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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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fing an, sie zu umarmen und zu küssen. Das Mädchen erwachte, tippte sogleich mit dem Finger in die Schale und bestrich Ricciardos Gesicht, ohne daß er etwas merkte. Als er nun mit dem fertig war, weshalb er gekommen, und das gewünschte Vergnügen genossen hatte, kehrte er in sein Bett zurück und dachte bei sich: »Was soll das heißen? Was für eine List steckt wohl darunter?«
    Nach einer Weile däuchte ihm die Kost schmackhaft; er bekam daher Lust, zu dem Mädchen zurückzukehren, und so tat er denn auch. Als er dann bei diesem Engel des Paradieses lag, kam sie zu sich: sie bestrich ihn und rieb es ihm ins Gesicht. Als Ricciardo das merkte, nahm er die Schale, die auf dem Kopfbrette der Bettlade stand, ging damit überall umher und bestrich die andern, die in den Betten lagen, ganz sanft, so daß keiner es merkte. Dem einen gab er zwei Striche, dem andern sechs, dem dritten zehn und sich selbst vier weitere außer den zweien, die ihm das Mädchen gemacht hatte. Dann setzte er die Schale wieder an das Kopfende des Bettes, verschaffte ihr unter großem Genusse einige Kurzweil und kehrte darauf in sein Bett zurück.
    Am Morgen kamen zeitig die Kammerfrauen an das Bett des Mädchens, um sie ankleiden zu helfen, und begleiteten sie darauf zum Dogen, der sie fragte, wie es gegangen sei.
    »Gut«, sagte die Tochter, »denn ich habe getan, was ihr mir aufgetragen. Es ist allerdings einer dreimal zu mir gekommen, und jedesmal habe ich ihn beschmiert.«
    Der Doge sandte gleich nach den Männern aus, mit welchen er sich beraten, und sagte: »Ich habe den guten Freund erwischt, und darum habe ich zu euch geschickt; wir wollen miteinander hingehen und nachsehen.«
    Sie gingen in den Saal und beschauten bald diesen und jenen, und da sie alle beschmiert sahen, brachen sie in das lauteste Gelächter aus.
    »Fürwahr«, sagten sie, »das ist der größte Schlaukopf, den man je gefunden hat«.
    Nur zu gut merkten sie, daß einer die andern alle beschmiert hatte. Als nun einer wie der andere von diesen Jünglingen sich beschmiert sah, hatten sie untereinander den größten Jubel und Spaß darüber. Der Doge vernahm sie allesamt, und da er nicht ausforschen konnte, wer es gewesen sei, entschloß er sich dennoch, es herauszubringen. Er versprach also dem, der es gewesen sei, seine Tochter mit einer reichen Mitgift zur Ehe, dazu volle Verzeihung, da es nur ein Mann vom größten Verstande sein könne.
    Als nun Ricciardo den Entschluß des Dogen sah und vernahm, ging er insgeheim zu ihm und vertraute ihm alles von Anfang bis zu Ende. Der Doge umarmte ihn und vergab ihm, und unter großen Feierlichkeiten wurde ihm seine Tochter angetraut. Ricciardo faßte wieder Mut und wurde ein so hochherziger, wackerer und tüchtiger Mann, daß fast die ganze Staatsverwaltung in seine Hand kam. So lebte er noch lange in Frieden und geliebt von der ganzen Bürgerschaft Venedigs.

Spanisch-deutscher Krieg
    Der König von Aragon hatte eine Tochter, namens Lena, jung, schön, liebenswürdig, gesittet und verständig, wie die Natur sie nur bilden konnte. Daher glänzte der Ruhm dieses edeln Wesens durch das ganze Land, und viele wackere Herren verlangten sie zur Frau; der Vater aber schlug sie allen ab und wollte sie nicht hergeben. Nun hörte der Sohn des Kaisers, namens Arrighetto, von den Reizen der Jungfrau und verliebte sich in dieselbe, dachte auch an nichts weiter, als wie er sie zur Frau erhalten könne, und machte in kurzem einen großartigen und edlen Plan. Er hatte bei sich einen Goldschmied, den größten Meister, den man finden konnte, und ließ ihn einen sehr schönen Adler von Gold fertigen in der Größe, daß ein Mensch darin stehen konnte. Als der Adler fertig war, so schön und meisterhaft, daß es kaum zu sagen ist, gab er ihn dem Meister, der ihn gefertigt hatte, und sprach: »Geh mit diesem Adler nach Aragon und richte eine Bude auf von deinen Arbeiten auf dem Platz vor dem Schlosse, worin die Tochter des Königs wohnt; bringe den Adler täglich heraus auf die Bank und sage, du wollest ihn verkaufen. Ich werde gleichzeitig hinkommen; tue, was ich dir sage, und kümmere dich um sonst nichts!«
    Der Meister trug seine Arbeit weg, nahm viel Geld zu sich und begab sich nach Aragon, wo er eine Bude dem Palaste gegenüber errichtete, in welchem diese Tochter des Königs wohnte, und fing an, an seinem Meisterstück zu arbeiten. Dann stellte er einige Tage der Woche den Adler aus und zog die ganze Stadt herbei, um das Werk anzusehen, so

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