Istanbul: Ein historischer Stadtführer
machte eine Freitagsmoschee aus ihr. Die Einkünfte für ihr Personal werden aus der Türbe des Sultans im Hof der Aya Sofya abgezweigt.
Die wenigen Sätze lassen sich schwer deuten. Wir erfahren nichts über die Ursache der «Streitigkeiten», auch nichts über die Namengebung. Es wirkt befremdlich, dass die beschlagnahmte Patriarchatskirche finanziell am Tropf der Mausoleumsstiftung Murâds III. hing. Vielleicht konnte eine geplante neue Fethiye-Moschee, womöglich an Stelle des Klosters, nicht realisiert werden, so dass man sich nach dem Tode des Sultans (1595) mit der Umbenennung und bescheidenen Unterhaltsmitteln begnügte. Heute ist die Kirche bzw. Moschee ein Museum mit etwas unregelmäßigen Öffnungszeiten.
Die nächste Station des Patriarchats war die Kirche des Demetrios Kanavou im Stadtteil Ayvânsarây. Dieser in ihrem heutigen Zustand höchst unscheinbaren Kirche in der Kırkambar Sokağı blieb zwar das Schicksal der Umwandlung in eine Moschee erspart, doch zog der Patriarch 1601 endgültig in die Georgskirche im Fener ein, wo sich noch heute sein Amtssitz befındet.
In einer gewissen Analogie zu Antrittszahlungen, die der osmanische Staat von seinen muslimischen Würdenträgern kassierte, musste auch der ökumenische Patriarch für seine Würde Geld vorstrecken. Für diese Investiturtaxe kam zunächst die griechische Kirche auf, ab 1763 mussten sie die Anwärter aus eigener Tasche bezahlen, was ihre Abhängigkeit von finanzkräftigen Kreisen verstärkte. Die Schulden des Patriarchats sollen am Vorabend des Unabhängigkeitskriegs 1½ Millionen Piaster betragen haben.
Das tragischste Ereignis in der Geschichte des Griechentums nach der Einnahme von Konstantinopel war gewiss die Hinrichtung ihres Patriarchen im Jahr 1821. Grigorius V. hatte drei bewegte Amtszeiten an der Spitzeder Kirche gestanden. Bis zu seiner letzten blieb er loyaler Untertan des Sultans. Allerdings scheint er nach 1818 die Tätigkeit griechischer Verschwörer «stillschweigend» geduldet zu haben. Aber noch am 4. April 1821 ging er so weit, die griechischen Freischärler durch die Patriarchatssynode exkommunizieren zu lassen. In der Osternacht vom 21. zum 22. April wurde er verhaftet und an dem Tor zum Patriarchat gehängt. Ihm folgten zwei Metropoliten, 12 Bischöfe und zahlreiche Laien, so gut wie alle Phanarioten mit Rang und Namen an den Galgen. Seine ins Meer geworfene Leiche gelangte später auf einem russischen Schiff nach Odessa. 1871 wurde sie nach Athen überführt. Seine Anklageschrift wurde ihm in Form eines Zettels
(yafta)
an das Gewand geheftet. Von dem längeren Text sollen hier nur die Schlusssätze, die den Kern der Schuldzuweisung enthalten, wiedergegeben werden.
Anstatt die Rebellen zu beschwichtigen und beispielhaft als Erster zurückzukehren, war dieser Ungläubige die eigentliche Ursache aller Unordnung. Uns ist bekannt, dass er auf der Peloponnes geboren ist und an allen Rebellionen, welche die Untertanen in der Eparchie von Kalavryta (Stadt im nördlichen Peloponnes) angezettelt haben, beteiligt war. Wir sind überzeugt, dass er der Verursacher des allgemeinen Abfalls ist … Nachdem uns sein Verrat, sowohl zum Nachteil der Hohen Pforte als auch zum Schaden seiner eigenen Nation, vollständig bekannt wurde, ist es erforderlich, dass dieser Mensch vom Antlitz der Erde verschwindet und gehängt wird, als Beispiel für alle anderen.
Die Armenier und Kumkapı
Heute bilden die Armenier die größte nichtmuslimische Gruppe in Istanbul. Schon im späten 15. Jahrhundert waren sie eine unübersehbare Minderheit. Das Wachstum der Stadt hatte viele Armenier aus Mittel- und Ostanatolien in die Hauptstadt gezogen. Anders als die Istanbuler Griechen gingen viele Armenier zum Türkischen als Haus- und Verkehrssprache über. Die Oberschicht pflegte aber weiterhin die ererbte Sprache, obwohl im 18. und 19. Jahrhundert Türkisch auch mit armenischen Lettern gedruckt und gelesen wurde. Der armenische Autor Eremya Kömürciyan schrieb über die Stadtregion Kumkapı, in der sich Griechen und Armenier berührten:
Von dort aus (vom verschwundenen Papas Kulesi im Meer bei Yenikapı) verläuft die Grenze, welche die armenischen von den griechischen Quartieren trennt. In Kumkapı gibt es vier Kirchen. Drei davon gehören den Griechen, sie sind nicht weit von unserem Haus entfernt. In der Nachbarschaft dieser drei Kirchen gibt es eine einzige armenische, nämlich die der Heiligen Mutter Gottes (Asvadzadzin), Trostspenderin der
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