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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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erzählen, die mir vor einigen Jahren Herr Niccolo von Correggio, mein Oheim, mitgeteilt hat, als er aus dem Königreich Ungarn zurückkehrte, wohin er im Auftrage des Herzogs Lodovico Sforza gegangen war, um den Herrn Donno Ippolito von Este, Kardinal von Ferrara, zu begleiten, der das Bistum Gran in Besitz nehmen wollte. Wißt denn – um also auf die Erzählung, zu kommen –, daß Matthias Corvinus, wie alle hier Anwesenden wohl vom Hörensagen vernommen haben werden, König von Ungarn war, und als ein sehr kriegerischer, weitsehender Mann war er der erste berühmte Ungarkönig, den auch die Türken fürchteten. Nebst andern ausgezeichneten Eigenschaften, die er besaß, sowohl im Waffenhandwerk als in den Wissenschaften, war er der freigebigste und höflichste Fürst seines Zeitalters. Er hatte zur Gemahlin die Königin Beatrix von Aragon, die Tochter des Königs Ferdinand des Alten von Neapel und Schwester der Mutter Alfonsos, des nunmehrigen Herzogs von Ferrara, die in Wahrheit eine höchst vortreffliche Frau war in Wissenschaften und in Sitten und mit allen andern Tugenden geschmückt, die für eine Frau aus jedem Stande eine Zier wären. Sie war nicht minder höflich und freigebig als der König Matthias, ihr Gemahl, und ihr einziges stündliches Trachten ging darauf, alle diejenigen zu ehren und zu belohnen, die es aus irgendeinem Grunde zu verdienen schienen, so daß im Hause dieser zwei hochherzigen fürstlichen Personen ausgezeichnete Männer jeder Art und von allen Nationen aus- und eingingen, und jeder war nach seinem Verdienst und Range wohlgelitten und unterhalten.
    In jener Zeit lebte ein böhmischer Ritter, ein Vasall des Königs Matthias (denn er war auch König von Böhmen), der einem sehr edlen Hause angehörte und von Person sehr wacker und in den Waffen geübt war. Dieser verliebte sich in ein sehr schönes Mädchen, die aus guter Familie stammte und für die Schönste in der Gegend galt; sie hatte einen Bruder, der, obwohl adlig, doch arm und mit Glücksgütern nicht eben gut versorgt war. Der böhmische Ritter war ebenfalls nicht sehr reich und hatte nur ein einziges Schloß, wo er nur mit großer Einschränkung standesgemäß sich zu unterhalten wußte. Als dieser demnach sich in das schöne Mädchen verliebt, erbat er sie von ihrem Bruder und erhielt sie zur Frau, jedoch mit sehr geringer Ausstattung. Bisher hatte er seine Armut noch nicht so sehr empfunden; nachdem er aber eine Frau in sein Haus eingeführt hatte, gingen ihm die Augen auf, und er begann zu bemerken, wie gering er ausgerüstet war, und wie schwer er sich von dem kleinen Einkommen aus seinem Schloßgute erhalten könne. Als ein edler und rechtschaffener Mann wollte er seine Untertanen nicht mit außerordentlichen Abgaben belasten, begnügte sich vielmehr mit den Steuern, die sie schon seinen Vorfahren zu entrichten gewohnt gewesen waren, deren Betrag aber sehr unbedeutend war. Er erkannte nun bald, daß hier eine außer ordentliche Abhilfe nottue, und so fiel es ihm ein, nach vielen und verschiedentlichen Überlegungen, sich an den Hof in den Dienst des Königs Matthias, seines Lehensherrn, zu begeben, dort eine Probe von sich abzulegen und sich dermaßen anzustellen, daß er mit seiner Gattin einen standesgemäßen Unterhalt daselbst fände.
    Aber so groß und glühend war die Liebe, die er für seine Frau hegte, daß es ihm nicht möglich schien, eine Stunde ohne sie zu leben, geschweige ohne sie lange am Hofe zu bleiben. Denn sie an die Residenz des Hofes mitzunehmen und dort bei sich zu behalten, war nicht nach seinem Geschmacke. Er besann sich daher den ganzen Tag über diese Angelegenheit und wurde ganz schwermütig. Seiner Gattin, einer klugen und scharfblickenden jungen Frau, entging das Gehaben ihres Mannes nicht. Sie fürchtete, er möchte über etwas mit ihr unzufrieden sein, und sprach daher eines Tages zu ihm: »Mein teurer Gemahl, wenn ich nicht glaubte, Euch zu mißfallen, würde ich Euch gern um eine Gnade bitten.«
    »Verlangt«, antwortete der Ritter, »was Euch beliebt! Sofern ich es irgend imstande bin, will ich von Herzen gern tun, was Ihr begehrt; denn Euch gefällig zu sein ist mir so wichtig als das eigene Leben.«
    Darauf bat ihn denn die Frau bescheidentlich, ihr die Ursache seiner Unzufriedenheit zu entdecken, die er in seinem Aussehen zeige. Man sehe, er sei viel übler aufgelegt als sonst und tue nichts als seufzend nachsinnen und fliehe alle Gesellschaft, die ihm sonst so angenehm gewesen

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