Italienische Novellen, Band 1
tot sah, konnte er sich des Weinens nicht enthalten. Dann aber nahm er die Lanze in die Hand und rief: »Mannschaft, wer mich liebhat, der folge mir!« Nun brach er auf wie ein Sturm und hieb mit seinem Schwerte durch, was ihm in den Weg trat, und er lief durch das Feld hin wie ein Drache, und alles floh vor ihm.
Als der Kaiser dies sah, brach seine Schar mit ergrimmtem Mute gegen den König von Aragon auf; die beiden Scharen begegneten sich und schienen Teufel der Hölle, so groß war der Sturm, den beide Teile erregten, indem sie die ungemessenen Schläge austeilten und empfingen. Der König von Aragon warf den Schild auf den Rücken, faßte das Schwert mit beiden Händen und durchhieb, wer vor ihm sich zeigte, so daß jedermann vor ihm floh, denn sie konnten seine ungeheuerlichen Schläge nicht aushalten. Viele Freiherren und Grafen fielen durch seine Hände. Das Handgemenge war sehr groß; man gab und empfing heftige Schläge, durchschnitt Panzer, Hände, Arme und vergoß Ströme Blutes auf dem ganzen Felde. Der Kaiser aber mit seiner Schar fügte den Feinden den größten Schaden zu.
Nun begab es sich, daß der König von Aragon zufällig an eine Quelle kam, wo Herr Arrighetto den Helm abgenommen hatte und sich erfrischen wollte. Der König von Aragon stieg vom Pferde, und als er auf dem Boden stand, erkannte er am Wappen Herrn Arrighetto, und ohne weiter etwas zu sagen, holte er mit dem Schwerte aus und führte auf Herrn Arrighetto einen heftigen Streich über das Gesicht und sprach: »Das gebe ich dir zum voraus als Aussteuer für meine Tochter.« Dann stieg er wieder zu Pferde und rief Arrighetto zu: »Nimm deine Waffen zu dir! Heute ist der Tag, an dem du durch meine Hand sterben mußt bei diesem Brunnen.«
Herr Arrighetto antwortete: »Es ist nicht Ritterbrauch, mit einem Manne fechten zu wollen, der so schändlich verwundet ist wie ich.«
Der König antwortete: »Verbinde dir die Wunde und dann steig zu Pferde: denn ich will sehen, ob du so rüstig bist, wie ich gehört habe.«
Während sie so miteinander verhandelten, kam der Graf von Lützelburg mit einigen seiner Barone auf den Brunnen zugeritten, um sich zu erfrischen, und als er den König von Aragon und Herrn Arrighetto erkannt und von ihrem Streite gehört hatte, wandte er sich zum König und sagte, er wolle diesen Handel ausmachen, worüber der König und Herr Arrighetto zufrieden waren.
»Herr König«, sprach der Graf, »ich will, daß für heute diesem Kampf ein Ziel gesetzt werde, und bis Herr Arrighetto sich heilen läßt und wieder imstande ist, fechten zu können, könnt ihr beide im Lager bleiben und dann unter euch den Streit ausfechten, damit nicht so viele wackere Männer sterben um ein Weib: denn meiner Treu, ich habe nie eine blutigere Schlacht gesehen als diese.«
Der König war es zufrieden und Herr Arrighetto gleichfalls; sie gaben sich die Hand, miteinander zu fechten; dann gingen sie hinweg, und als sie wieder in die Schlacht kamen, ließ jeder von beiden in die Trompeten stoßen und zum Stillstand blasen. Es kostete aber die größte Mühe, dieses grausame Handgemenge zu trennen.
Als nun am Abend beide Teile in ihr Lager zurückgekehrt waren, ließ der König von Aragon alle seine Könige, Grafen und Herren zusammenkommen und sagte ihnen, was er getan und versprochen habe, und fast alle waren damit einverstanden, nur nicht Messer Princivale, welcher sprach: »Lieber Herr, ich wünsche selbst mit ihm zu kämpfen, denn ich bin jung, wie er, und suchte heute den ganzen Tag auf dem Schlachtfelde nach ihm umher, konnte ihn aber nicht finden.«
Der Vater sprach: »Mein Sohn, laß ihn erst heilen, dann magst du tun, wie du begehrst.«
Nun begab es sich, daß der Papst von den außerordentlichen Aufgeboten hörte, welche die beiden Fürsten gemacht hatten; da schickte er zwei Kardinäle hin, um sie zu versöhnen. Da diese die Sache in so schlimmem Stande fanden, sprachen sie mehrmals mit dem Kaiser und mit dem König von Aragon, welcher sehr ungern sich zu diesem Frieden herbeiließ. Doch vermochten es endlich die unablässigen Bitten der Herren und die Befehle, die ihnen die Kardinäle von Seiten des Papstes unter Androhung des Kirchenbanns zukommen ließen, daß sie Frieden machten und sich unserm Herrgott zu Gefallen vertrugen, worauf unter großen Festen und Feierlichkeiten besagter Herr Arrighetto jene Tochter des Königs von Aragon zur Frau nahm; und Messer Princivale nahm die Tochter des Kaisers, Herrn Arrighettos
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