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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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nicht mehr zurück zu den Gegengründen; vielmehr nahm er Papier und schrieb unter vielen tiefen Seufzern und heißen Tränen einen passenden zierlichen Brief an die geliebte Frau, worin er zuerst ihre mehr göttlichen als menschlichen Reize pries, dann ausführte, wie er dermaßen von diesen umstrickt sei, daß er entweder ihre Gunst oder den Tod erwarte, und zuletzt bei aller Anerkenntnis dessen, daß er in Anbetracht ihres hohen Standes nicht verdiene, daß sie ihm Gelegenheit zu einer Zusammenkunft gebe, sie doch flehentlich bat, ihm Zeit und Ort anzugeben, daß er mit ihr im geheimen sprechen könne, oder ihn wenigstens als ihren Diener anzunehmen, da er sie zur einzigen Gebieterin über sein Leben erkoren habe. Er schloß den Brief mit noch vielen andern Floskeln, machte ihn zu, küßte ihn wiederholentlich und gab ihn einem Chorknaben mit der Weisung, wem er ihn heimlich zuzustellen habe. Dieser ging, wohin ihm befohlen war, kam in das Haus und fand die edle junge Frau im Kreise ihres zahlreichen weiblichen Gefolges sitzen. Er grüßte sie höflich und sagte zu ihr: »Mein Meister empfiehlt sich Euch und bittet Euch, ihm ein wenig von dem feinen Mehl zu Hostien zu schicken, wie Euch dieses Briefchen des weitern vermelden wird.«
    Die Dame war gescheit genug, um gleich beim Anblick des Briefes zu merken, was die wirkliche Absicht dabei war. Sie nahm und las ihn, und obgleich sie sehr sittsam war, mißfiel es ihr doch nicht, daß jener sie liebte, und da sie sich für die schönste unter den Frauen hielt; freute sie der Brief, in dem sie ihre Schönheit so hoch erhoben sah; denn sie hatte mit der Erbsünde auch die angeborene Leidenschaft aller übrigen Glieder des weiblichen Geschlechts überkommen, welche samt und sonders der Meinung sind, ihr ganzer Ruf, Ehre und guter Name bestehe einzig und allein darin, daß sie geliebt, umbuhlt und ob ihrer Schönheit gepriesen werden, und die viel lieber für schön und lasterhaft, als für noch so tugendhaft und häßlich gelten möchten. Nichtsdestoweniger beschloß diese Frau, weil sie alle Mönche ernstlich und nicht ohne Grund haßte, nicht nur dem Magister in keiner Weise nachzugeben, sondern auch ihm nicht einmal eine freundliche Antwort zu gewähren, und zugleich nahm sie sich vor, diesmal auch ihrem Gemahl nichts von der Sache zu sagen. Nachdem sie sich in diesem Plane befestigt hatte, wandte sie sich zu dem Mönchlein und sagte zu ihm, ohne die geringste Verlegenheit merken zu lassen: »Du kannst deinem Meister sagen, daß der Herr meines Mehls es ganz für sich allein will; darum soll er sich anderswoher welches zu verschaffen suchen. Auf den Brief brauche ich nicht zu antworten. Verlangte er es aber doch, so soll er es mir zu wissen tun, und sobald mein gnädiger Herr nach Haus kommt, will ich dann sorgen, daß er eine Antwort bekommt, wie es für sein Ansinnen sich gehört.«
    Als der Magister die strenge Antwort erhielt, verminderte sich darum seine Liebesglut nicht im mindesten; vielmehr wuchs seine Leidenschaft zugleich mit dem Verlangen zu nur um so größeren Flammen; und um sich nicht von dem begonnenen Unternehmen zurückzuziehen, begann er, da das Haus der Frau ganz nahe bei dem Kloster war, sie so zudringlich mit seinen Werbungen zu verfolgen, daß sie nicht an ein Fenster treten, nicht in die Kirche oder sonst aus dem Hause gehen konnte, ohne daß der begehrliche Magister ihr immer in den Weg kam, weshalb denn in kurzem nicht nur die Leute in der Nachbarschaft die Sache merkten, sondern auch fast alles in der Stadt davon Kunde erhielt. Unter solchen Umständen überzeugte sich die Frau, daß sie den Handel vor ihrem Gemahl nicht länger mehr verbergen dürfe; denn sie fürchtete, wenn er es von jemand anderem höre, könnte sie in Gefahr kommen und er sie überdies für untreu halten. Nachdem sie sich mit diesem Gedanken vertraut gemacht hatte, erzählte sie, als sie eines Nachts bei ihrem Manne war, ihm die ganze Geschichte Punkt für Punkt. Der Ritter, der sehr ehrenfest und heftig war, entbrannte in solchem Zorn, daß er sich kaum enthalten konnte, auf der Stelle hinzugehen und mit Feuer und Schwert das Kloster samt allen Mönchen zu zerstören. Er mäßigte sich aber doch ein wenig, lobte die Sittsamkeit seiner Frau gar sehr und gab ihr auf, dem Ritter zu versprechen, sie wolle ihn in der folgenden Nacht ins Haus kommen lassen, auf irgendeine Art, wie es ihr am besten gefalle, damit er zugleich seiner Ehre genugtun könne und seine teure

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