Italienische Novellen, Band 1
zu bestellen; im ganzen schien er mir ein einfältiger Mensch.«
Als der Papst das fromme Leben hörte, das er geführt hatte, und seine Tüchtigkeit sah und erfuhr, wer er früher gewesen, wollte er ihn zum Kardinal erheben und ihm die größte Ehre erweisen.
»Wärest du nicht gewesen«, sagte er zu ihm, »so wäre die Kirche Gottes in den größten Irrtum geraten. Darum verlange ich, daß du am Hofe bleibest.«
Messer Alano aber versetzte: »Heiligster Vater, meine Absicht ist, in dieser beschaulichen Weise mein Leben zu beschließen und nicht wieder in die Welt zurückzukehren; vielmehr wünsche ich mit meinem Abte wieder in sein Kloster mich zurückzuziehen, das angefangene Leben fortzusetzen und fortwährend Gott zu dienen.«
Der Abt fiel auf die Kniee und bat ihn um Verzeihung, dieweil er ihn nicht gekannt habe, hauptsächlich von wegen der Ohrfeige, die er ihm gegeben.
»Da braucht es keine Verzeihung«, sprach Messer Alano, »denn der Vater muß den Sohn züchtigen.«
Darauf nahmen sie Abschied vom Papst und den Kardinälen und kehrten beide, der Abt und Messer Alano, in ihr Kloster zurück. Der Abt erwies ihm fortan immer ganz besondere Verehrung, und so lebte er ein heiliges, frommes Leben und verfaßte einige schöne Bücher über unsern Glauben. Solange er in dieser Welt lebte, führte er auch diese Lebensweise fort und erntete darum am Ende den wohlverdienten Lohn des ewigen Lebens.
Römische Rache
Vor einiger Zeit lebte zu Rom ein Ritter namens Messer Francesco Orsino von Monte Giordano, welcher eine Gattin hatte, die Madonna Lisabetta hieß, schön, verständig und sehr wohlgesittet war, und die ihm in seiner Ehe zwei Söhne geboren hatte. In diese Frau nun verliebte sich ein junger Mensch und sie in ihn, und da sie sich nicht klug und heimlich hielten, bekam Messer Francesco mehrmals Wind darüber. Er konnte es nicht glauben, in Erwägung daß jener Jüngling nicht schön noch edel noch reich war und überdies sich ganz als sein Freund und ergebener Diener darstellte. Nun geschah es aber, daß einer seiner Geschäftsführer es bemerkte und Messer Francesco sagte, worauf dieser erwiderte: »Laure du ihnen auf, daß du ihn hereinkommen siehst, und dann komm zu mir, denn ich will es selber sehen, sonst kann ich's nicht glauben.«
Der Geschäftsführer sagte: »Es soll geschehen.«
Da tat Messer Francesco eines Tages, als ginge er auf eines seiner Schlösser, und stieg zu Pferde mit einigen Begleitern. In der folgenden Nacht aber kam er nach Rom zurück und blieb verborgen, bis der Geschäftsführer zu ihm kam. So sah Messer Francesco jenen Jüngling wirklich in der Kammer mit seiner Frau scherzen.
»Wem gehört dieses Mäulchen?« fragte der Liebhaber und küßte es.
»Dir«, antwortete ihm die Frau.
»Und diese räuberischen Augen?«
»Sind dein.«
»Und diese Wangen?«
»Sind dein.«
»Und der schöne Hals?«
»Ist dein.«
»Und dieser schöne Busen?«
»Ist dein.«
Und so faßte er eins ums andere an, und die Frau sagte immer, es gehöre ihm; nur beim Hinterteil sagte sie, das gehöre ihrem Manne, und darüber schlugen sie beide ein schallendes Gelächter auf.
Messer Francesco sah und hörte alles mit an, was diese miteinander trieben: »Gott Lob,« dachte er bei sich selbst, »daß ich doch auch noch einen Teil für mich habe!«
Als er nun alles zur Genüge gehört und gesehen hatte, entfernte er sich heimlich, kehrte nach seinem Schlosse zurück und blieb dort, solange es ihm gefiel; dann kam er wieder heim und ließ seiner Frau einen Rock machen aus grobem Tuch, nur der Hinterteil war aus Samt mit Hermelin gefüttert; er ließ auf seinem Schlosse ein sehr schönes Gastmahl bereiten und lud dazu auch den Jüngling und zwei seiner Brüder und einige seiner Verwandten und Gesellen sowie einige Vettern der Frau. Messer Francesco veranstaltete auf einen Sonntagmorgen, daß die Frau jenen Rock anziehen, damit durch Rom gehen und nach seinem Gute mit der Gesellschaft zu Tisch kommen sollte. So geschah es auch. Als man nun zur Tafel ging, setzte Messer Francesco seine Frau neben jenen Jüngling, der Rinaldo hieß, und dann der Reihe nach ihre Brüder und Gefährten und veranstaltete ihnen an diesem Morgen ein reiches und schönes Mahl. Wer am Morgen die Frau so gekleidet sah, mußte sich wundern, so auch alle Verwandte der Frau und Rinaldos, und sie dachten: »Das läuft auf irgend etwas Besonderes hinaus.«
Rinaldo war in der größten Angst. Als das Frühstück vorüber war,
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