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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ochsen geschenkt hatte, bemerkte, daß er nicht spreche, fuhr er, in der Erwartung, daß er zu seinen Gunsten entscheiden werde, mit der Sprache heraus und sagte: »Was sprichst du nicht, Ochse?« worauf jener antwortete: »Weil die Kuh es nicht zugibt.« Da sah einer den andern an: Was sollte das heißen, was jener sagte? Als sie ihn nun fragten, gab er vor, er habe zu sich selbst gesprochen. Der Richter aber, der von der Kuh gesprochen hatte, erzählte ihnen, es sei eine sprichwörtliche Redensart bei den Viehhändlern, wenn sie im Rechtsstreit begriffen seien, denjenigen, welcher recht behalte, Ochs zu nennen, den aber, welcher den kürzern zöge, Kuh. Es begab sich indes, wie es auch zugehen mochte, daß derjenige, welcher die Kuh geschenkt hatte, im Streit obsiegte, vielleicht darum, weil die Kuh, die dazumal, als sie geschenkt wurde, trächtig gewesen war, um die Zeit des Urteilsspruches ein Kalb geworfen hatte.

Der Bauer und der Sperber
    Es fällt mir ein französischer Bauer ein, dessen List ich doch erzählen muß, die er gegen einen Türsteher des Königs Philipp von Valois übte, weil er aus Habsucht ihm nehmen wollte, was doch der König ihm befohlen hatte zu geben.
    Als dieser König an der Regierung war und zu Paris wohnte, besaß er einen Sperber, welcher an Schönheit und Vortrefflichkeit alle übertraf, die je an seinem Hofe waren; er hatte Glöckchen von Gold und Silber und alle mit Schmelz überzogen, auf denen die Lilien des königlichen Wappens standen. Einst kam ihm die Lust, wie er häufig zu tun pflegte, spazieren zu gehen, und als sie mit diesem und mit andern Vögeln und Hunden an einen Ort kamen, wo eine Menge von Rebhühnern sich befand, ließ der Falkner des Königs den Sperber, den er in der Hand hielt, auf ein Rebhuhn los, und der Sperber packte es. Man ging weiter und ließ ihn auf ein anderes los; das faßte er aber nicht, was nun daran schuld sein mochte, sei es, daß den Sperber Feigheit anwandelte oder was sonst; und während er sonst so zahm war, daß er immer, wenn er nichts fing, vom Fluge auf die Faust zurückkehrte, tat er nun gerade das Gegenteil: er flog in die Höhe und so weit weg, daß sie ihn ganz aus dem Gesicht verloren. Als der König dies sah, schickte er ungefähr acht seiner Knappen nebst dem Falkner aus, um den Sperber zu verfolgen, bis sie ihn wiederfänden. So gingen sie da- und dorthin und zogen acht Tage umher, ohne eine Spur von ihm aufzufinden, kehrten also nach Paris zurück und meldeten es dem Könige.
    Darob ward der König sehr betrübt, obwohl es ein mannhafter König war, und beklagte den ganzen Tag den Verlust seines edeln Sperbers. Es dauerte eine geraume Zeit, und niemand zeigte sich, der den Sperber gefangen hätte; da ließ er öffentlich bekanntmachen, wer ihm den besagten Sperber finge und wiederbrächte, würde von ihm zweihundert Franken bekommen; wer ihn aber nicht wiederbrächte, käme an den Galgen. Die Nachricht und das Gerede darüber ging durch das Land, und es dauerte einen ganzen Monat, da kam der Sperber in die Grafschaft N. Dort saß er auf einem Baume, und der obengenannte Landmann, der gerade unter demselben seine Feldarbeit trieb, hörte die Glöckchen. Er trat wie zum Scherz näher, hielt seine rauhe, schwielige Hand hin, und auf eine sonst gar nicht gewöhnliche Lockung kam ihm der Sperber auf die Hand. Der Bauer wußte sich schon über den Klauen, die ihn packten, gar nicht zu helfen; als er aber vollends die Glöckchen mit dem königlichen Wahrzeichen sah, von welchen er durch seine zwei erwachsenen Töchter gehört hatte, war der unerfahrene Mensch vollends ganz außer sich. Er nahm indes die Wurfriemen, ließ seine Hacke liegen, ging nach seinem Hause, schnitt ein Seil vom Saumsattel eines Esels, knüpfte es an die Wurfriemen und band es an eine Stange. Wenn er aber überlegte, wer er war und wie er genötigt sei, den Vogel nach Paris vor den König zu bringen, so wurde es ihm ganz schwach.
    Da es nun so weit war, kam ein Türsteher des Königs in Geschäften zufällig an seinem Hause vorüber, hörte die Glöckchen und sagte: »Du hast den Sperber des Königs gefangen.«
    Er antwortete: »Ja, ich glaube.«
    Da verlangte ihn jener und sprach: »Du würdest ihn verderben, wenn du ihn hintrügest. Gib ihn mir!«
    Der Bauer antwortete: »Das ist ganz richtig, was Ihr sagt; aber seid so gut und entreißt mir nicht, was mir das Glück verliehen hat! Ich will ihn tragen, so gut ich kann.«
    Der andere bemühte sich mit Bitten und

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