Italienische Novellen, Band 1
geliebte Frau nicht ferner beflecken lasse; für das übrige wolle er selber sorgen.
So mißlich auch der Frau die Sache vorkam, indem sie bedachte, wohin dies führen könne, so sagte sie doch, um dem Willen ihres Mannes nachzukommen, sie wolle es tun; und da das Mönchlein immer wiederkam und mit neuen Künsten den harten Stein zu erweichen trachtete, sagte sie: »Empfiehl mich deinem Meister und sag ihm, die große Liebe, die er zu mir trage, und die heißen Tränen, die er, wie er mir immer schreibt, für mich vergieße, haben Platz gegriffen in meinem Herzen, so daß ich nun viel mehr ihm angehöre als mir. Und da unser freundlicher Stern gewollt hat, daß heute Herr Roderico aufs Land gegangen ist und über Nacht aus sein wird, so soll er mit dem Schlag drei Uhr heimlich zu mir kommen, und ich will ihm Gehör geben, wie er es wünscht. Doch bitte ich ihn, keinem Freund oder Bekannten, so genau er auch mit ihm stünde, die Sache anzuvertrauen.«
Das Mönchlein zog übermäßig heiter von dannen und brachte die erfreuliche Botschaft seinem Herrn; dieser aber war der glücklichste Mensch von der Welt, indem er bedachte, wie nahe die gegebene Frist schon heranrücke. Als diese kam, versah er sich wohl mit Düften, um nicht mönchisch zu riechen, dachte auch, das Klostergewand könne durch guten Atem unterwegs gewinnen, und genoß daher die besten und feinsten eingemachten Früchte, legte seine gewohnten Kleider an und begab sich so an die Tür seiner Geliebten. Er fand sie offen, trat ein und wurde im Dunkeln wie ein Blinder von einer Dienerin in einen Saal geführt, wo er die Frau zu finden und von ihr freundlich empfangen zu werden meinte, stattdessen aber den Ritter fand mit einem getreuen Diener, die ihn ohne viel Widerstreben packten und in aller Stille erdrosselten. Als Meister Diego tot war, reute es den Ritter ein wenig, seine gewaltigen Arme mit dem Tode eines Minoriten befleckt zu haben; doch da er sah, daß hier Reue so wenig half als ein ander Mittel, dachte er in Rücksicht auf seine Ehre und auch aus Furcht vor dem Zorn des Königs darauf, den Toten aus dem Hause zu schaffen, und es fiel ihm ein, ihn in sein Kloster zu bringen. Er packte ihn daher seinem Diener auf den Rücken, und so schleppten sie ihn in den Garten der Mönche; von dort drangen sie in das Kloster selbst ein und trugen den Leichnam an das Örtchen, wohin die Mönche aus gewissem Erleichterungsbedürfnis zu gehen pflegten. Zufällig fand sich nur ein einziger Sitz bereit, denn die andern waren zugrunde gerichtet, wie denn, wie wir beständig sehen, der größte Teil der Mönchsklöster mehr Räuberhöhlen gleicht als Wohnsitzen der Diener Gottes. Auf diesen Sitz ließen sie ihn nun nieder, grade als ob er ein Bedürfnis befriedigte, machten sich hinweg und gingen nach Hause.
Als nun der Herr Magister so dasaß, grade wie wenn er einer überflüssigen Leibesbürde sich entladen wollte, befiel einen andern jungen und rüstigen Bruder um Mitternacht der dringende Wunsch, an den besagten Ort zu gehen, um seine Notdurft zu verrichten. Er zündete ein Lichtlein an und eilte auf die Stelle zu, wo Meister Diego im Tode hingesetzt worden war. Sobald er ihn erkannte, zog er sich, nicht anders denkend, als er lebe, ohne ein Wort zu sagen, zurück, weil zwischen ihnen beiden aus Gott weiß welchem mönchischen Neid und Mißgunst eine unauslöschliche tödliche Feindschaft stattfand. Er wartete daher abseits, bis er meinte, der Magister könne mit dem Geschäft fertig sein, das er gleichfalls zu verrichten im Sinne hatte; da er aber immer noch wartete und nicht bemerkte, daß der Magister sich rühre, andererseits aber ihn selbst die Not immer gebieterischer drängte, sagte er mehrmals bei sich selbst: »Bei Gott, der Bursche bleibt aus keinem andern Grunde so fest sitzen und will mich nicht hinlassen, als um mir auch hierin seine Feindschaft zu zeigen und die böse Gesinnung, die er gegen mich hegt! Aber es soll ihm nicht gelingen: denn ich will aushalten, solange ich kann, und wenn ich sehe, daß er auf seinem Eigensinn beharrt und fest bleibt, so will ich doch, obschon ich auch anderswohin gehen könnte, ihn zwingen, von hier wegzugehen, er mag wollen oder nicht.« Der Magister, der bereits an einem harten Fels Anker geworfen hatte, rührte sich nicht im mindesten, bis endlich der Mönch es nicht mehr aushalten konnte und wütend rief: »Nun aber, da sei Gott vor, daß du mir solche Schmach antust und ich es so hinnehme!«
Da ergriff er
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