Italienische Novellen, Band 1
anzunehmen, und daß das allein von mir ihm genügen müsse; sagt ihm, daß er ja darauf achte, verschwiegen zu sein, und nicht in den Fehler der meisten jungen Leute verfalle, die, wenn sie unter Kumpanen sind, sich nicht nur mit dem, was sie tun, sondern auch mit Sachen brüsten, die sie nie sahen, und teilt ihm mit, daß ich lieber sterben wollte, als daß mein Gatte etwas erführe, der jeden andern an Eifersucht übertrifft!«
Da erschien es der Alten, daß sie auf den ersten Ansturm nicht wenig erreicht habe, und so sah sie die Sache auf gutem Wege und antwortete folgendermaßen: »Mein Töchterlein, du sprichst klug; aber du sollst wissen, daß er zu seinen andern einzigartigen Vorzügen auch völlig verschwiegen ist. So wahr Gott mich möge selig sterben lassen; – als er mir die Sache enthüllte, ließ er mich mehr als hundertmal schwören, sie geheim zu halten; er zitterte wie ein Rohr im Winde und wechselte tausendmal in der Stunde die Farbe. Darum wird diese Rücksicht dich nicht abhalten, ihn zu lieben; aber sicher wird es einmal dazu kommen, daß du vor dir selbst dich rühmen wirst, den schönsten, verschwiegensten und jeder Tugend teilhaftigen Verehrer auf dieser Erde zu haben. Und wenngleich das, was du ihm gewährst, genug ist und er mich um nichts anderes bat, werde ich doch nicht aufhören, zu bedauern, daß du deine blühende Jugend so elend verlieren willst; wenn dir das Schicksal und deine Eltern einen so häßlichen und gewöhnlichen Mann als Gatten gaben, so sind das Gründe, daß nicht auch du dir selbst feind sein sollst, sondern einen Weg zu finden weißt, um dich zu vergnügen; denn es gibt keinen so schlimmen Kummer, als erst im Alter andern Sinnes zu werden.« Und dann sagte sie scherzend: »Weißt du, was ich ihm von dir bestellen werde? Daß es ihm schön zum Schaden gereichen wird, wenn er nicht Mittel und Wege findet, mit dir zusammen zu sein.«
Auf diese Worte erwiderte die junge Frau ziemlich unwillig: »Bei meinem Glauben, du wirst dich schwer hüten, ihm so etwas zu sagen; es muß ihm schon bei weitem genügen, wenn du ihm sagst, was ich dir aufgetragen habe.«
Die Alte sagte: »Ich bitte dich, werde nicht gleich böse und wundere dich nicht über meine Hartnäckigkeit! Ich schwöre dir auf dieses Kreuz, daß er sich töten wird, wenn ich ihm keine gute Nachricht bringe. Wenn ich dich ihm auch so ans Herz legen werde, wie ich vermag, damit er mir die angenehme Antwort glaubt, die du mir gegeben hast, so zeige dich ihm morgen in der Augustinerkirche, und er wird, während er sich die Nase putzt, sagen: ›Ich lege mich dir ans Herz!‹, und du antwortest ihm, während du dir die Haare aus dem Gesicht streichst: ›Und ich mich dir!‹ So werdet ihr die Zeit verbringen, bis euch das Glück einen besseren Weg zum Vergnügen gezeigt hat.«
Worauf die junge Frau erwiderte: »Auch ich will entgegenkommend sein! Empfehlt mich ihm zahllose Male, sagt ihm, er soll zur Frühmesse kommen, und daß ich nicht lange in der Kirche verweilen kann!«
So ging schließlich die Alte fort, und die Junge blieb mit nie gekannten Gefühlen im Herzen zurück, in dem sie nun infolge der meisterlichen Worte der Alten unaufhörlich einen Wurm nagen fühlte. Die Alte fand gleich den Liebhaber und erzählte ihm alles der Reihe nach ganz genau mit der verabredeten Abmachung.
Überaus glücklich über diese Nachrichten, stand er am anderen Morgen früh auf, begab sich zum verabredeten Ort und fand dort die junge Frau, die sich schöner herausgemacht hatte, als sie von Natur aus schon war; sie erwies ihm nicht nur sehr hohe Gunst außerhalb allen Herkommens, sondern er blieb auch, als er die versprochene Antwort mit dem gegebenen Zeichen gesehen, fröhlicher, als er je gewesen war.
Als kurz darauf die Frau weggegangen und er nach Hause zurückgekehrt war, begann er darüber nachzusinnen, auf welche Weise es ihm vergönnt sein möge, die letzte Liebesfrucht zu pflücken. Nachdem er dazu mannigfaltige und verschiedene Wege ersonnen, legte er sich entschieden auf einen fest; mochte kommen, was da wolle, er beschloß, sich in ihrem Hause einzufinden, und zwar auf eine solche Art und Weise, daß sie gezwungen war, ihm das zuzugestehen, wovon sie nur in der Sehnsucht den Vorgeschmack zu kosten begonnen hatte. Er vertraute sich gewissen Edelleuten aus Capuana an, die dorthin gekommen waren, um mit ihrem Verwandten, dem Erzbischof, ein Fest zu feiern.
Eines Abends sandte er spät zu einem verabredeten Ort
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