Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Beyoğlu nahm) konkurrierte, musste der Erwerb der notwendigen Grundstücke in aller Heimlichkeit vor sich gehen, um die Preise nicht in die Höhe zu treiben.
1911 erteilte die Regierung die Genehmigung zum Betrieb elektrischer Bahnen, was die Gründung von Elektrizitätswerken auf beiden Seiten des Bosporus nach sich zog. Die neuen Wagen nahmen mehr Passagiere auf als die der Pferdebahnen. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen mussten sie nicht an jeder Stelle Passagiere ein- und aussteigen lassen, sondern hatten feste Haltepunkte.
1966 traten die letzten Straßenbahnen ihre Fahrt ins Museumsdepot an. Nach einigen Jahrzehnten ohne Straßenbahnen kehrte man 1989 reuig zu diesem effektiven und kostenarmen Verkehrsmittel zurück. Von den alten Schienenfahrzeugen Istanbuls vermittelt die wieder eingerichtete «Nostalgie-Strecke» zwischen dem oberen
Tünel
-Ausgang und dem Taksim-Platz eine gute Vorstellung. Das in einem Depot am Rande Kadıköys eingerichtete Tramway-Museum dient heute nur noch als Feuerwehrhalle. Immerhin kann man die letzten Gleise noch erkennen.
Brücken
Die anatolischen und rumelischen Heerstraßen, die auf Istanbul zuführten, benutzen z.T. beachtliche, in osmanischer Zeit entstandene Brücken wie die «Lange Brücke» von Uzunköprü über die Meriç (Marica, unweit der heutigen Grenze zu Griechenland). Die von Sinân konstruierten Brücken über die beiden Buchten von Çekmece gehören heute zum Großraum Istanbul. Einen Abstecher wert ist die ca. 36 km westlich von der Altstadt entfernte Brücke von Büyük Çekmece, beiläufig: der einzige von Sinân «signierte» Bau (1567).
Die Aufgabe, das Goldene Horn zu überspannen, wollten schon unter Bâyezîd II. (1481–1512) Italiens berühmteste Architekten lösen, realisiert wurde sie erst im 19. Jahrhundert. 1836 wurde unter Mahmûd II. eine Pontonbrücke zwischen Unkapanı und Azapkapı eingeweiht. Sie war somit eine (von mehreren) Vorgängerinnen der Atatürk-Brücke (1940). 1872 hat man sie abgerissen und das Holzmaterial versteigert. Die erste «Galata-Brücke» zwischen Eminönü und Karaköy war eine Stiftung der Mutter von Sultan Abdülmecîd aus dem Jahr 1845. Man nannte sie im Unterschied zur oberhalb liegenden Brücke
Cisr-i Cedîd
(«Neue Brücke»). Die auf Pontons ruhende Holzbrücke hatte zwei bogenförmige Durchlässe für kleinere Schiffe.
Die Istanbuler durften sie an den ersten drei Tagen nach der Einweihung kostenlos benutzen, dann wurde ein Brückenzoll erhoben. Die Einrichtung dieser «Passagegebühr» (
mürûrîye
) bestand bis 1930. Anfangs nahm man von Fußgängern 5 Para, von Lastträgern 10, ein Pferd ohne Traglast kostete 20 Para. Am teuersten war ein beladener Wagen mit 200 Para. Eine Verordnung aus dem 19. Jahrhundert enthält eine Aufstellung von Personen, die von der
Mürûrîye
befreit waren. Hier werden alle möglichen militärischen Grade aufgezählt und auch die Feuerwehrleute samt Spritze (
tulumba
) nicht vergessen – falls sie zum Brandort eilten! Viele Passanten versuchten, den Kassierern zu entkommen, die ihnen dann regelrechte Verfolgungsjagden lieferten. Um den Verkehr zu beschleunigen, wurden ab 1912 Jetons geprägt, die man an eigenen Buden erwarb.
Als zum ersten Mal Straßenbahnen über die von der deutschen Firma MAN konstruierte vierte und vorläufig vorletzte Galata-Brücke fuhren (1912), war der Zusammenschluss der neuen Stadtteile mit dem alten Stambul vollzogen. Diese Brücke wurde mittlerweile im mittleren Abschnitt des Goldenen Horns auf der Höhe des Anlegers von Hasköy «geparkt».
III.
«Wir haben alles, was lebendig ist,
aus Wasser gemacht»
Als die Osmanen die Stadt in Besitz nahmen, fanden sie neben einer sehr großen Zahl unterirdischer Zisternen (von denen heute noch die Yerebatan und Binbirdirek touristische Attraktionen sind) auch drei riesige offene Wasserbecken vor, die insgesamt 900.000 m 3 fassen konnten, aber wohl schon damals nicht mehr in Gebrauch waren. Heutige Besucher der Gegend von Edirnekapı/Karagümrük wundern sich über das Fußballstadion des Traditionsvereins Vefa auf dem Grund der Aetios-Zisterne. Die sogenannte Aspar-Zisterne bei Sultan Selim wurde in jüngster Zeit in eine gepflegte Freizeitanlage für die Bewohner des Viertels verwandelt. In den vorausgehenden Jahrhunderten hatten sie als Gemüsegärten (
çukurbostan
) gedient, in denen Moscheen und ganze Wohnviertel entstanden. Abseits von den Verkehrsströmen ist die Altımermer-Zisterne unweit von
Weitere Kostenlose Bücher