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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Darob wunderte er sich gar sehr und wußte nicht, was er von der Sache halten solle. Er machte sich daher über den Verlauf der Angelegenheit manche, wenn auch nicht die rechten Gedanken und nahm sich endlich vor, das zu versuchen, weshalb er von Ungarn hergekommen war. Indem er nun der Aufführung der Frau nachforschte, vernahm er, was in der Gegend die allgemeine Sage und Annahme war, nämlich daß sie ohnegleichen anmutig, sittsam, liebenswürdig und durchaus keusch sei.
    Die Frau wurde alsbald von der Ankunft des Barons in Kenntnis gesetzt, und da sie den Grund wußte, weshalb er kam, beschloß sie, auch ihm mit der Münze zu zahlen, die er suche. Der ungarische Baron kam also am folgenden Tage auf das Schloß und ließ sagen, er wolle die Burgherrin, da er vom Hofe des Königs Matthias komme, besuchen und ihr seine Aufwartung machen. Er wurde dann vor ihr zugelassen und mit heiterer und freundlicher Miene empfangen. Man führte nun verschiedene Gespräche, und die Frau zeigte sich sehr zuvorkommend und, wie man sagt, als heitere Gesellschafterin, so daß Herr Wladislaw sich mit der Hoffnung schmeichelte, mit seinem Unternehmen bald zustande zu kommen. Doch wollte er bei diesem ersten Besuche nur im allgemeinen seinen Plan vorbereiten; er sprach nur überhaupt davon, daß er von dem Rufe ihrer Schönheit, Anmut, Liebenswürdigkeit und bezaubernden Sitte gehört, so daß, als ihn seine Geschäfte nach Böhmen geführt, er nicht habe weggehen können, ohne sie gesehen zu haben, und daß er viel mehr an ihr gefunden habe, als der Ruf verkünde. Nachdem er mit diesem ersten Angriff fertig war, kehrte er in seine Herberge zurück.
    Als sich der ungarische Baron vom Schlosse entfernt hatte, nahm sich die Frau vor, dem Herrn Wladislaw die Zeit nicht zu lange zu machen; denn sie war gegen die beiden Ungarn in ihrem Herzen heftig erbittert, da sie dachte, sie hätten sich doch gar zu anmaßend daherbegeben, um wie öffentliche Mörder ihr die Ehre zu rauben und zu beflecken und sie in beständige Ungnade zu setzen bei ihrem Gatten, ja in Lebensgefahr zu bringen. Sie ließ daher ein anderes Zimmer zurechtmachen, das an das seines Gefährten stieß, wo dieser spann; und als Herr Wladislaw wiederkam, fing sie an, ihm freundliche Blicke zuzuwerfen, so daß er auf den Gedanken kommen sollte, sie sei in ihn verliebt. Und so dauerte es nicht lange, bis auch er im Käfig saß und die bekannte Zofe ihm durch ein Loch in der Tür zu verstehen gab, wenn er leben wolle, so müsse er haspeln lernen; er solle in seinem Zimmer suchen, da werde er in einem Winkel eine Weise und mehrere Spulen Garn vorfinden: »Haltet Euch nur dran«, sagte sie, »und verliert ja keine Zeit!«
    Wer dem Baron in diesem Augenblicke ins Gesicht geschaut hätte, würde es viel mehr für das eines Marmorbilds als eines Menschen gehalten haben; gleich darauf aber bemächtigte sich seiner eine solche Wut, daß er gänzlich von Sinnen gekommen zu sein schien. Als er sodann einsah, daß ihm nichts übrigblieb als zu gehorchen, fing er, nachdem der erste Tag vorüber war, an zu haspeln. Als sie es so weit gebracht hatte, gab die Burgfrau die Diener des Herrn Albert frei und ließ sie gleichwie die des Herrn Wladislaw vor die Kerker ihrer Gebieter führen und zuschauen, wie sie sich ihr tägliches Brot verdienten. Dann ließ sie ihnen die Pferde und alles Mitgebrachte der Barone geben und verabschiedete die Diener, daß sie heimgingen. Andererseits schickte sie einen ihrer Leute an ihren Gatten, um diesem Kunde von dem Vorgefallenen zu geben.
    Nach dem Empfange so guter Zeitung machte der böhmische Ritter dem König und der Königin seine Aufwartung und erzählte in ihrer Gegenwart die ganze Geschichte der beiden ungarischen Barone, soweit er aus Briefen seiner Gattin davon gehört hatte. Der König und die Königin waren voll Verwunderung und priesen höchlich die kluge Vorsicht der Dame, die sie nicht nur für äußerst sittsam, sondern auch für weise und sehr listig erklärten. Herr Ulrich ermangelte nun aber nicht, auf Vollstreckung der feierlichen Übereinkunft anzutragen. Der König versammelte seinen geheimen Rat, in dem jeder seine Meinung abgeben mußte, und nach dessen einstimmigem Beschluß wurde der Großkanzler des Reichs mit zwei Räten nach dem Schlosse des böhmischen Ritters abgeordnet, um den Verlauf der Sache zu untersuchen und den beiden Baronen den Prozeß zu machen. Die Richter gingen hin und entledigten sich dieses Auftrags mit Eifer und

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