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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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leihen.«
    »Was Brote!« rief der Bauer, »Gaudieb, der du bist und der du für die Spitzbuben Kundschaft einziehen willst! Wenn ich hinauskomme, so will ich dich packen und nach Pistoja schicken, daß sie dich aufhängen.«
    Als der junge Mensch diese Worte hörte, wußte er nicht, was er anfangen sollte, und indem er so außer sich nach einem Wege sich umsah, der ihn an einen bessern Hafen führen könnte, hörte er ganz nahe am Saum des Waldes einen Wolf heulen. Er schaute umher und sah auf dem Platz eine Tonne aufrecht stehen, der oben der Boden eingeschlagen war. Er lief stracks darauf zu, stieg hinein und wartete mit großer Besorgnis, was das Schicksal über ihn beschlossen habe. Unterdessen kam wirklich der Wolf heran; er war vielleicht aus Alter räudig, lehnte sich an das Faß und fing an, sich daran zu reiben. Während er so juckte, erhob er den Schwanz, und dieser kam gerade in das Spundloch hinein. Der Knabe fühlte sich innerhalb des Fasses von dem Schwanze berührt und kam in heftige Angst. Sobald er aber sah, was es war, packte er in seiner großen Not den Schwanz und nahm sich vor, solange seine Kräfte ausreichen, ihn nicht mehr loszulassen, bis er ihn ganz innen hätte.
    Der Wolf, als er sich am Schwanze gepackt fühlte, fing an zu ziehen; der Knabe hielt fest und zog gleichfalls. So zogen beide, bis die Tonne umfiel und zu rollen begann. Der Knabe hielt immer fester, und der Wolf zog, und je mehr er zog, desto mehr Schläge versetzte ihm das Faß auf den Rücken. Dieses Wälzen dauerte wohl zwei Stunden, und das Faß versetzte dem Wolf so heftige Schläge, daß er am Ende ums Leben kam. Der Jüngling war dabei freilich auch halb zerstoßen worden; doch kam ihm sein gutes Glück so weit zu statten, daß, je fester er den Schwanz hielt, desto mehr er selbst geschützt und der Wolf in Nachteil versetzt war. Als er den Wolf getötet hatte, wagte er doch die ganze Nacht nicht, aus dem Fasse hervorzukriechen noch den Schwanz loszulassen.
    Gegen Morgen stand der Landmann auf, bei welchem der Knabe an die Türe geklopft hatte, und sah, als er zur Arbeit auf den Acker ging, am Fuße eines Absturzes das Faß liegen. Da dachte er und sprach bei sich selbst: »Diese Teufel, die des Nachts umgehen, richten auch nichts als Unheil an. Weil sie nun nichts anderes oben auf der Tenne gefunden haben als mein Faß, haben sie es mir bis dort hinuntergerollt.«
    Er schritt näher hinzu und sah neben dem Fasse den Wolf liegen, der noch nicht tot schien. Da fing er an zu schreien: »Ein Wolf! Ein Wolf! Ein Wolf!«
    Die Leute aus dem Dorfe kamen auf den Lärm herbeigelaufen, und als sie näherrückten, bemerkten sie, daß der Wolf tot war und der junge Mensch in dem Fasse lag. Alles bekreuzte und segnete sich und fragte den Knaben: »Wer bist du denn? Was soll das heißen?«
    Mehr tot als lebendig und kaum imstande, noch Atem zu schöpfen, sagte der Knabe: »Erbarmt euch meiner um Gottes willen und hört mich an, ohne mir etwas zuleide zu tun!«
    Die Bauern spitzten die Ohren, um den Hergang eines so unerwarteten Abenteuers zu vernehmen. Er erzählte nun von dem Verlust der Papiere bis zu diesem Punkte alles, was ihm begegnet war. Die Leute hatten großes Mitleid mit ihm und sagten: »Junge, du hast großes Unglück gehabt; aber doch wird es dir nicht so übel ausschlagen, wie du glaubst. In Pistoja ist ein Gesetz: wer einen Wolf erlegt und ihn der Gemeinde bringt, bekommt von ihr fünfzig Pfund.«
    Da wurden die erstarrten Lebensgeister dem Jüngling wieder etwas rege, als sie ihm anboten, ihn zu begleiten und ihm den Wolf tragen zu helfen, was er auch annahm. Einige von ihnen trugen mit ihm den Wolf hinweg, und als sie in das Wirtshaus von Ponte Agliana kamen, von wo er ausgegangen war, verwunderte sich der Wirt daselbst, wie nicht anders zu erwarten ist, und sagte, die Kaufleute seien bereits weitergezogen, und er wie sie hätten, als er nicht zurückkam, geglaubt, er sei entweder von Wölfen gefressen oder von Räubern gefangen worden. Kurz, der Knabe lieferte endlich den Wolf an die Gemeinde von Pistoja ab und erhielt, nachdem er den ganzen Verlauf erzählt hatte, fünfzig Pfund. Von diesen gab er fünf aus zur Bewirtung der Gesellschaft, und mit den übrigen fünfundvierzig kehrte er, nachdem er sich von ihnen verabschiedet hatte, zu seinem Vater zurück. Er bat ihn um Verzeihung, erzählte ihm alles, was ihm begegnet war, und gab ihm die fünfundvierzig Pfund. Der Vater als armer Mann war darüber sehr erfreut,

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