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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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Drohungen, um ihn von dem Bauer zu bekommen; aber es half nichts. Endlich sagte er: »Nun sieh, wenn du mir den Vogel nicht gibst, so tu mir wenigstens einen Gefallen! Ich stehe gut mit dem König; ich werde dir nützlich sein, worin ich kann; versprich mir aber, daß du mir die Hälfte gibst von dem, was dir der König geben wird!«
    Der Landmann sagte: »Ich bin's zufrieden.«
    Und so versprach er's. Der Hofdiener ging nach Paris. Der Bauer fand einen ganz zerrissenen Handschuh von Tuch, schickte an einen in einem benachbarten Orte, welcher sich mit dergleichen Vögeln abgab; der lieh ihm einen Hut; und als der Sperber gefüttert und verkappt war, nahm er den Weg unter die Füße und kam endlich sehr müde, wegen der ungewohnten Last und weil ihm die Edelmannstracht höchst beschwerlich war, in Paris und bei dem König an.
    Als dieser ihn sah, war er sehr erfreut, seinen Sperber wiedergefunden zu haben, und lachte laut, als er bemerkte, wie seltsam ihn der Bauer in der Hand hielt. Da sprach der König: »Verlange, was du begehrst!«
    Der Bauer antwortete: »Herr König, dieser Sperber ist mir auf die Hand gesessen; mit Gottes Hilfe habe ich ihn Euch hergebracht, so gut ich konnte; das Geschenk, das ich dafür von Euch verlange, ist, daß Ihr mir fünfzig Prügel oder Peitschenhiebe geben laßt.«
    Der König verwunderte sich und fragte ihn um den Grund dieser Bitte. Der Bauer sagte nun, wie ein gewisser Türsteher von seinem Gefolge ihm das Versprechen abgedrungen habe. »Er verlangte, ich solle ihm die Hälfte geben von dem, was Eure heilige Krone mir schenke. Laßt also ihm fünfundzwanzig geben und die andern fünfundzwanzig mir! Ich bin zwar ein armer Mann und hätte es wohl nötig für meine zwei heiratsfähigen Töchter, etwas anderes von Euer Gnaden zu erhalten; aber dennoch will ich zufriedener weggehen, wenn ich bekomme, was ich verlange, um den andern das empfangen zu sehen, was er verdient, und wenn ich auch die gleiche Strafe dulden muß, als wenn Ihr mir von Eurem Gold und Eurem Silber gäbet.«
    Der König war weise und verstand die Rede des ungebildeten Bauern, dachte daher ihn nach Gerechtigkeit zufriedenzustellen und sagte zu seinen Leuten: »Ruft mir den Türsteher herbei!«
    Er wurde sogleich gerufen, kam vor den König, und dieser fragte ihn: »Bist du dort gewesen, wo dieser Mann den Sperber gefangen hat?«
    Er antwortete: »Ja, Herr König!«
    Der König fragte weiter: »Warum hast du ihn nicht überbracht?«
    Jener versetzte: »Der Bauer ließ es nicht zu.«
    Der König sprach: »Deine Habsucht ist so weit gegangen, daß du von ihm die Hälfte des Geschenkes begehrtest, das er bekommen würde.«
    Als der Bauer dies hörte, sagte er: »So war es, gnädiger Herr!«
    »Und ich«, sagte der König, »schenke diesem Bauern fünfzig Peitschenhiebe auf den bloßen Leib, von welchen du nach dem Vertrage fünfundzwanzig bekommen sollst.«
    Er befahl einem seiner Gerichtsdiener, ihn sogleich entkleiden zu lassen und zur Ausführung zu schreiten, und so geschah es. Der König ließ ihn nun in Gegenwart des Bauern vor sich kommen und sprach zu diesem: »Ich habe dir die Hälfte des Geschenkes gegeben und dir deine Verpflichtung abgenommen, die du durch dein Versprechen gegen diesen Schurken hattest. Den Rest gebe ich dir allein.«
    Da wandte er sich zu einem seiner Kämmerer und sprach: »Geh, laß diesem Manne zweihundert Franken geben, daß er seine Töchter verheiraten kann! Und in Zukunft komm nur zu mir, wenn dir etwas fehlt; ich will immer deiner Not abhelfen.«
    So schied der Bauer glücklich von dannen. Der Meister Türsteher aber nahm sich von den Peitschenhieben eine Warnung, um nicht mehr seinem eigenen Vorteil statt dem seines Königs nachzugehen.
    Groß war die Gerechtigkeit und Klugheit dieses Königs; aber nicht minder bemerkenswert ist, wie aus dem Munde eines Bauern, der besser eine edle Seele heißen könnte, eine so würdige Bitte kam, um die Habgier des Mannes zu strafen, der auch nie mehr wie früher in Gunst bei König Philipp kam.

Alle Glocken läuten
    Ein ähnlicher Einfall war der folgende, der aber weit mehr Erfolg hatte. Als Francesco de Manfredi Herr von Faenza war, welches er als ein weiser und würdiger Fürst so prunklos beherrschte, daß er mehr ein reicher Bürger als ein regierender Herr schien, geschah es nämlich, daß einer der angesehensten Männer der Stadt ein Landgut besaß, an welches ein Grundstück stieß, das einem armen Landwirt gehörte. Oftmals hatte er es

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