Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
in die Kammer des Mädchens und sagte: »Welch Unglück ist heute nacht geschehen, daß du mich nicht hast schlafen lassen? Die ganze Nacht ging es: ›Ser Tinaccio, Ser Tinaccio!‹ – Na, was gab es denn?«
    Das Mädchen antwortete: »Jene Frau brachte einen schönen Jungen zur Welt.«
    »Und wo ist sie?«
    Das Mädchen antwortete: »Heute ganz früh am Morgen ist sie – ich glaube, mehr aus Scham als aus einem anderen Grund – mit dem Kinde fortgegangen.«
    Worauf Ser Tinaccio meinte: »Gott strafe sie! Diese Frauen warten so lange, bis sie ihre Kinder irgendwo wie ihr Wasser abschlagen. Wenn ich sie wiedererkennen oder erfahren kann, wer ihr Mann ist, werde ich ihr tüchtige Grobheiten sagen.«
    Das Mädchen erwiderte: »Daran werdet Ihr sehr recht tun, denn sie hat auch mich die ganze Nacht nicht schlafen lassen.«
    Und so endete diese Geschichte. Von da an brauchte man natürlich keine große Alchemie, um eine Zusammenkunft der beiden Planeten zu bewirken, die sich oft, wenn die Augenblicke günstig waren, zusammenfanden, und der Priester bekam die Ware, die seinesgleichen sonst andern Leuten gibt. Da man sich nicht an ihren Frauen rächen kann, sollen so allen anderen Frauen, die ihnen nahestehen, seien es ihre Nichten oder ihre Töchter, ähnliche Streiche gespielt werden: denn der ist sicher einer der besten und gelungensten, von denen man jemals gehört hat. Und ich glaube, daß der Jüngling nur eine kleine Sünde beging, wenn er gegen einen von den Leuten sich verfehlte, die unter dem Deckmantel der Religion so viel Sünden gegen ihre Mitmenschen begehen.

Die Casentiner Gesandten
    Als der Bischof Guido über Arezzo herrschte, erwählten die Gemeinden der Casentiner Landschaft zwei Gesandte, um sie an ihn abzufertigen und ihn wegen gewisser Dinge anzugehen. Man teilte ihnen ihren Auftrag und das, was sie ihm auseinanderzusetzen hätten, ausführlich mit und gab ihnen eines Abends spät Befehl, des andern Morgens ihre Reise anzutreten. Sie kehrten also abends nach Hause, packten eilends zusammen und machten sich in der Frühe auf nach ihrem Bestimmungsort.
    Als sie einige Meilen gewandert waren, sagte einer zum andern: »Erinnerst du dich noch des Auftrages, den man uns gegeben hat?«
    Der andere erwiderte, er habe sich ihn nicht gemerkt.
    »Ei, ich habe mich auf dich verlassen«, sagte jener.
    »Und ich mich auf dich«, entgegnete der andere.
    »Das haben wir gut gemacht«, riefen beide und stierten einander an. »Was ist da zu tun?«
    Der eine sagte: »Nun sieh, wir sind bald in der Herberge, wo wir unser Frühstück halten. Dort wollen wir uns einmal recht zusammennehmen, und so muß es uns notwendig wieder einfallen.«
    Der andere sprach: »Du hast recht.« So ritten sie träumend weiter und kamen um die dritte Stunde in die Herberge, wo sie frühstücken wollten. Wie sie aber hin und her dachten, ehe es zum Essen ging, so konnten sie sich doch durchaus nicht auf die Sache besinnen. Als sie bei Tisch saßen, wurde ihnen ein sehr feiner Wein aufgewartet. Die Gesandten, welchen der Wein viel besser schmeckte als das Nachdenken über ihren Auftrag, fingen an, der Flasche zuzusprechen, tranken und tranken, füllten die Gläser und leerten sie wieder, und als das Essen vorüber war, war so wenig davon die Rede, daß sie sich ihrer Botschaft erinnerten, daß sie vielmehr gar nicht mehr wußten, wo sie waren, und sich schlafen legten.
    Nachdem sie ein Stück weggeschlafen hatten, erwachten sie ganz verdutzt, und einer sprach zum andern: »Ist dir jetzt unsere Angelegenheit eingefallen?«
    Der andere sagte: »Ich weiß von nichts; mir ist nur so viel klar, daß der Wein des Wirtes der beste Wein ist, den ich je getrunken habe. Seit dem Frühstück bin ich überhaupt nicht wieder zur Besinnung gekommen, als eben jetzt, und jetzt weiß ich kaum, wo ich bin.«
    Jener erwiderte: »Gerade das nämliche sage ich dir auch. Aber was sollen wir denn sagen? Was sollen wir anfangen?«
    Sein Gefährte entgegnete ihm kurz: »Wir wollen heute hierbleiben und auch hier übernachten, denn guter Rat kommt, wie du weißt, über Nacht. Es kann nicht fehlen, daß uns die Sache bis dahin einfällt.«
    Sie waren hierüber einig und blieben den ganzen Tag daselbst und guckten noch wiederholte Male in das Glas. Bei dem Abendessen wurden gleichfalls die Gläser mehr in Anspruch genommen als das Holzwerk, und nach beendigtem Mahle waren sie so weit, daß einer kaum den andern kannte. Sie gingen zu Bett und schnarchten die ganze

Weitere Kostenlose Bücher