Italian Basics
glauben mag, aber Frühstücken hat wenig mit dolce vita zu tun. Es dient den Italienern vor allem als unumgängliche Raststation zwischen Aufstehen und Mittagessen. Immerhin dürfen Cappuccino-e-Latte-Fans dann ganz offiziell von ihren Lieblingen naschen, was während des restlichen Tages eigentlich nicht erlaubt ist. Es sei denn, es ist der süße Alltag.
Alles ganz schön, aber wir stehen jetzt immer noch mit leerem Magen auf der Straße. Also was tun? Das, was die Italiener tun – in die Bar gehen. Das Ideal sähe so aus: Türen und Fenster sind weit geöffnet, weil es schon sommerlich warm wird. Drinnen eine lange Theke mit einer prächtig blitzenden »macchina da caffè espresso« dabei, hinter der schon seit halb sieben zwei Baristi mit konzentrierter Miene und knapper Konversation hin und her tanzen, an Hebeln ziehend, Metallsiebe ausklopfend, zischend und dampfend wie ein Lokführer und sein Heizer. Zwischendurch breiten sie immer wieder nach Kartenspieler-Art eine Hand voll Untertassen auf dem Tresen aus und lassen mit einem Schwung die Löffel klappernd darüber gleiten. Dann geht es zack, zack, zack, ein kurzer Ruf oder ein noch kürzeres Nicken, und wir können uns unseren Cappuccino abholen. Dazu gibt es ein Stück süßes Gebäck, Brioche, entweder frisch aus der Theke oder in Zellophan aus einem Korb obendrauf. Das italienische Frühstück.
Was aber tun, wenn es dieses Ideal nicht mal in Ansätzen in der eigenen näheren Umgebung gibt? Und die Chefin vom Café Müller es gar nicht gut findet, dass man sein Kännchen an der Tortenauslage nehmen will? Dann heißt’s Kompromisse machen: Im Laden von dem Großröster oder der Bäckereikette nach »caffè« rufen, dann am Stehtisch schlichten Kaffee trinken, aber dafür eine Menge erleben. Noch besser geht das am Stehausschank im Bahnhof oder an ähnlich öffentlichen Orten. Man muss sich ja nicht auf lange Gespräche mit den Mittrinkern einlassen – der Italiener ist beim Frühstück auch lieber für sich. Redseliger wird er erst bei der:
Kaffeepause
Die ist im italienischen Alltag der beste Grund, um zwischen 10 und 11 mal schnell an die Luft zu kommen – aber nur, um gleich wieder in der Bar abzutauchen. Dies ist auch spätestens die Zeit für den ersten Caffè, den wir hier bei uns Espresso nennen. Für den Stammgast vom Büro auf der anderen Straßenseite wird der schon angesetzt, wenn er drüben aus dem Haus tritt, damit er gleich was zum Schlürfen hat, wenn er in der Sportzeitung blättert. Wie er nutzen auch die Leserinnen von Frauenmagazinen die Gunst dieser Viertelstunde, um ein wenig oder auch recht heftig miteinander zu plaudern. Und wenn es ein gutes Gespräch war, wirft man am Ende ein paar Münzen auf den Tresen und ruft sich im Rausgehen zu »ci vediamo a pranzo«, also bis zum:
Mittagessen
Es liegt im Zentrum des italienischen Alltags, und die meisten Gedanken des Tages kreisen um es – je näher es kommt, desto enger. Im Norden ist meist schon zwischen 12 und 13 Uhr Mittagszeit, im Süden gegen 14 Uhr. Nach der Tradition hat die Mamma die Zeit davor erst auf dem Markt oder im Laden und dann am Herd verbracht, während der Gatte das Warten in irgendeiner Amtsstube mit dem Erfinden von ein paar neuen bürokratischen Chaosregeln verbracht hat. Dann klingelt die Gattin kurz durch, bevor sie das Nudelwasser aufstellt oder den Risotto-Topf anheizt, und er lässt jeden stehen und alles liegen, um »al dente« zum »primo« zu Hause zu sein. Nach diesem ersten Sattmacher folgt dann als »secondo« ein Stück Fleisch oder Fisch mit etwas dazu, hinterher als »dolce« noch ein Stück Obst oder Käse. Ob der Caffè noch im Haus oder in der Bar genommen wird, hängt von der Gewaltenteilung zwischen Gatte und Gattin ab.
Um gar nicht erst in diese Zwickmühle zu geraten, kann man »il pranzo« gleich ganz ins Lokal verlegen, was auch sehr italienisch ist. Ob Osteria, Trattoria oder Ristorante, die bei uns eher abends üblichen großen Gelage finden in Italien mehr mittags statt. Dann ist die Zeit, um sich mit Kunden, Kollegen, Freunden oder der Familie zu treffen, lange über die Bestellung zu diskutieren und noch viel länger über mehrere Gänge hinweg über den Rest der Welt zu palavern. Das kann bis 3 oder gar 4 Uhr dauern, je nachdem, wann die Geschäfte draußen langsam die Rolläden wieder hochziehen.
Und wie machen wir das jetzt hier in Außeritalien an unserem süßen Samstagmittag? Die Ausgeh-Variante ist zwar nicht
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