Italienische Novellen, Band 1
vorliebnehmen mußten.
Der Domherr, der zum Kardinal gegangen war, um sich zu beklagen, und der zu Hause ein so feines Essen vorbereitet hatte, war gezwungen, sich um ein anderes Abendessen und eine andere Unterkunft zu bemühen; und es nützte ihm auch nichts, daß der Kardinal Boten aussandte, um jenem zu sagen, er solle aus dem Hause herausgehen: denn jedesmal wenn jemand an die Tür klopfte, warf Ferrantino einen großen Stein hinunter, so daß jeder rasch wieder fortlief.
Als die draußen alle müde waren, sagte Ferrantino zu Caterina: »Mach, daß wir Abendbrot essen: denn jetzt bin ich trocken.«
Caterina entgegnete: »Mach du lieber die Tür dem auf, dem das Haus gehört, und geh in dein eignes Haus!«
»Dies ist mein Haus«, versetzte er darauf, »dies ist das Haus, das der barmherzige Gott mir gegeben, ja zu dessen Herrn er mich gemacht hat. Willst du, daß ich das Geschenk zurückweise, daß mir ein solcher Herr gemacht hat? Durch deine Worte hast du eine Todsünde begangen!«
Aber was sie auch sagte, Ferrantino wollte nicht weggehen, und so mußte sie denn, wohl oder übel, ihm das Essen auf den Tisch setzen und sich neben Ferrantino zu Tisch setzen. Sie aßen beide ausgezeichnet; als sie dann die Überreste der Speisen weggeräumt hatte, fragte Ferrantino: »Wo ist das Schlafzimmer? Wir wollen schlafen gehen.«
Caterina erwiderte ihm: »Jetzt bist du trocken und hast den Bauch voll, – und jetzt willst du noch hier schlafen? Wahrhaftig, das ist nicht schön von dir.«
»Nun, meine Caterina«, sagte Ferrantino, »wenn ich dadurch, daß ich hierher kam, deine Lage verschlechtert hätte, – was würdest du dann zu mir sagen? Ich habe dich gefunden, wie du für jemand anders als Mädchen gekocht hast, – und ich habe dich wie eine Dame behandelt. Und wenn Messer Francesco und seine Gesellschaft zum Abendessen hierher gekommen wären, wäre dein Teil sehr mager gewesen, wogegen du ihn doch bei mir stark verdoppelt bekommen hast; und außerdem hast du dir das Paradies erobert dadurch, daß du mir geholfen hast, der ich ganz durchnäßt und verhungert war.«
»Du brauchst kein Edelmann zu sein«, gab Caterina zur Antwort, »um solche Heldentaten zu vollführen.«
»Ich bin ein Edelmann und noch dazu Graf, was die Leute nicht sind, die hier Abendbrot essen sollten, und um so höher muß man schätzen, was du Gutes getan hast: wir wollen schlafen gehen!«
Caterina wollte erst nicht; aber schließlich legte sie sich doch mit Ferrantino nieder, und zwar ohne das Bett zu wechseln, weil sie in demselben Bett mit dem Domherrn zu schlafen pflegte. So trocknete Ferrantino sich mit ihr die ganze Nacht, und am Morgen stand er auf und blieb so lange in diesem Hause, wie die Lebensmittel reichten, das heißt mehr als drei Tage.
In dieser Zeit lief Messer Francesco in Todi herum; so manche Stunde schaute er dabei von weitem nach seinem Hause und schien ganz aus dem Häuschen. Manchmal schickte er Beobachter aus, um zu erfahren, ob Ferrantino fortgegangen wäre; und wenn jemand an dem Hause vorbeikam, flogen die Steine aus den Fenstern. Als schließlich die Lebensmittel aufgezehrt waren, verließ Ferrantino das Haus durch eine Hintertür; denn durch die Vordertür konnte er wegen der vielen innen davor gestürzten Möbel nicht heraus. Und er ging in sein armes und schlechtversehenes Häuschen, wo sein Page und seine zwei Pferde ziemlich schlecht gegessen hatten, und dort tat er Buße; und Messer Francesco kehrte in sein Haus durch den Hintereingang zurück und hatte statt des Abendessens viel unangenehme Arbeit, denn er mußte alle Möbel wieder wegräumen. Caterina ließ ihn wissen, daß sie sich mit jenem immer gezankt und sich gegen ihn gewehrt hätte und daß sie mit ihm eigentlich nichts hatte zu tun haben wollen.
Da ließ der Kardinal auf die Klage des Domherrn hin Ferrantino und Messer Francesco zu sich vorladen und forderte den ersteren auf, sich im Hinblick auf die Anklage zu rechtfertigen, die jener gegen ihn vorgebracht hatte. Zu seiner Verteidigung sagte Ferrantino: »Herr Kardinal, Ihr predigt nichts anderes, als daß wir Mitleid gegen unsern Nächsten haben sollen. Nun bin ich aus dem Kriege ganz durchnäßt heimgekehrt, so daß ich mehr tot als lebendig war. In meinem Hause fand ich kein Feuer und auch nichts anderes Gutes, sterben aber wollte ich nicht. Da geriet ich, so wollte es Gott, in das Haus dieses ausgezeichneten Geistlichen, worin ich ein großes Feuer mit Kochtöpfen und Braten
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