Italienische Novellen, Band 1
Pferde wie Maulesel, soviel sie brauchten. Er selbst war als Witwe mit Kapuze und Schleier verkleidet, und mit zwei ähnlich verkleideten Jungen saßen sie auf gemieteten Wagen, worauf sich der ganze Zug, sowie es Nacht war, zu Pferde gegen die Stadt zu bewegte. Als sie zur Landverwaltung kamen, erschien Trofone, wie es Brauch der Wirte ist, an der Straße und sagte: »Meine Herren, wollen Sie übernachten?« Worauf einer antwortete: »Gewiß! Habt Ihr gute Ställe und Betten?«
»Jawohl, gnädiger Herr«, sagte der Wirt, »steigt ab: ihr werdet bestens bedient werden!«
Jener zog ihn beiseite und sagte: »Höre, Wirt, dein guter Ruf hat uns hierher geführt, und darum ist es erforderlich, daß wir von dir jene Sicherheit bekommen, die unser Fall erheischt. Wisse denn, wir haben hier die Tochter des Grafen Sinopoli, die eben durch den Tod des seligen Herrn Gorello Caracciolo, ihres Gatten, verwitwet ist, um sie so trauernd, wie du siehst, zu ihrem Vater zurückzubringen. Aus Rücksicht auf die Sittsamkeit werden wir sie nur sehr ungern, da es keine andere Möglichkeit gibt, heute nacht im Gasthof schlafen lassen; jedoch müssen wir dich ersuchen, dich freundlichst sehr zu bemühen, uns eine gutbeleumundete Frau zu finden, mit der zusammen sie diese Nacht mit ihren beiden Mägden verbringen kann, und wir werden das Doppelte von dem bezahlen, was es kostet.«
Darauf erwiderte der Wirt: »Mein Herr, hier in der Gegend kenne ich niemand, der dazu geeignet wäre; trotzdem biete ich Euch alles an, was ich vermag: Ich habe nämlich mein eigenes Haus ein wenig entfernt von hier, wo meine noch recht junge Frau wohnt; wenn es Euch recht ist, könnte sie mit ihr zusammen verbleiben, und das Entgelt dafür sei Euch überlassen.«
Der Edelmann wandte sich an die Frau und sagte: »Sehet, Donna Franzeska, mir scheint, Ihr würdet bei weitem besser im Hause dieses tüchtigen Mannes in Gesellschaft von Frauen untergebracht sein als hier unter uns.«
Sie erwiderte mit verstellter Stimme, daß es ihr recht sei.
Der Wirt ließ ihnen von einem Burschen den Weg zeigen und eilte schnellstens voraus in das Haus, rief seine Frau und befahl ihr, schleunigst das Zimmer herzurichten, da eine verwitwete Gräfin jugendlichen Alters heute hier nächtigen müsse. Die junge Frau, deren Gedanken meilenweit von Betrug waren, antwortete reinen Herzens: »Mein Gemahl, du kennst das Haus: dennoch wird man machen, was irgend möglich ist.«
»In einer guten Stunde«, sagte der Wirt, »mache ihr warmes und wohlriechendes Wasser, dessen sie wohl sehr bedürfen wird, da alles voll von Schlamm ist.«
Unterdessen war die Dame mit zwei Edelleuten angekommen, die ihr beim Aussteigen halfen und sie am Arm mit den zwei Dienerinnen in das Zimmer führten; dort angelangt machte sie Miene, sich zu entkleiden, und verabschiedete die, die sie hergeleitet hatten. Darum erschien es auch dem Wirt unziemlich zu bleiben, und er wandte sich mit folgenden Worten an seine Frau: »Ich lege dir die Bedienung dieser Dame besonders ans Herz; bereite mit größter Sorgfalt das Abendessen und alles zum Schlafen; schließt von innen recht gut ab; ich werde in den Gasthof gehen, um ihre und andere Gesellschaften zu bedienen, die mich erwarten.«
Nach dieser Anordnung verließ er sie und schloß sie zur größeren Sicherheit auch noch von außen ein, gab den Schlüssel einem der Begleiter und ging mit ihnen zusammen zum Gasthof zurück.
Die junge Frau verblieb mit dem Liebhaber, den sie wirklich für eine Frau hielt; beflissen, ihr zu dienen, half sie ihr, sich auszuziehen. Es schien ihr ewig zu dauern, bis sie sehen konnte, ob sie schön sei; sie entfernte selbst die Hüllen, die ihr das Gesicht verbargen, sah sie aufmerksam an, und kaum bot sich ihr das Bild ihres Geliebten dar, so trat sie furchtsam und schamhaft zurück und wagte nicht mehr, ihm nahezukommen. Er sah sie ganz außer sich dastehen, befürchtete Gefahren, die oft durch die Unbedachtheit junger Frauen möglich sind, und darum schien es ihm sehr an der Zeit, sie mit seiner List bekanntzumachen. Er nahm sie an der Hand, schloß sie in den Arm und begann folgendermaßen zu ihr zu sprechen: »Mein süßestes Leben, ich bin dein treuer Liebhaber für immer, und bin auf diese Weise hierher geführt, da es wegen der großen Eifersucht deines Gatten und deiner hohen Züchtigkeit keinen andern Weg gab. Nur dieser blieb, der mir vom Gott der Liebe mit sehr großer Hoffnung eröffnet und gezeigt wurde. Und so führte er
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