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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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erschöpft zum Sitzen nieder und sprach: »Ich werde auf ihn warten, denn wegen der Schwere meines Körpers könnte ich nicht nach Hause zurückkehren, und wenn ich sterben müßte, ich möchte es nicht länger aufschieben.«
    Darauf sagte der Meßdiener: »Gott gebe dir seinen Beistand!«
    Wie sie so wartete, erschien der Priester, gegen die erste Nachtstunde. Seine Gemeinde war groß: daher hatte er genug Pfarrkinder, die er nicht kannte. Als er sie im Dämmerlicht sah, sagte ihm die Frau unter großer Bedrängnis, sich das Gesicht abwischend, daß sie auf ihn gewartet hätte, und die Umstände, warum sie auf ihn gewartet hätte. Und der Priester begann ihr die Beichte abzunehmen. Die männliche Frau dehnte ihre Beichte sehr lang aus, damit die Nacht ganz hereinbrach.
    Nach abgelegter Beichte fing die Frau zu seufzen an und sagte: »Ich Unglückliche, wohin werde ich nunmehr heute abend gehen?«
    Ser Tinaccio antwortete: »Es wäre eine Dummheit, jetzt fortzugehen: die Nacht ist dunkel und regnerisch, und es sieht nach noch stärkerem Regen aus; geht daher nicht anderswohin, sondern bleibt heute abend bei meinem Mädchen, und morgen früh könnt Ihr weiterziehen.«
    Als die männliche Frau dies hörte, schien es ihr, als habe sie glücklich das erreicht, worauf sie hinauswollte, und da die Worte des Priesters ihren Appetit steigerten, sagte sie: »Mein Vater, ich werde tun, wie Ihr mir ratet, weil ich von dem Wege hierher so außer Atem bin, daß ich nicht glaube, noch hundert Schritte ohne große Gefahr gehen zu können, und das Wetter ist schlecht, und die Nacht ist da, so daß ich tun werde, wie Ihr sagt. Aber um eines bitte ich Euch: entschuldigt mich, wenn mein Mann irgend etwas sagen sollte!«
    Der Priester entgegnete: »Darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
    Und sie ging in die Küche, wie der Priester sie eingeladen hatte, und sie aß mit ihrem Mädchen Abendbrot, wobei sie oft ihr Taschentuch über das Gesicht führte, um ihr Aussehen zu verstecken. Als sie gegessen hatten, gingen sie in einer Kammer zu Bett, die nur durch eine dünne Bretterwand von der Schlafkammer Ser Tinaccios entfernt war.
    Das junge Mädchen war in ihrem ersten Schlaf, als die junge Frau anfing, ihre Brüste zu berühren, und das Mädchen hatte schon ein bißchen geschlafen, und den Priester hörte man kräftig schnarchen. Als nun die schwangere Frau sich an das Mädchen anschmiegte und diese merkte, wer sich an ihr aufrichtete, fing sie an, Ser Tinaccio zu rufen, und sagte: »Es ist ein Junge!«
    Mehr als dreimal rief sie ihn, bevor er wach wurde; beim viertenmal sagte sie: »Ser Tinaccio, es ist ein Junge«, und Ser Tinaccio fragte ganz verschlafen: »Was sagst du?«
    »Ich sage, daß es ein Junge ist.«
    Ser Tinaccio meinte, daß die gute Frau einen Jungen zur Welt gebracht habe, und sagte daher: »Hilf ihm, hilf ihm, liebe Tochter!«
    Mehrmals wiederholte das Mädchen: »Ser Tinaccio, Ser Tinaccio, ich sage Euch, daß es ein Junge ist!«
    Und er antwortete: »Hilf ihm, meine Tochter, hilf ihm, und Gott stehe ihr bei!«
    Müde und vom Schlummer überwältigt schlief Ser Tinaccio wieder ein, und da das Mädchen es ebenfalls müde war, sowohl die schwangere Frau als auch den Schlaf abzuwehren, es ihr aber so vorkam, als ob der Priester ihr zuredete, jenem zu helfen, von dem sie ihm sagte, – so verging die Nacht, so gut sie konnte. Und kurz vor Tagesanbruch, nachdem der Jüngling, sooft er wollte, sein Verlangen gestillt und ihr, die schon klein beigegeben hatte, zu erkennen gegeben hatte, sowohl wer er wäre, als auch wie er sich aus Liebe zu ihr, nur um mit ihr Zusammensein zu können, sich als Frau verkleidet hatte, da er sie mehr als irgend etwas auf der Welt liebte, erhob er sich und schenkte ihr als Liebespfand zum Abschied das Geld, das er bei sich hatte, und schwur ihr, alles, was er habe, sei ihr Eigentum. Dann verabredete er noch mit ihr für die Zukunft, wie sie häufig zusammenkommen könnten, und darauf nahm er unter vielen Küssen und Umarmungen Abschied, indem er sagte: »Wenn Ser Tinaccio dich fragen wird, was mit der schwangeren Frau ist, wirst du ihm sagen: 'Sie hat heute nacht einen kleinen Jungen zur Welt gebracht, als ich Euch gerufen habe, und heute in aller Frühe ist sie mit diesem Jungen mit Gott nach Hause gegangen.'«
    Die schwangere Frau ging fort, wobei sie das Stroh, mit dem sie ihren Busen ausgestopft hatte, im Strohsack Ser Tinaccios zurückließ.
    Sobald besagter Ser Tinaccio aufgestanden war, ging er

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