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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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ersetzt.
    Hier arbeiteten Beamte, Händler und Handwerker und der Rest der Bevölkerung von morgens bis abends bis zur Erschöpfung. Aber sie mussten anders als die Europäer auf Gärten verzichten, in denen man reine Luft atmen konnte, um sich zu erholen. Ich habe von Ihrer Majestät alleruntertänigst erbeten, anzuordnen, dass der Garten des Kaiserlichen Serails von Topkapı als öffentlicher Park angelegt wird.
    Als der Bürgermeister Teile der Palastgärten des Topkapı Sarayı für das Publikum öffnete, konnte man nicht auf eine Parkordnung verzichten. Der Text galt nicht nur für den Gülhane-Park, sondern auch für den benachbarten Park von Sultan Ahmed (Hippodrom). Besucher, die nicht nur Zeit, sondern auch gute Kenntnisse der osmanischen Schriftsprache mitbringen mussten, konnten die «Verordnung für öffentliche Gärten» auf einer «an geeigneter Stelle angebrachten Tafel» studieren. Der Text beginnt mit einer regelrechten Begriffsklärung: Der Garten diene der Allgemeinheit zur Zerstreuung und Spaziergängen, um dann den Erholungsbetrieb in «geordnete Bahnen» zu lenken. Der Text enthält keinen Hinweis auf für Frauen oder Familien reservierte Teile des Parks. Zeitgenossen, denen das Auftreten von Frauen im öffentlichen Raum nicht passte, denunzierten die «allgemeinen» (
umûmî
) Gärten als «Bordelle des Cemîl Pascha» (von
umûmhâne
, d. s. «allgemeine Häuser»). Allein die Verbotsliste umfasst 15 Artikel.
    Art. 5: Es ist verboten, an die Innen- und Außenseite der Mauern, Nebengebäude, Bäume und (an allen) anderen Orten gedruckte und ungedruckte Schrifttafeln, Anzeigen und Fotografien anzubringen oder aufzukleben.
    Art. 6: Es ist verboten, innerhalb des Parks jede Art von gedruckten und handschriftlichen Dokumenten und Zeitungen zu verbreiten und zu verkaufen …
    Art. 7: Das Mitnehmen von alkoholischen Getränken in den Park ist verboten.
    …
    Art. 9: Straßenmusikanten, Sänger, Akrobaten, Tierführer und Schuhputzer dürfen den Park nicht betreten, um ihrem Gewerbe nachzugehen.
    Art. 10: Im Park ist Betteln verboten.
    …
    Art. 13: Verboten sind innerhalb des Parks Lärmen, Radaumachen, Zank und Streit, lautes Schreien, Pfeifen und Absingen von Liedern, kurz alles, was die Bevölkerung belästigen könnte.
    Art. 14: Im Garten ist es mit Ausnahme speziell ausgewiesener Orte verboten, die Schalen von Äpfeln, Birnen und Orangen bzw. Obstkerne wegzuwerfen.
    …
    Art. 18: Es ist untersagt, im Garten sein Wasser an anderen Orten abzuschlagen (wörtlich: die Gültigkeit des rituellen Waschungszustands zu brechen) als an den Toiletten und Urinoirs. Es ist verboten, an die Wände von Toiletten und Urinoirs zu schreiben und zu malen.
    Das Fehlen von Spielplätzen in den von Cemîl Pascha geschaffenen Gärten und Parks wurde in der Jugendzeitschrift «Welt der Kinder» (
Çocuk Dünyas
ı, 1913–1918) Gegenstand eines offenen Briefs, unterzeichnet von den «Istanbuler Kindern».
    An unseren väterlichen Pascha! Exzellenz!
    Es wurden Parks angelegt, Gärten eröffnet, es ist viel geschehen. Bei all dem sollte auch einiges für uns abfallen, aber, wir müssen es leider sagen, in dieser Hinsicht ist nichts geschehen. Wenn man hört, was die Leute sagen, die sich in Europa aufgehalten haben, dann gibt es dort in jedem Garten und in jedem Park Sandkästen für Kinder, die auf allen Seiten eingezäunt sind, mit sauberem Sand versehen und ausschließlich dem Vergnügen der Kinder dienend.

XV.
Derwischerien
    Die männerbündisch organisierten Derwische lebten grundsätzlich besitzlos und waren in einer Klostergemeinschaft ihrem Scheich zu Gehorsam verpflichtet. Derwische gehörten bis zum gesetzlichen Verbot ihrer Konvente (1925) zum Istanbuler Straßenbild wie Mönche zum römischen Leben. Noch um die Wende zum 20. Jahrhundert zählte man an die 300 Derwischerien oder
Tekyes
, von denen die meisten zumindest mit dem Scheich und seiner Familie sowie einer Handvoll ständiger Insassen besetzt waren. Anders als die Medresen gehörten die Derwischkonvente nur in den ersten 150 oder 200 Jahren des osmanischen Istanbul und auch dann nur in Ausnahmefällen zu einem größeren Stiftungsverband. Die Vorstände der einzelnen Derwischerien waren auf Spenden des Hofs und mit ihnen sympathisierender Würdenträger angewiesen.
    Im Gegensatz zu der häufigen Behauptung, «der» Islam verurteile den Zölibat, lassen sich in der Geschichte Istanbuls auch mehrere ehelose Gemeinschaften belegen. Als Mehmed II. dem

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