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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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wurde, obschon viele sie zur Frau verlangten, doch noch immer unverheiratet zu Hause war. Nun war aber von ihrer Kindheit an ein adeliger Knabe namens Antonio Marcello immer im Hause aus- und eingegangen unter dem Vorwande einer weitläufigen Verwandtschaft, welche zwischen ihm und der Frau des Ritters bestand, und Veronica hatte auf diese Art eine solche Liebe für ihn gefaßt, daß sie gar keine Ruhe davor hatte. Antonio war zwar ein gescheiter und sehr gesitteter Jüngling und ward von dem Vater des Mädchens als braver Sohn geliebt; aber da er die Geschichte doch vortrefflich merkte und als ein junger Mensch gegen die Angriffe der Liebe sich nicht mit seiner schwachen Einsicht schirmen konnte, entbrannte er von gleicher Glut, und da die Gelegenheit ihrem gemeinsamen Wunsche günstig war, so kosteten sie ungestört die süßesten Früchte der Liebe. Obgleich sie nun aber in der Fortsetzung dieser Genüsse mit der größten Klugheit zu Werk gingen, so war ihre Vorsicht doch nicht stark genug, den großen Schiffbruch zu umgehen, der ihnen von dem neidischen Geschick bereitet war; denn als sie eines Nachts ganz vergnügt und arglos beisammen waren, begab es sich, daß sie durch einen nicht vorher in Rechnung gezogenen Zufall von einem Diener des Hauses gesehen wurden, welcher plötzlich den Ritter herbeirief und ihm den ganzen Vorfall erzählte. Dieser ging voll Zorn mit seinen Dienern dahin, wo die Liebenden waren, die gerade auf dem Gipfel ihrer Lust ohne Widerstand festgenommen wurden. Antonio aber, der sehr kräftig und mutig war, rang sich gleich wieder aus ihren Armen los, bahnte sich mit dem Schwert in der Hand den Weg und kehrte so, ohne von jemand erkannt oder verletzt zu werden, nach Hause zurück.
    Misser Mazzeo blieb bis in den Tod betrübt zurück, da er sah, wohin die Sache gediehen war, und wollte nun von der Tochter wissen, wer der entflohene Jüngling sei. Sie aber war vorsichtig und kannte ihres Vaters Wesen wohl und dachte, er werde, um seine alten Tage nicht in solchem Kummer hinzubringen, ihm das Leben auf keine Weise schenken. Da ihr nun das Leben ihres Geliebten teurer war als das ihrige, gab sie ihm nach einiger Überlegung zur Antwort, sie wolle lieber jede Qual, jeden Tod selber erdulden, als den Jüngling entdecken. Der Vater entflammte sich zur Wut, und als er nach vielen verschiedenen Martern sie doch hartnäckig auf ihrer Weigerung beharren sah, faßte er, so sehr die Gewalt der natürlichen Neigung widerstrebte, doch mit großer Mannhaftigkeit zuletzt den Entschluß, sie umzubringen. Er befahl daher sogleich, ohne sie weiter sehen zu wollen, zweien seiner vertrautesten Diener, sie auf eine Barke zu schleppen, einige Meilen ins Meer hinaus zu führen und dann ins Wasser zu werfen. Obgleich diese es ungern taten, banden sie sie doch, um zu gehorchen, schnell und führten sie an das Meeresufer.
    Während sie jedoch die Barke zurechtmachten, kam einem von ihnen das Mitleid; er versuchte auf eine geschickte Art seinen Genossen, der mit nicht weniger Widerstreben als er an einer so grausamen Handlung teilnahm; ein Wort gab das andere, und so faßten sie am Ende den gemeinsamen Entschluß, wenn sie auch selbst dafür den Tod erleiden sollten, nicht allein ihr das Leben zu schenken, sondern auch sie in Freiheit zu setzen. Sie banden sie daher los und sagten ihr, wie sie aus Mitleid den rohen Urteilsspruch des Vaters nicht an ihr vollziehen wollten; zum Lohn für diese Wohltat baten sie sie, derselben nach ihrem ganzen Werte zu gedenken, wenn sie das Vaterland verlassen habe und dereinst ihr Vater ihre Handlungsweise erführe. Das arme Mädchen, das so von ihren eigenen Dienern ihr Leben als Geschenk annehmen mußte, fühlte wohl, daß eine Danksagung weit nicht zum Lohn für eine solche Tat hinreiche, und flehte daher zum Vergelter alles Guten, daß er ihnen eine so unschätzbare Gabe ersetzen möge; und nachdem sie sich von ihrer großen Angst und dem Schrecken ein wenig erholt hatte, versprach und schwor sie ihnen bei der Rettung, die sie ihr zuteil werden ließen, sich auf eine Art zu benehmen, daß kein Lebender, geschweige ihr unbarmherziger Vater, je von ihr Kunde erhalte. Sie schoren ihr daher die Haare, verkleideten sie mit ihren eigenen Laken, so gut sie konnten, in männliche Tracht, gaben ihr das wenige Geld, das sie bei sich hatten, wiesen ihr den Weg nach Neapel und trennten sich von ihr unter Tränen. Ihre Kleider brachten sie mit nach Hause und versicherten ihrem Gebieter, sie

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