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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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    Eine eigene Fertigung mechanischer Uhren, das soll hier noch eingerückt werden, hat es in Istanbul spätestens seit dem 17. Jahrhundert gegeben. Schon früher hielten sich junge europäische Uhrmacher in Galata auf. In der Uhrenkollektion des Topkapı Sarayı steht eine von einem Şeyhî Dede signierte Kalenderuhr aus dem Jahr 1702/03, die beweist, dass auch Muslime an der Uhrenherstellung beteiligt waren. Auch im sogenannten «Museum für Diwan-Literatur» (Divan Edebiyatı Müzesi bzw. Galata Mevlevihânesi) gibt es einige «gerettete» Zeitmesser. Auf die Dauer konnten die einheimischen Uhren aber den englischen und Genfer Konkurrenzprodukten, wo man
Horloges à la turque
fabrizierte, nicht standhalten. Von einem Widerstand der Ulemâ gegen die «stille Revolution» der mechanischen Zeitmessung ist nichts bekannt, schließlich fielen die Sonnenuhren oft genug wegen schlechten Wetters aus.
    Die Mitglieder der Mevlevî-Brüderschaft haben sich besonders intensiv mit mechanischen Uhren befasst. Die großen Derwischerien von Galata und Yenikapi enthielten ausgebaute
Muvakkithânes
. Der erste Chronolog an der Türbe Mahmûds II. (für den einer der Räume neben dem großen
Sebîl
reserviert war) stammte ebenfalls aus der Bruderschaft. Ein melancholischer Zweizeiler, der das Geschäft der Spezialisten für Zeitmessung ein wenig in den Hintergrund rückt, lautet etwa:
    Nicht Astrolog’ noch Chronolog’ kennen die Dauer der längsten Nacht,
Frag den von Kummer geplagten nach den Stunden, die er durchwacht!
    Ein anderer:
    Die schlagende Uhr ist ein treuer Gefährte, der mich versteht,
Ruft sie doch Weh und Ach, wenn wieder eine Stunde vergeht.
Uhrtürme
    Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Blüte der
Muvakkithâne
abgelöst durch die Manie, Uhrtürme zu errichten, nicht nur in Istanbul, sondern in allen größeren und kleineren Städten der osmanischen Welt. In Notfällen behalf man sich damit, kleinere Konstruktionen mit öffentlichenUhren auf ältere Festungstürme zu setzen (wie in Ankara oder Edirne). Anderswo entstanden hohe, oft überreich dekorierte Bauten. Beim Thronjubiläum Sultan Abdülhamîds II. (1901) wetteiferten die Provinzgouverneure um den auffälligsten Turm. Mit den brunnenartig gestalteten «Denkmälern» der Epoche tragen sie zur modernen Möblierung der osmanischen Städte bei und leisten zugleich durch die Angabe der Gebetszeiten eine elementar islamische Aufgabe.
    Im Istanbuler Häusermeer gibt es drei auffällige Uhrtürme. Der älteste stand vor der einstigen Kaserne von Tophane neben der erhaltenen Nusretiye Camii und ist das Werk Abdülmecîds (1848/49). Ursprünglich hatte er vier Zifferblätter, von denen wahrscheinlich die beiden mit der
Alla-Turca-Zeit
in der Republik abgenommen wurden. Zur Yıldız-Moschee gehört der etwa 20m hohe Uhrturm aus der Zeit von Abdülhamîd II. (1892/93). Er war ein gut sichtbares Motiv für die Fotografen, die (selten genug) dem
Selamlık nach
dem Freitagsgebet beiwohnen durften. Eine bekannte Sehenswürdigkeit ist der Saat Kulesi vor der Dolmabahçe-Moschee (vollendet 1894). Mit 30m übertrifft er die eben genannten.
    Der jüngste, heute am wenigsten auffällige Uhrturm befindet sich bei der Moschee des Kinderkrankenhauses von Şişli (Etfal Hastanesi, 1907). Hier wird er erwähnt, weil er ein mehrfach interessanter
Art-Nouveau-
Bau ist. Während der Bauzeit stand der 20m hohe Uhrturm mit doppeltem Zifferblatt, Blitzableiter und Windrichtungsanzeiger frei und war weithin sichtbar, zudem hatte er einen ungewöhnlichen Umgang für den Müezzin der benachbarten Moschee des Krankenhauskomplexes (heute Cafeteria des Personals). Insofern stehen wir zu Füßen eines modernen islamischen Campanile. Es überrascht nicht, dass seine Erbauer, Raimondo d’Aronco, der Hofarchitekt Abdülhamîds II., bzw. sein Mitarbeiter Felice Pellini, Italiener sind, auch wenn die Inschrift nur den osmanischen Bauleiter Mahmûd Şükrü herausstellt.
    Abschließend sei auf die in spätosmanischer Zeit so beliebten Doppeltürme (als bewusster Anklang an die seldschukischen Moscheeportale?) aufmerksam gemacht. Auch sie boten die Gelegenheit, beide «Sorten» von Zeit anzuzeigen. Beispiele sind die alte Medizinschule in Haydarpasa, der heutigen Marmara Universität, und der europäische Bahnhof in Sirkeci.

XIII.
Wallfahrtsorte, Nekropolen, Gräberfelder
Eyüp
    Für die Osmanen war die Auffindung von Eyübs Grab, wie immer er auch zu Tode gekommen sein

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