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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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nicht nur aus der Toskana, sondern aus Italien fortginge und sich nach Alexandria begäbe, wo ein Onkel von ihm lebte, der Nikolaus Mignanelli hieß, ein großer Handelsherr und weithin bekannter Kaufmann. Mit der bescheidenen Hoffnung und Vereinbarung, sie möchten sich auf so große Entfernung Briefe senden können, trennte sich das verliebte Paar unter Tränen, die nicht enden wollten.
    Der arme Mariotto hatte einem seiner Brüder alle seine Geheimnisse anvertraut und ihn vor allem inständig darum gebeten, ihn genauestens und ständig über alles auf dem Laufenden zu halten, was seiner Ganozza zustieße. Nachdem er diese Anordnungen getroffen, brach er auf und schlug den Weg nach Alexandria ein. Nach angemessener Zeit kam er dort an, fand den Oheim, wurde von ihm freudig und liebevoll aufgenommen und teilte ihm alles mit, was ihm zugestoßen war. Dieser hörte mit Bedauern nicht so sehr, daß er einen Totschlag begangen, als vielmehr, daß er so viele Verwandtschaft beleidigt habe. Als ein sehr kluger Mann wußte er, daß das Wiederaufrühren des Vergangenen kaum mehr als gar nichts helfe, bemühte sich mit ihm zusammen, Frieden darüber zu finden und daran zu denken, mit der Zeit ein geeignetes Heilmittel zu beschaffen. Er ließ ihn an seinen Handelsgeschäften teilnehmen und unterhielt ihn mit großer Liebe unter fast ständigem Weinen mehr und mehr Zeit bei sich. Aber es verging nicht ein Monat, ohne daß er mehrere Briefe von seiner Ganozza und seinem Bruder empfing, was in solch einem verzweifelten Fall und bei solchem Fernsein für jeden von beiden eine wunderbare Tröstung war.
    Als nun die Sache so weit gediehen war, da begab es sich, daß Ganozzas Vater von vielen und vielmals aufgefordert und angehalten wurde, sie zu verehelichen, und da sie unter verschiedenen Vorwänden sich mit keinem einverstanden erklärte, wurde sie schließlich vom Vater gezwungen, einen Gatten zu nehmen in der Art, daß ein Abweisen nicht mehr möglich war. Von diesen heftigen Auseinandersetzungen war ihr niedergeschlagenes Gemüt unaufhörlich so beunruhigt worden, daß ihr der Tod sehr viel lieber gewesen wäre als derart zu leben. Dazu kam, daß sie jede Hoffnung auf Rückkehr ihres teuren heimlichen Gatten eitel befunden, und da es nichts geholfen hätte, dem Vater die Wahrheit zu enthüllen, sondern ihr dies nur noch mehr Verdruß eingebracht hätte, so nahm sie sich vor, auf eine nicht nur seltsame, sondern gefährliche und grausame Art, von der man wohl noch nie erzählen hörte, so vielen Verfehlungen Genüge zu tun, wobei sie Ehre und Leben aufs Spiel setzte. Von großem Mut beseelt, sagte sie dem Vater, sie würde sich jedem seiner Wünsche fügen, und sandte sofort zu jenem Priester, der die Sache zuerst angezettelt hatte, enthüllte ihm unter großer Vorsicht, was sie vorhatte zu tun, und verlangte, daß er sie mit hilfreicher Hand unterstützte. Wie es jener Leute Art ist, zeigte er sich, als er das gehört hatte, etwas verwundert, furchtsam und langsam; aber sie machte ihn mit der Zauberkraft von Goldstücken mit dem Bild des Täufers kühn und mutig und willens, die Unternehmung männlich durchzuführen. Wegen der Eile, zu der sie ihn antrieb, ging der Bruder sehr rasch ans Werk und mischte selbst wie ein in diesem Beruf erfahrener Mann aus verschiedenen Pulvern bestimmter Zusammensetzung einen gewissen Trank zusammen, der so beschaffen war, daß, wer ihn eingenommen, nicht nur für drei Tage in Schlaf verfiel, sondern auch von jedermann für tot gehalten wurde. Er wurde der Frau überbracht, die, nachdem sie erst durch einen eignen Boten ihren Mariotto von alledem, was sie vorhatte, ausführlich unterrichtet und von dem Frater vernommen hatte, was sie zu tun habe, mit großer Freude dies Getränk zu sich nahm.
    Es dauerte nicht lange, da überkam sie eine solche Erstarrung, daß sie wie tot zur Erde stürzte; darüber erhoben ihre Mägde ein sehr großes Geschrei, und der alte Vater lief mit vielen andern Leuten bei dem Lärm herbei. Als er seine einzige und von ihm so sehr geliebte Tochter schon tot fand, ließ er eilends Ärzte kommen, um sie mit jedem nur möglichen Mittel ins Leben zurückzurufen, und da es keiner vermochte, wurde von allen als sicher angenommen, daß sie an einem plötzlichen Schlaganfall gestorben sei. Darum hielt man sie den ganzen Tag und die folgende Nacht im Hause und bewachte sie sorgfältig; aber man beobachtete keine Anzeichen als die des Todes, und so wurde sie den folgenden Tag

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