Istanbul: Ein historischer Stadtführer
wurde der Hirsegrieß vom
Bozacı
in einem doppelwandigen Kupferkessel aufgekocht und durch den Zusatz von Zucker bzw. Hefezum Gären gebracht.
Boza
hält sich im Kühlen zwei oder drei Tage. Früher verwendete man Fässer aus dem Holz des Maulbeerbaums.
Die bekannten Verbote der Weinschenken und Kaffeehäuser haben teilweise ausdrücklich die
Boza-
Läden eingeschlossen. Ein Ferman, den Selîm II. 1567, ein Jahr nach seinem Thronantritt erlässt, ist ein Beispiel dafür. Er richtete sich aber nicht gegen das Getränk als solches, sondern das «Milieu». Das geht auch daraus hervor, dass nur der Wein durch Salzzugabe ungenießbar gemacht werden sollte.
Im 17. Jahrhundert war das
Boza
-Verkaufen noch eine tatarische «Industrie». Evliyâ schreibt so ausführlich über diese Zunft, dass hier nur Ausschnitte möglich sind. Das Ansehen der
Bozacıs
war gering. Sie wurden mit den noch weniger geachteten Weinwirten am äußersten Ende der Zunftparade eingereiht. Ein Sprichwort bringt es auf den Punkt: «Man hat vom Weinwirt einen Zeugen verlangt und er holt sich den
Bozacı.»
Evliyâ weiß, dass der erste
Boza-Macher
ein Tatare namens Salsal war. Er stammte von der Krim, sein Grab befindet sich in Yeni Salacak (am Bosporus). Die
Boza-Macher
selbst beanspruchen den vor allem bei den Balkantürken verehrten Sarı Saltuk Dede als Patron, was Evliyâ mit einem ausdrücklichen «Gott bewahre» kommentiert.
Die
Bozacılar
sind ein Stamm, der für das islamische Heer unentbehrlich ist. Denn (bei
Boza)
ist ein einziger Tropfen nicht wie beim Wein durch das Religionsgesetz verboten
(haram).
Allein die davon erzeugte Trunkenheit ist verboten, sagt man, und es gibt entsprechende Rechtsgutachten
(fetvâ).
Sie stärkt den Körper der muslimischen Kämpfer und macht ihn warm und kampfbereit. Auch vertreibt sie den Hunger. Wer viel davon trinkt, wird von keinem Hund gebissen, aber von der Wassersucht und der Gicht geschlagen. Weil so einer auf immer in einem Lehnstuhl sitzen und in seiner Hand ständig einen Stock halten muss (mit dem er sich verteidigen kann), wird er (schon aus dem Grund) nicht von einem Hund gebissen.
Nach diesem etwas schalen Witz über die bedauerlichen Folgen des
Boza-
Missbrauchs hebt Evliyâ hervor, dass sich die
Bozacıs
nicht nur aus Tataren und Zigeunern rekrutieren, sondern dass es in Istanbul, «weil sie für die islamischen Heere unentbehrlich sind», auch einige (einheimische) Händler von stimulierenden Getränken gibt, die dem Oberhaupt der
Bozacı
unterstehen.
Die Zunftwagen der «sauren»
Bozacıs
wurden bei der von Evliyâ geschilderten Parade von den
Boza
-Säufern besonders bejubelt, weil sie das Getränk umsonst ausschenkten. Die Hersteller und Verkäufer der sauren
Boza
waren mit 300 Kneipen und 1005 Personen zahlreicher als ihre Konkurrenten, die süße
Boza
verkauften (40 Läden, 105 Personen). Evliyâ lobt ihre
Boza
, die aus Hirse gewonnen wird, die aus dem thrakischen Tekirdağ stammt. Es sei eine ganz besonders zähflüssige, milchweiße
Boza.
Kein Tropfen fließt, wenn man sie zur Probe auf ein Tuch gibt. Sie sei das Lieblingsgetränk der Ulemâ und Ordensscheiche. Schwangeren Frauen und Wöchnerinnen wird sie besonders nahegelegt.
Gelobt wird die
Boza
vom Markt der Aya Sofya, am Anfang des Hippodroms, die vom Akilbend-Markt in Kadırga Limanı, am Anfang von Okçular und in Aksaray. Die allerberühmteste süße
Boza
ist die von Meister Ahmed im Viertel Unkapanı vor dem Azepler-Bad und die in Küçük Pazar vor dem Bad des Koca Mehmed Pascha. Sie ist, mit weißer Sahne überzogen, außerordentlich belebend. Auch wenn du 10 Kellen zu dir nimmst, stellen sich weder Trunkenheit noch Bauchschmerzen ein. Denn sie geben getrocknete Latwerge
(pekmez)
aus Kuşadası hinein und streuen Zimt, Gewürznelken, Ingwer und Kokosnuss darüber. Vor ihren Geschäften steht jeweils ein Mann und verteilt sie auf kleine Dosen …
Evliyâ unterbricht seine Beschreibung mit dem persönlichen Bekenntnis, dass er nur drei Sorten von vergorenen Getränken probiert habe. Eben diese
Kutu Bozası
, das ägyptische Reisgetränk
Sûbya
und auf der Krim eine bestimmte andere Boza-Sorte.
VI.
Das Neue Serail
Das «Neue kaiserliche Serail» wurde erst lange nach seiner Errichtung volkstümlich «Topkapı Sarayı» nach dem «Kanonentor-Serail» genannt, einem 1862/63 abgebrannten Sommerpalast an der Spitze der Landzunge neben dem gleichnamigen Tor. Das unmittelbar nach der Eroberung Istanbuls errichtete «Alte
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