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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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betrifft, so steht mein Sinn dahin, mein Glück draußen in der Welt zu suchen. Dazu bin ich fest entschlossen, und darum sollt ihr das euch zugeschriebene und gesegnete Erbe behalten.«
    Seine Entschlossenheit erkennend, gaben sie ihm ein Pferd und Geld für seine Reisebedürfnisse. Giannetto nahm von ihnen Abschied und ging weg nach Venedig. Er kam in das Warenlager des Herrn Ansaldo und übergab ihm den Brief, den ihm sein Vater vor seinem Tode eingehändigt hatte. Als Herr Ansaldo diesen Brief las, erkannte er, daß er der Sohn seines geliebten Bindo war, und sobald er mit dem Lesen fertig war, umarmte er ihn und rief: »Sei mir willkommen, mein teures Kind, wonach ich so sehr verlangt habe!«
    Sodann war seine erste Frage nach Bindo, worauf ihm Giannetto antwortete, er sei gestorben. Darüber umarmte und küßte er ihn unter vielen Tränen und sprach: »Wohl tut mir der Tod Bindos sehr wehe, da er mir einen großen Teil dessen, was ich habe, gewinnen half. Aber so groß ist die Freude, die ich nun an dir habe, daß sie jenen Schmerz mildert.«
    Er ließ ihn nach Hause führen und befahl seinen Geschäftsleuten, seinen Ladendienern und seinen sämtlichen Untergebenen und Knechten, Giannetto mehr noch zu gehorchen und zu dienen als ihm selbst. Vor allem überwies er ihm die Schlüssel zu seiner ganzen Barschaft und sagte: »Mein Sohn, alles, was hier ist, kannst du verwenden. Du magst dich kleiden und beschuhen nach deinem Geschmack und die Leute der Stadt zum Essen laden, damit du dich bekannt machst. Wie du es angreifen willst, magst du selbst überlegen; ich werde dich aber um so lieber haben, je mehr du weißt, dich beliebt zu machen.«
    Giannetto fing nun an, mit den venezianischen Edelleuten umzugehen, ein Haus zu machen, Tafel zu halten, Geschenke zu geben, seine Dienerschaft reich zu kleiden, gute Pferde zu kaufen und Wettkämpfe und Ritterspiele zu üben und in allen Stücken sich erfahren und geübt, hochherzig und feingesittet zu erweisen. Auch verstand er wohl, wo es am Platze war, Ehre und Höflichkeit zu erweisen, und erzeigte dem Herrn Ansaldo stets mehr Ehre, als wenn er hundertmal sein Vater gewesen wäre. Er wußte sich so klug gegen jede Art von Leuten zu stellen, daß fast jedermann in Venedig ihm zugetan war, da man seine große Klugheit und Anmut und seine unbegrenzte Höflichkeit sah. Männer wie Frauen schienen in ihn verliebt, und Herr Ansaldo sah sonst nichts als ihn, so sehr gefiel ihm sein Betragen und seine Aufführung. Darum wurde denn fast kein Fest in Venedig veranstaltet, wozu Giannetto nicht eingeladen worden wäre; so sehr war er bei allen beliebt.
    Da begab es sich, daß zwei seiner liebsten Gefährten nach Alexandria gehen wollten mit ihren Waren auf zwei Schiffen, wie sie alljährlich zu tun pflegten. Sie sagten es Giannetto und fügten hinzu: »Du solltest dich mit uns des Meeres erfreuen, um die Welt zu sehen und zumal jenes Damaskus und das Land umher.«
    Giannetto antwortete: »Wahrhaftig, das würde ich sehr gern tun, wenn mein Vater Herr Ansaldo mir dazu Erlaubnis gäbe.«
    Jene sagten: »Das wollen wir schon machen, daß er sie dir gibt, und er soll damit zufrieden sein.«
    Sogleich gingen sie zu Herrn Ansaldo und sprachen: »Wir wollen Euch bitten, daß Ihr dem Giannetto gefälligst erlauben möget, mit uns auf das Frühjahr nach Alexandrien zu gehen, und daß Ihr ihm ein Schiff ausrüstet, damit er ein wenig die Welt sehe.«
    Herr Ansaldo sagte: »Ich bin es zufrieden, wenn es ihm Vergnügen macht.«
    Jene antworteten: »Herr, es ist sein Wunsch.«
    Darum ließ ihm Herr Ansaldo sogleich ein sehr schönes Schiff ausrüsten und es mit vielen Waren beladen und mit Flaggen und Waffen hinlänglich versehen. Und nachdem es fertig war, befahl Herr Ansaldo dem Schiffspatron und der Mannschaft, alles zu tun, was Giannetto ihnen befehle und was ihnen aufgetragen werde. »Denn«, sagte er, »ich sende ihn nicht aus, um Gewinn durch ihn zu machen, sondern zu seinem Vergnügen, damit er die Welt sehe.«
    Und als Giannetto zu Schiffe stieg, lief ganz Venedig hinter ihm her, um ihn zu sehen, da seit langer Zeit kein so schönes und so wohlausgerüstetes Schiff von Venedig weggefahren war. Jedermann bedauerte sein Scheiden. So nahmen er und alle seine Gefährten Abschied von Herrn Ansaldo; sie stiegen zu Schiff und zogen die Segel auf und nahmen ihren Weg nach Alexandria in Gottes Namen und ihrem guten Glück vertrauend.
    Die drei Gefährten fuhren so in ihren drei Schiffen mehrere

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