Italienische Novellen, Band 1
Mütterchen nach ihr, um mit ihr zu sprechen. Die junge Frau aber, der Alessandro gleichfalls gefallen hatte, hielt die Abgesandte nicht mit langen Unterhandlungen auf, sondern sagte zu ihr, sie sei ihrerseits bereit, die Wünsche des jungen Mannes zu erfüllen; nur sehe sie kein sicheres Mittel, denn ihr Mann lasse sie bei Nacht nie allein, und bei Tag möge sie ihn nicht im Hause empfangen aus Rücksicht auf die Nachbarschaft, weil in derselben Straße so viel Leute wohnen, daß man nicht aus- noch eingehen könne, ohne bemerkt zu werden.
Als Alessandro die Geneigtheit der Frau vernahm, besann er sich, was zu tun sein möchte, daß sie damit zufrieden sei. Endlich ließ er das junge Weib von seinem Plane unterrichten, und als es ihm Zeit schien, ließ er Rado zu sich in sein Haus berufen. Nachdem er ihm sehr geschmeichelt hatte, denn er war sein Freund, bat er ihn, er möchte ihm den Gefallen erweisen, ihm am nächsten Abend mit seiner Gondel zu dienen, da er eine Zusammenkunft verabredet habe mit einer Edelfrau, in die er heftig verliebt sei. Rado, welcher sehr wünschte, ihm zu dienen, antwortete, er sei bereit, ihn zu führen, wohin er befehle, und sobald es Nacht wurde, kam er, um ihn in seiner Barke abzuholen, nachdem er seiner Frau gesagt hatte, sie möge ihn erst spät erwarten. Alessandro stieg also in die Barke und ließ sich von Rado an einen Landungsplatz bringen, wo die Alte ihn erwartete, und zwar gegenüber von Rados Haus, das aber einen andern Landungsplatz hatte, so daß man zu Wasser nicht dahin gelangen konnte, als auf einem starken Umweg, während es zu Lande nur ein paar Schritte waren.
Sobald nun Alessandro dort angekommen war, gab er Rado die Weisung, ihn zu erwarten. Er trat in das Haus der Alten und schlüpfte sofort durch ein Gäßchen zu dem jungen Weibe hinüber, von der er mit größter Freude empfangen wurde. Auch führten sie ihre Liebe zu einem anmutigen Ziele, so daß ihnen nichts zu wünschen übrigblieb, und setzten unter sich das Nötige für die Zukunft fest, worauf Alessandro auf dem nämlichen Wege in die Barke zurückkehrte, in welcher Rado, ohne Schlimmes zu ahnen, indem er ihn erwartete, eingeschlafen war. Er erwachte nun, nahm Alessandro in die Barke, und während sie nach seinem Hause hinsteuerten, fragte er ihn unterwegs, ob er nun seine Sehnsucht ganz gestillt habe. Alessandro bejahte es und fügte hinzu: »Ich kann dir noch überdies versichern, daß ich mich nicht erinnere, je in meinem Leben eine solche Lust genossen zu haben; denn außer ihrer Schönheit hat sie mich auch noch so mit Liebkosungen überhäuft, daß ich nicht begreife, wie ich von ihr loskommen konnte.«
Darauf antwortete Rado: »Herr, als ich daran dachte, was für ein Vergnügen Ihr jetzt mit Eurer Geliebten haben müsset, kam mich so gewaltige Fleischeslust an, daß ich mehrmals versucht war, nach Hause zu gehen und meinem Weibe eins zuzusetzen; aber ich fürchtete, Ihr möchtet zurückkommen und mich nicht finden, und deshalb bin ich geblieben.«
Als Alessandro dies hörte, überlegte er, in welche Gefahr er geraten wäre, wenn jener unvermutet sich nach Hause begeben hätte, und alsbald fiel ihm ein anderes sicheres Mittel ein, um die Gefahr zu vermeiden, in die er früher oder später zu großem Schaden hätte geraten können. Er sagte daher lachend zu Rado: »Ich wußte gar nicht, daß du verheiratet bist; sonst hätte ich dich nach Hause geschickt; du hättest ja zu bestimmter Stunde wieder zurücksein können.«
Rado antwortete: »So, das habt Ihr nicht gewußt, daß ich vor einigen Tagen ein schönes Mädchen aus einer guten Familie geheiratet habe?«
»Nein,« Versetzte Alessandro, »das wußte ich nicht; aber die Frauen, so schön sie sind, hat man zu Hause, weil man sie nötig hat: darum darf man jedoch nicht unterlassen, auch draußen fremd Brot zu suchen. Und da du dich so geduldig heute benommen hast, hoffe ich morgen abend meine Liebste nebst einer nicht weniger schönen Gefährtin in der Barke umherzuführen, und diese wird sicherlich gegen dich gefällig sein.«
Rado antwortete ganz heiter, das nehme er gern an, bedankte sich auch sehr, und unter diesen Gesprächen hatte er Alessandro an sein Haus gebracht und kehrte nun zurück zu seinem Weibe. Sobald es aber Tag war, tat Alessandro der jungen Frau zu wissen, was er für den folgenden Abend im Sinn habe, und bestellte verabredetermaßen den Rado, der die Barke mit einer Verdeckung als Zelt ausgestattet hatte. Er fand sich bei
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