I.:
    Der verstorbene Sultan Süleymân Hân, Sohn des Selîm Hân, dem Gott gnädig sein und dem er verzeihen möge, besuchte eines Tages den paradiesgleichen Garten (seines Schatzmeisters) İskender Çelebî, welcher im Westen der Stadt Istanbul liegt. Gemeinsam kamen sie auch am Garten von (Süleymâns Tochter) Mihrimâh Sultan, der Gattin Rüstem Paschas, vorbei und betrachteten die Obst- und Blumenbeete.
    Der Sultan verglich diese Gärten mit denen in seinem eigenen Serail und wandte sich an den Obergartenmeister: «Warum kann mein Garten nicht wie jene Gärten blühend und herzerfreuend aussehen? Insbesondere (fügte er mokant hinzu) nachdem die (Gärten der) Diener (dieser meiner Hohen) Pforte nobler sind und das Ganze vergnüglicher und schöner wirkt!»
    Man erklärte dem Sultan, dass es seinem Serail an fließendem Wasser fehle, worauf der Süleymân nach der Rückkehr ins Serail auf eine hübsche Ecke des Gartens wies und das Gefolge instruierte:
    «Sie sollen mit dem Bau eines Wasserrads beginnen. Man möge den Architekten an diesen Ort bringen. Er soll sich das ansehen und entscheiden, ob es durchführbar ist.»
    Der herbeigerufene Sinân antwortete respektvoll:
    Mein glückseliger Padischah, Eurer Einfall ist

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