Italienische Novellen, Band 1
vornehmer Abkunft, namens Herr Girondo Olerio Valenziano, der sich auch in den letzten Feldzügen durch seine Tapferkeit sehr hervorgetan hatte, und der sodann einer der glänzendsten und freigebigsten Herren des Hofes geworden war. Diesen ergriff bei dieser Nachricht ein endloser Schmerz; denn erst kurz zuvor hatte er sich in Fenicias Schönheiten verliebt, und die Liebesflammen hatten seine Brust so gewaltig in Besitz genommen, daß er fest überzeugt war, sterben zu müssen, wenn er Fenicia nicht zum Weibe erhalte. Schon war er entschlossen, bei ihrem Vater um sie zu werben, als er vernahm, daß sie dem Timbreo zugesagt sei, worüber er vor Schmerz in Krämpfe zu fallen meinte; und da er kein Mittel fand, seinen Schmerz zu beschwichtigen, geriet er in solche Wut, daß er, von Liebe und Leidenschaft besiegt, die Stimme der Vernunft überhörte und sich zu einem Schritt hinreißen ließ, der nicht bloß einem Ritter und Edelmann, wie er war, sondern einem jeden zur Unehre gereicht hätte. Er war fast bei allen seinen Kriegsunternehmungen der Begleiter des Herrn Timbreo gewesen, und es bestand zwischen beiden eine brüderliche Freundschaft; diese Liebe aber hatten sie einander, was nun auch der Grund davon sein mochte, immer verborgen. Herr Girondo gedachte nun zwischen Herrn Timbreo und seiner Geliebten solche Zwietracht zu säen, daß darum die Vermählung rückgängig gemacht würde, in welchem Falle dann er die Braut vom Vater zu erbitten beabsichtigte und zu erhalten hoffte. Er zögerte nicht, diesen törichten Gedanken zur Ausführung zu bringen; und da er ein für seine zügellosen und verblendeten Gelüste passendes Werkzeug fand, so weihte er dasselbe eifrig in seine Anschläge ein.
Der Mann, den Herr Girondo zu seinem Vertrauten und zum Diener seiner Bosheit auserkoren hatte, war ein junger Höfling von geringem Stande, der, nachdem er von allem gehörig unterrichtet worden war, am folgenden Morgen Herrn Timbreo besuchte, der noch nicht ausgegangen war und eben ganz allein in einem Garten seiner Wohnung lustwandelte. Der Jüngling trat in den Garten und ward von Herrn Timbreo, der ihn auf sich zukommen sah, höflich empfangen. Nach den herkömmlichen Begrüßungen sprach der junge Mann also zu Herrn Timbreo: »Mein Herr, ich komme so früh, um dir Dinge von größter Wichtigkeit mitzuteilen, die deine Ehre und deinen Vorteil berühren. Weil ich aber vielleicht etwas sagen könnte, was dich beleidigte, so bitte ich dich, mir zu verzeihen und mich wegen meiner Dienstfertigkeit zu entschuldigen und zu denken, daß ich in guter Absicht mich aufgemacht habe. Wenigstens weiß ich, wenn du noch der ehrliebende Ritter bist, der du vormals warst, daß meine Entdeckung dir nicht unnützlich sein wird. Zur Sache zu kommen, so hörte ich gestern, du seist mit Herrn Lionato de Lionati dahin einig geworden, daß du seine Tochter Fenicia zur Frau nehmest. Hab acht, mein Herr, was du tust, und bedenke deine Ehre! Ich kann dir sagen, daß ein mir befreundeter Edelmann zwei- bis dreimal wöchentlich zu ihr geht, um bei ihr zu schlafen, und sich ihrer Liebe erfreut. Heute abend wird er gleichfalls hingehen, und ich werde ihn auch wieder wie sonst dahin begleiten. Willst du mir nun dein Ehrenwort geben, weder mir noch meinem Freunde ein Leid zuzufügen, so werde ich es einleiten, daß du den Ort und alles sehen kannst. Noch muß ich hinzufügen, daß schon viele Monate mein Freund die Gunst dieser Schönen genießt. Die Verbindlichkeiten, die ich gegen dich habe, und die vielen Gefallen, die du mir schon zu erweisen die Güte gehabt hast, bestimmten mich, dir dies zu offenbaren. Du kannst nun tun, was dir am meisten rätlich dünkt. Mir genügt es, in dieser Angelegenheit dir einen Dienst geleistet zu haben, wie es meine Pflicht gegen dich erheischte.«
Herr Timbreo war über diese Worte dermaßen bestürzt und außer sich, daß er nahe daran war, von Sinnen zu kommen. Er stand eine gute Weile, tausend Dinge bei sich erwägend, sprachlos da, und da der bittere und, wie er meinte, gerechte Groll in seinem Herzen mehr über ihn vermochte als seine treue, inbrünstige Liebe zu der schönen Fenicia, antwortete er dem Jüngling unter Seufzen: »Mein Freund, ich muß und kann nicht anders, als dir zu ewigem Danke verpflichtet sein, indem ich sehe, wie du für mich und meine Ehre so liebreich Sorge trägst, und gedenke dir eines Tags zu betätigen, wie sehr ich dir verbunden bin. Für jetzt sei dir nur mündlich der beste, innigste
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