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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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er zuvor einen Verlust erlitt. Eines Tages begegnete er seinem Freunde und sagte ihm, was er gefunden habe beim Frühaufstehen.
    »Ei«, sagte darauf Ciucolo, »da will ich doch auch versuchen, was Boezio mir gesagt hat.«
    Am andern Tage ging er daher an die Engelsbrücke, setzte sich hin und wartete. Da kam ein Eselstreiber mit einigen beladenen Maultieren herbei. Eines der Maultiere scheute und wollte nicht weitergehen; da nahm es der Treiber am Halfter, um es über die Brücke zu ziehen; das half aber alles nichts: denn je mehr er das Tier vorwärts zog, um so mehr stemmte es sich zurück. Da ward der Treiber allmählich ärgerlich und schlug auf das Maultier los, das sich aber nur um so schlimmer gebärdete. Als dem Treiber die Geduld ausging, nahm er den Stock, woran die Warenballen befestigt waren, schlug damit unten, auf die Seite, über den Kopf, an die Rippen und ließ seine Wut so reichlich aus an jenem Tiere, daß der Stock endlich zerbrach. Da wurde schließlich das Tier zahm, ging über die Brücke, der Treiber führte es auch mehrmals hin und her, und als er sah, daß dem Tiere die Narrheit ausgetrieben sei, ging er weiter seinen Geschäften nach.
    Ciucolo sah, was der Eselstreiber dem Maultier getan hatte, und sagte bei sich selbst: »Nun weiß ich, was ich zu tun habe,« kehrte auch alsbald nach Hause zurück unter diesen Gedanken.
    Als er ankam, begann die Frau zu schreien und zu schelten und fragte, wo er so lange bleibe. Der Mann ließ sich's gefallen und blieb ruhig; in ihr aber kochte es fortwährend.
    »Sei ruhig«, sagte endlich der Mann, »sonst könnte es dir übel bekommen.«
    »Wehe«, rief das Weib, »solltest du es wagen, Hand an mich zu legen? Du könntest deine Rede noch bereuen.«
    »Sieh zu, daß du mich nicht in die Hitze bringst! Du würdest den Tag beklagen.«
    »Wenn ich glaubte«, versetzte das Weib, »du habest nur ein Härchen an dir, das so dächte, so würde ich es meinen Brüdern sagen lassen, die schon so mit dir fertig werden würden, daß dir das Lachen verginge. Und du wirst schon sehen, was dir für das, was du mir eben gesagt hast, begegnet.«
    Der Mann sagte: »Hast du den Teufel im Leib?«, stand auf und ging auf sie los, und sie schrie und machte großen Lärm. Dann nahm er einen Stock, lief auf sie los und schlug drein, auf Rücken, Arme und Kopf. Als der Stock zerbrochen war, nahm er einen andern und fing von vorne an. Da begann sie zu schreien: »Erbarmen, Erbarmen!«
    Er aber schlug nur um so heftiger zu und rief: »Wahrlich, ich muß dich zu Tod schlagen.«
    Die Frau aber, als sie diesen Entschluß des Mannes sah und sich ganz zerschlagen fühlte, kniete nieder und rief: »Lieber Mann, schlag' mich nicht mehr! Du wirst finden, daß ich nicht mehr widerspenstig bin.«
    Um ihr denn die Widerspenstigkeit vollends auszutreiben, ließ der Mann sie mehrmals im Saale auf- und abtrotten und laufen und maß ihr fortwährend mit beiden Händen den Stock auf. In diesem gesegneten Augenblicke entschloß sich die Frau, immer alles ihrem Manne zu Gefallen zu tun, und wurde das sanfteste und demütigste Weib in ganz Rom. Auf diese Weise trieb Ciucolo seinem Weibe die Widerspenstigkeit aus dem Kopfe, und während er früher in fortwährendem Kriege und Unfrieden mit seinem Weibe gelebt hatte, lebte er nun ruhig und friedlich mit ihr. Wer also ein widerspenstiges Weib hat, nehme ein Exempel an Ciucolo, wie er eines am Eselstreiber nahm.

Pariser Theologen in Rom
    Es ist noch nicht lange her, so waren in Paris zwei sehr bedeutende tüchtige Männer, Doktoren beider Rechte, deren einer Messer Alano, der andere Messer Giovanni Piero hieß, und in der Tat hatte die Christenheit dazumal keine tüchtigeren Männer als sie aufzuweisen. Die beiden beneideten einander fortwährend; aber Messere Alano behauptete immer die Oberhand, denn er war der größte Redekünstler von der Welt und hatte mehr Verstand als Messer Giovanni Piero, der fast ein Ketzer war und oft Verwirrung in unsern Glauben gebracht hätte, wäre nicht eben jener Messere Alano gewesen, der ihn aufrecht erhielt und gegen alle seine Einwürfe verteidigte.
    Messere Alano bekam Lust, nach Rom zu gehen und die dortigen heiligen Reliquien zu besuchen, auch den Papst und seinen Hof zu sehen. Darum machte er sich von Hause weg mit vielen Dienern und guter Ausrüstung, ging nach Rom und besuchte den Papst und sah seinen Hof und wie es mit ihm gehalten ward. Dabei wunderte er sich sehr, in Anbetracht daß der römische Hof die

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