Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
umzugehen?«
    Messer Alano sagte: »Jawohl, Messere!«
    Als es nun Zeit war, machte sich der Abt auf den Weg und nahm Messer Alano mit sich. Als sie in Rom ankamen, war schon der Tag bestimmt, an welchem dieses Konsistorium gehalten werden sollte, und jedermann konnte hingehen und die Sätze hören, die jener aufstellte; Messer Alano bat den Abt, er möchte ihn doch mit in die Versammlung nehmen.
    »Bist du von Sinnen?« sagte der Abt. »Meinst du, ich könne dich mit dahin führen, wo der Papst, die Kardinäle und so viele angesehene Männer sind?«
    Messer Alano sagte: »Ich stecke mich unter Euren Mantel, daß man mich nicht sieht, denn ich bin ja klein und unansehnlich.«
    »Nimm dich in acht«, sagte der Abt, »daß dir nicht die Pförtner und Stabträger mit ihren Keulen eins auswischen!«
    Messer Alano aber sagte: »Laßt mich nur machen!«
    Während nun der Abt in das Konsistorium ging, huschte jener unter dem großen Gedränge beim Eingang plötzlich dem Abt unter den Mantel und kam so mit hinein. Der Abt bekam seinen Platz neben den andern Äbten ihrem Range gemäß; Messer Alano aber kauerte sich zwischen seinen Beinen unter dem Mantel des Abtes zusammen, machte sich ein Fensterchen für sein Auge, um hindurchzugucken, und lauschte aufmerksam den aufgestellten Sätzen. Es dauerte nicht lange, so trat Messer Giovanni Piero in die Versammlung, bestieg die Rednerbühne in Gegenwart des Papstes und der Kardinäle und aller andern Anwesenden und brachte seine Streitfrage vor, die er dann mit feinen, hinterlistigen Gründen zu beweisen suchte. Messere Alano erkannte ihn gleich, und da er sah, daß niemand aufstand, um ihm zu antworten und zu widersprechen, und daß keiner wagte, seiner Beweisführung entgegenzutreten, steckte er seinen Kopf aus dem Fensterchen des Mantels des Abtes hervor und rief laut: »Geh an den Galgen!«
    Der Abt hob die Hand auf, gab ihm eine tüchtige Ohrfeige und sagte: »Still! Gott verdamm' dich! Willst du mich in Schmach bringen?«
    Die in der Nähe Stehenden sahen einander an und fragten: »Wo kommt diese Stimme her?«
    Messer Alano wartete nicht lange, sondern guckte wieder hervor und rief: » Sanctissime pater, audiatis me! «
    Der Abt war in größter Verlegenheit, denn alle schauten auf ihn und riefen: »Wen habt Ihr da unter Euch?«
    Der Abt sagte, es sei ein verrückter Laienbruder. Darüber fing man ihn an zu schelten und sprach: »Wie mögt Ihr Verrückte in das Konsistorium bringen?«
    Dann brachten sie die Stabträger herbei, damit sie ihn prügeln und hinauswerfen sollten. Aus Furcht, Schläge zu bekommen, stürzte Messer Alano unter dem Mantel des Abtes hervor, sprang unter die Bischöfe und fiel dem Papst zu Füßen. Darüber brach das ganze Konsistorium in heftiges Gelächter aus, und der Abt war nahe daran, weggewiesen zu werden, weil er diesen Menschen mit sich hineingeführt habe. Als nun Messer Alano dem Papste zu Füßen lag, bat er um Erlaubnis, seine Meinung über diese Sache aussprechen zu dürfen. Der Papst gab sie ihm. Messer Alano bestieg sofort die Rednerbühne, widersprach allen von dem andern aufgestellten Behauptungen und erörterte dann Punkt für Punkt die ganze Frage mit sprechenden und natürlichen Gründen. Die ganze Versammlung war erstaunt über das feine Latein, in welchem er sich ausdrückte, und die schönen Beweise, die er für seine Ansicht vorbrachte. Da sagten alle: »Wahrlich, da ist uns der Engel Gottes erschienen.«
    Als der Papst seine Beredsamkeit hörte, dankte er Gott. Als nun auf solche Art dieser Messer Alano den Messer Giovanni Piero aus dem Felde geschlagen hatte und dieser seine Niederlage anerkennen mußte, sagte er: »Wahrhaftig, du bist der Geist des Messer Alano, oder du bist ein böser Geist.«
    Messer Alano sagte: »Ich bin Alano, der dich sonst schon zum Schweigen gebracht hat; aber du bist in der Tat ein böser Geist, da du in der Kirche Gottes eine solche Ketzerei anstiften wolltest.«
    Messere Giovanni Piero antwortete: »Hätte ich gedacht, daß du noch am Leben bist, so wäre ich nicht hergekommen.«
    Der Papst verlangte zu wissen, wer dies sei, ließ den Abt rufen und befragte ihn, wie er zu dem Menschen komme.
    »Heiligster Vater«, sagte der Abt, »er ist seit geraumer Zeit als Laienbruder bei mir; ich glaubte, er verstehe nicht einmal zu lesen, und habe nie einen demütigeren Menschen gekannt, als er ist; er gab sich immer damit ab, Holz zu machen, das Haus zu reinigen, zu betten, die Kranken zu pflegen, das Pferd

Weitere Kostenlose Bücher